Lübeck – Einen Namen hat er sich zuletzt als Torschützenkönig der Kreisliga Lübeck gemacht. Doch am Samstag (14. Juni) standen die fußballerischen Fähigkeiten Bartholomaeus Sznabels nicht im Vordergrund. Vielmehr gehörte Barto zu den Menschen, die sich in der Sporthalle am Schlutuper Krümmling den 6. Round Table 104-Ostsee-Cup ansahen. Der Angreifer vom SC Rapid Lübeck traf dort auf seinen Bruder Paul. Fußballspielen, so wie Barto es Woche für Woche tut, kann Paul nicht. Denn der 24-jährige ist seit frühester Kindheit auf einen Rollstuhl angewiesen. Paul leidet seit seiner Geburt an einem offenen Rücken (Spina Bifida). Diese Einschränkung hindert ihn allerdings nicht daran, die sportlichen Leistungen seines Fußball-Bruders in den Schatten zu stellen. Denn Paul hat als Rollstuhl-Basketballer lange Jahre in Hamburg und Frankfurt in der Bundesliga und zwischenzeitlich sogar in der Nationalmannschaft gespielt.

Barto und Paul haben gestern genau den Sinn vermittelt, der hinter diesem Ostsee-Cup steckt: Nämlich das respektvolle, viel mehr aber noch das selbstverständliche Miteinander; egal, ob körperlich eingeschränkt oder nicht.

Und genau aus diesem Grund hat der RSC Hanse Lübeck vor Jahren dieses Turnier ins Leben gerufen. Nur, dass an diesem keine Rollstuhlfahrer, sondern ausnahmslos so genannte Fußgänger auf Korbjagd gehen.

Der 1. Vorsitzende Uwe Lück erklärt: „Es geht ganz einfach darum, die in unserem Alltag so häufig erlebten Berührungsängste abzubauen. Und genau hierin liegt der eigentliche Erfolg dieser Veranstaltung. Es ist ganz normal, wenn sich die vielen, körperlich nicht eingeschränkten Kinder, die mit dabei sind, einen Rollstuhl schnappen und damit durch die Halle fahren. Diesen Kindern wird es später nicht ungewöhnlich oder gar unangenehm vorkommen, draußen den einen oder anderen Rollstuhlfahrer zu treffen.“

Genau so sieht es auch Julian Brückner, ebenfalls Fußballspieler (Verbandsligist Grün-Weiß Siebenbäumen): „Ich wurde aus meinem Bekanntenkreis kritisch hinterfragt, ob sich Menschen mit Behinderung nicht provoziert fühlen könnten. Dazu kann ich nur sagen, dass sich vorab nicht genügend informiert wurde. Denn es ging nicht darum, dass sich eine Gruppe von uns Fußgängern mal so in einen Rollstuhl setzt, einfach, weil wir Bock darauf haben. Wir haben die Einladung von den Rollstuhlfahrern des RSC Hanse erhalten, um eben an deren sportlichem Alltag teilzuhaben. Mir persönlich hat es riesigen Spaß gemacht, ich habe eine Menge netter Typen kennengelernt. Und vor allem haben wir uns hier alle auf einer Ebene bewegt. Das alles hat mir auch für mein weiteres Leben sehr viel vermittelt.“

Da eine solche Veranstaltung sowohl organisatorisch als auch finanziell sehr aufwendig ist, bedarf es Hilfe. Und diese kommt zu einem großen Teil durch den Round Table 104 Lübeck. Der Round Table ist ein in der gesamten Commonwealth agierender Service Club, der den RSC Hanse seit Jahren in allen Bereichen unterstützt. Ebenso wie das weibliche Pendant Lady Circle griff der Round Table aktiv ins Turniergeschehen ein. Im Vergleich zum Finalisten Round Table blieb dem Lady Circle (wie in jedem Jahr) nur der Titel „Sieger der Herzen“. Manuela Küsel lachend: „Daran sind wir schon gewöhnt, aber damit können wir sehr gut leben.“

Zum ersten Mal stellten auch wir von HL-SPORTS ein Team aus Sportlern unserer Region  zusammen. Jede Mannschaft kann ohne einen guten Trainer nicht erfolgreich sein. So stellte sich Manfred Hinz vom Basketball-Regionalligaaufsteiger TuS Lübeck 93 spontan als Coach zur Verfügung. Als Spieler konnten wir neben Julian Brückner auch Maik Friedrichsen (TuS Lübeck 93 Basketball), Heiko Reinhardt (Soul & Thunder, K1-Europameister), Frederikke Lærke, Tanja Volkening (beide TSV Travemünde, Aufsteiger in die 2. Handballbundesliga), Marcel Meier, André Karau (beide Fußball-Verbandsligaaufsteiger TSV Schlutup), Felix König (Sportfotograf), Nicole Simoneit (Mitarbeiterin HL-SPORTS) sowie unsere fleißigen Leserinnen Jenny Walczyk und Hanna Düster für den Ostsee-Cup gewinnen. Und damit auch optisch alles passte, spendierte Sascha Wons als Geschäftsführer der Firma Brand Orange.de (100% Teamwork) einen Satz schicker, knallroter Trikots. Vielen Dank dafür!

