Daheim bei einem Katari: Auge in Auge mit dem Falken

WM-Kolumne „Mein Ka-Tag“ von Wolfgang Stephan

Schreib doch mehr über Land und Leute. Zwei fußballfreie Tage. Grund genug, einmal ganz in den Norden zu reisen. Ich treffe
Mohammed Seed al-Kubaisi in Al Ruwais. Nicht weit entfernt vom ehemaligen deutschen Quartier. Aber das ist gefühlt lange her. Ich treffe ihn nicht irgendwo, sondern bei ihm zuhause, was alleine schon ein Novum ist. Ich wollte einen Katarer kennenlernen und Michi, die seit neun Jahren in Katar lebt und über ein unfassbares Netzwerk verfügt, hat mir den Kontakt vermittelt.

Die Gastfreundschaft ist eine Sache, aber Mohammed hat auch eine Botschaft, die er dem Journalisten gerne mitgeben möchte: „Kataris lieben Tiere.“ Vor allem Falken. Der 47-Jährige pflegt die Tradition. Das Jagen mit Falken ist Nationalsport und liegt mit dem Kamelrennen an der Spitze des sportlichen Interesses im Emirat. Die Katarer messen sich in Wettbewerben. Etwa, wer den schönsten oder schnellsten Greifvogel besitzt, aber natürlich auch in der Wüste beim Jagen von Hasen und Vögeln.

Falken in Katar: Ich glaubte es erst nicht, aber Michi führte mich tatsächlich am nächsten Tag in ein Falken-Krankenhaus, am Souq Waqif. Ich hatte das zwar schon gesehen, dachte aber, das wäre nur ein Name für ein Hospital. Auf einen Krankenbesuch habe ich dann aber doch verzichtet.

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Wolfgang Stpehan mit einem Falken. Foto: Wolfgang Stephan

Wenn Mohammed über seine Tiere redet, gerät er ins Schwärmen. Falken jagen tagsüber, sie verfügen über eine fast achtmal so gute Sehkraft wie der Mensch und können sich geräuschlos nach unten fallen lassen, wenn sie ihre Beute erspähen. Mohammed bedauert sehr, dass er mich nicht mit in die Wüste nehmen kann, denn seine besten Tiere sind gerade mit seinen Söhnen bei einem Wettbewerb. Aber natürlich hat er einen Falken im Gehege, der mir wohlgesonnen ist, auf meinem Arm landet und mir Auge in Auge gegenübersitzt. Er scheint Deutsche zu mögen. Ja, Mohammed hat von der Kritik an seinem Land aus Europa gehört, aber das ficht ihn nicht an. Wer über Katar urteile, solle ins Land kommen, sich seine Meinung bilden. Toleranz und Respekt seien die wichtigsten Tugenden, die er seine sieben Kinder gelehrt habe. Korruption hoffentlich nicht.

Wir trinken Tee im Innenhof seines Anwesens, das von der Größe her erahnen lässt, wie gut es den Kataris geht. Die Prämien bei den Wettbewerben sind üppig, außerdem hält Mohammed an Schulen und Universitäten Vorträge über Falken, die vom Emirat sehr gut bezahlt werden. Ach ja, und die Falken natürlich aus: Er fängt sie jung in der Wüste, er trainiert sie und er verkauft sie: Sein teuerster Falke ist im Moment 50 000 Dollar wert. Eine Frage habe ich mir bis zuletzt verkniffen, bei der freundlichen Verabschiedung wage ich sie zu stellen: Eine, sagt er. Für mehr Frauen habe er gar keine Zeit.

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