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Lübeck – Es ist schon ein Phänomen, wie das Projekt Raubmöwen seit Jahren regelmäßig zwischen zwei Spielzeiten vor großen, manchmal sogar schier unlösbaren Problemen steht und es dann doch irgendwie immer weiter geht. Da bildet das Frühjahr 2015 keine Ausnahme, auch jetzt musste lange um das Fortbestehen der Raubmöwen gezittert werden.

Doch damit ist seit Freitag aller Voraussicht nach Schluss; der Vorstand des TSV Travemünde als Lizenznehmer hat sein „Go“ für ein weiteres Jahr Leistungshandball am Travemünder Steenkamp gegeben. Unter der Voraussetzung, dass bis Mitte April 2015, wenn die Lizenzunterlagen eingereicht werden müssen, ein kompetentes und funktionierendes Umfeld präsentiert wird. Denn hier liegt in diesem Jahr das größte Problem; sowohl Frank Barthel als Team-Manager als auch Claus-Wilfried Stasch als Finanzverantwortlicher hören unwiderruflich auf. Barthel, der sein sportliches Hauptaugenmerk seiner beiden Söhne wegen in Richtung VfL Bad Schwartau richten wird: „Ich werde, gerade was die Sponsorenbetreuung angeht, bis zum Schluss alles tun, um den Raubmöwen weiterzuhelfen.“ So stimmte der Verein dem Konzept, das Barthel am vergangenen Dienstag vorlegte, zu. Unter eben der Bedingung, ein funktionierendes Umfeld auf die Beine zu stellen. Der Drittliga-Etat wurde so weit heruntergefahren, dass er im Vergleich zu vergangenen Saisons kein ernstzunehmendes Problem darstellt.

Eine sehr wichtige Rolle im zukünftigen Funktionsteam wird Christian Görs spielen. Dem selbstständigen Raumausstatter ist das Projekt Raubmöwen sehr ans Herz gewachsen, so dass er sich schon im Winter entschloss, seinen Teil zu einem Fortbestehen beizutragen. „Diese Sache ist mir persönlich sehr wichtig“, äußerte sich Görs gegenüber HL-SPORTS. „Ich habe einen gewaltigen Respekt vor dieser Aufgabe, möchte in diese aber hinein- und insgesamt daran wachsen. Welchen Titel man mir später verpassen wird, ist für mich dabei völlig zweitrangig. Für mich zählt, dass wir ein tragfähiges Team zusammenstellen, denn alleine ist solch ein Unterfangen nicht zu bewältigen.“ So war einer der ersten Schritte, mit den Menschen zu reden, die bei jedem Heimspiel für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Die beiden Kassiererinnen Renate Mielke und Gudrun Eder haben schon ihre Bereitschaft signalisiert, weiterzumachen. Dafür wird Peter Götsch als Organisator diverser Belange nicht mehr zur Verfügung stehen. Ob Helfer wie beispielsweise Neele Nowak (Kasse, VIP-Betreuung) oder Andy Klinkmüller (Filmer) dabei bleiben, soll sich möglichst am kommenden Donnerstag ab 19 Uhr entscheiden. Denn dann treffen sich alle bisherigen und potenziell neuen Mitstreiter, um im Optimalfall ein neues, kompetentes Umfeld erschaffen zu haben.

Soweit zu den Helfern im Hintergrund, ohne die solch ein Projekt nicht möglich wäre. Der Grund aber, warum in den letzten Jahren bis zu 400 Zuschauern in die Senator-Emil-Possehl-Halle strömten, waren natürlich die Raubmöwen selbst.