HL-SPORTS stellte das stärkste Team, wenigstens quantitativ. In sportlicher Hinsicht gibt es noch eine Menge an Luft nach oben. Als Ziel wurde Platz drei ausgegeben, dazu hat es nicht einmal in der Gruppenphase gereicht. Hinter dem späteren Turnier-Zweiten Round Table, den Wheelerbats und den Rollis de Lüchs, aber immerhin vor der Vertretung aus Ovendorf reichte es zu Rang vier. Grund genug also, die Einladung Uwe Lücks zu einer weiteren Teilnahme im kommenden Jahr sofort anzunehmen.

Möglicherweise mit Überschneidungen. Denn Frede Lærke aus dem HL-SPORTS-Team war so begeistert von dieser Veranstaltung, dass sie spontan beschloss, ihre Travemünder Raubmöwen davon zu überzeugen, im nächsten Jahr als eigenständige Mannschaft teilzunehmen. Uwe Lück als Veranstalter freuen solche Ideen natürlich: „So entwickelt sich unser Turnier weiter, es entsteht keine Stillstand.“

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Fernab vom Leistungsdruck, dem die Sportler ansonsten regelmäßig ausgesetzt sind, war ihnen hier doch der große Spaß anzusehen. Davon ganz unabhängig wirkten alle Turnierteilnehmer sehr konzentriert (mit Ausnahme der Szene, als ausgerechnet ein Mitglied unseres Teams den Ball blitzsauber im eigenen Korb unterbringen wollte) und ehrgeizig, sobald es im Rollstuhl aufs Feld ging. „Wir haben hier Mannschaften, die schon seit Jahren dabei sind“, schmunzelt Lück. „Bei denen ist schon zu sehen, dass die Taktiken immer ausgefeilter werden.“ Das war besonders gut bei den Vertretern der Deutschen Bank gut zu erkennen, die ihren Gegnern weder in der Guppenphase noch später im Finale eine Chance ließen. Den Erfolg des zweiten Ostseecup-Gewinns in Serie erklärt Kay Haphingst so: „Wir und auch ich sind seit dem ersten Turnier mit dabei. Im Prinzip spielen wir immer mit derselben Mannschaft, wobei wir unsere Kinder, sobald sie groß genug sind, mit ins Team einbauen.“

Wen wir an diesem Tag auch fragten, alle Teilnehmer waren begeistert von diesem Turnier; ganz gleich, ob als Spieler oder Zuschauer.

Maurice Tabandite (Round Tabel), der auch als Fußgänger aktiv und professionell Basketball in Bonn spielt: „ Ich finde es hier ziemlich geil! Ein Arbeitskollege hatte mich gefragt, da habe ich spontan zugesagt.“

Hier die Ergebnisse spannender Spiele in der Übersicht:

Gruppe 1: Deutsche Bank – Dräger 14:2, Rollsteiner – Lady Circle 6:2, Orange Blue – Deutsche Bank 2:8, Dräger – Rollsteiner 4:2, Lady Circle – Orange Blue 0:2, Deutsche Bank – Rollsteiner 6:4, Dräger – Orange Blue 4:6, Lady Circle – Deutsche Bank 6:16, Rollsteiner – Orange Blue 6:4, Lady Circle – Dräger 0:12.

Gruppe 2: HL-SPORTS – Rolli de Lüchs 6:4, Wheelerbats – Ovendorf 4:2, Round Table – HL-SPORTS 10:2, Rolli de Lüchs – Ovendorf 6:2, Wheelerbats – Round Table 8:10, HL-SPORTS – Ovendorf 2:0, Rolli de Lüchs – Wheelerbats 14:4, Ovendorf – Round Table 4:6, HL-SPORTS – Wheelerbats 4:12, Round Table – Rolli de Lüchs 2:22.

Spiel um Platz 5: Rollsteiner – Rolli de Lüchs 10:14

Spiel um Platz 3: Dräger – Wheelerbats 6:16

Endspiel: Deutsche Bank – Round Table 8:4.

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