Wie schon vor drei Jahren muss sich der Travemünder Anhang an eine Menge neuer Gesichter auf dem Feld gewöhnen. Denn vom jetzigen Raubmöwen-Team werden sie im kommenden Jahr kaum jemanden wiedersehen. Hierin lag die zweite große Baustelle, die geschlossen werden musste: Ein neues Team musste her. Die favorisierte Lösung setzte sich durch, die bestehende Kooperation zwischen den Raubmöwen und dem A-Jugendteam des VfL Bad Schwartau wird um ein vielfaches intensiviert. Und das heißt in diesem Falle ganz einfach, dass die komplette Mannschaft des VfL samt Olaf Schimpf und mindestens seinem Trainerpartner Thomas Hartstock an den Steenkamp wandern wird, sich dabei aber auch auf seine A-Jugendsaison in der Oberliga und vor allem in der Bundesliga-Runde konzentriert. Dieses dann wie gehabt als VfL Bad Schwartau in der Jahn-Halle.

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So sehr sich an die erneute Umstellung gewöhnt werden muss; auf eines dürfen sich die Travemünder Handballfans ganz gewiss freuen: Eine Mannschaft, die sich schon jetzt auf ihre neue Aufgabe freut und ihr Herzblut in das Projekt Raubmöwen legen wird. Olaf Schimpf über die erste Reaktion der „VfL Handballgirls“: „Als ich den Mädchen von der Zusage des TSV geschrieben habe, wurden mir als spontane Antwort drei Herzen zurückgesendet.“ Schon zuvor hatte nahezu das komplette VfL-Team seine Bereitschaft signalisiert, diesen Schritt mitzugehen.

Über den gewaltigen Sprung, den ein praktisch komplettes A-Jugendteam in die 3. Liga der Frauen zu bewältigen hat, macht sich natürlich auch Schimpf seine Gedanken, sieht diese aber durchaus positiv: „Es gibt viele Mannschaften, wie zum Beispiel die HSG Blomberg-Lippe, die mit ihrer A-Jugend in der 3. Liga antreten und damit durchaus Erfolg haben. Wenn wir uns auf die neuen Verhältnisse und Aufgaben eingestellt haben, traue ich das auch meiner Mannschaft ohne weiteres zu.“ Schimpf stellt gleichzeitig aber klar, dass auch mit drei Spielerinnen der jetzigen Raubmöwen gesprochen wird. „Zusätzliche Erfahrung kann natürlich nie schaden, aber diejenigen müssen dann auch in unser Spielkonzept passen.“ Wen Schimpf auf jeden Fall halten möchte, ist Malin Stammer. Diese spielte zuletzt über ein Zweitspielrecht für beide Teams und soll dem Rest der Mannschaft über ihr Handballtalent hinaus als eine Art Bindeglied zum neuen Umfeld dienen. Die 18-jährige hatte ihr Weitermachen von ihrem zukünftigen Studienplatz abhängig gemacht. Schimpf dazu: „Malin kann in Timbuktu studieren, sie würde alles für ihr Team geben. Wir hoffen sehr auf sie!“

Abschließend erklärt der neue Raubmöwen-Trainer, wie in der kommenden Saison die Doppelbelastung 3. Liga Frauen und A-Jugend-Alltag bewältigt werden soll: „Unser Kader ist breit genug, um an den jeweiligen Wochenenden variieren zu können. Und sobald ein Bundesliga-Wochenende der A-Jugend ansteht, wird der Spielplan der Raubmöwen in der 3. Liga entsprechend angepasst. Denn an diesen Wochenenden hat die Bundesliga Vorrang, die Raubmöwen werden dann aussetzen.“

Zur Trainer-Vita Olaf Schimpfs, der mit seinen Mädels sowohl in Bad Schwartau als auch im neuen Zuhause Travemünde einiges bewegen möchte: Meister mit der weiblichen A-Jugend TV Lützellinden (1996), danach Trainer Starbaek IF (Frauen 1. Liga Norwegen), im Anschluss 1. Liga Dänemark und Europapokal-Teilnahme mit Frederikshavn FI. Es folgte die 2. Bundesliga Männer mit HSC Bad Neustadt und später dem HC Empor Rostock. Mit den Frauen von Frisch Auf Göppingen stieg Schimpf in die 1. Bundesliga auf. Es folgte das vorläufige Karriereende, ehe der im Dänischen Handballverband (DHF) diplomierte Trainer vor über fünf Jahren beim VfL Bad Schwartau einstieg.

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