Auswärts-Doppelspieltag Teil 1: Bruder-Battle in Bonn

Hamburg – Die Hamburg Towers eröffnen am Donnerstag bei den Telekom Baskets Bonn (Tipoff 19 Uhr) eine Vier-Spiele-Serie innerhalb von nur zehn Tagen.

Bei Abbruch der vergangenen Spielzeit standen beide Teams am Tabellenende. Wäre die Saison regulär zu Ende gespielt worden – beide Mannschaften hätten wohl oder übel im direkten Duell um oder eher doch gegen den Abstieg gespielt. Hätte, wäre – wenn es Corona nicht gäbe. Der Virus ist weiterhin da, die Hallen bleiben noch bis mindestens Ende des Jahres geschlossen, die nächsten BBL-Spiele sind bereits verlegt. Diesmal ist zwar keine Quarantäne Schuld, sondern die Rückkehr der aktiven Nationalspieler aus dem FIBA EM-Qualifikationsfenster, welche nach Ansicht der Ligaverantwortlichen dazu führt, dass keine Wettbewerbsgleichheit gewährleistet werden könne. Für die Partie der Hamburger Towers gegen Bonn gilt das nicht und so bleibt es beim Termin am Donnerstag – dafür sind die Vorzeichen zumindest teilweise anders als noch beim letzten Aufeinandertreffen, in dem sich die Towers am zweiten Weihnachtsfeiertag 2019 auf dem Bonner #Heartberg (90:102) durchsetzten. Während die Rheinländer nach drei Niederlagen wieder dort stehen, wo sie letztes Jahr aufgehört haben – nämlich auf Tabellenplatz 16 – überbrückten die Hamburger nach zwei Erfolgen zum Saisonart die Länderspielpause auf dem vierten Tabellenplatz. Ungeachtet des Standings im Tableau betont Tower-Coach Pedro Calles: „Bonn ist ein Verein mit einer großen Tradition in der Bundesliga. Sie wissen ganz genau, was es braucht, um auf diesem Level konkurrenzfähig zu sein. Sie haben einen guten Mix aus erfahrenen Spielern – wie Chris Babb, TJ DiLeo, Lischka und Kratzer – sowie ihren neuen Spielern.“

Nur vier Spieler blieben im Sommer bei den Baskets – zwei Nachwuchskräfte sowie die beiden Ü30-Routiniers Anthony „TJ“ DiLeo und Benjamin Lischka. Während Lischka ähnliche Quoten wie im Vorjahr auflegt, sucht TJ – Bruder von Hamburgs Max DiLeo – anscheinend noch nach seiner Form. Dies zumindest lässt die nur 18,2 prozentige Wurfquote des vor allem als starker Verteidiger bekannten DiLeos vermuten. „Er arbeitet sehr hart, dass sich das schnell wieder ändert. Man sollte Bonn aufgrund der Statistiken aus den ersten Spielen nicht unterschätzen – sie sind wirklich tough“, weiß Max DiLeo, dass Zahlen auch Lügen können. Dennoch ist TJ DiLeo nicht der einzige Bonner, der seinen Shootingtouch in dieser Saison noch sucht. Denn auch der nach drei Jahren in die BBL zurückgekehrte Chris Babb, der während zwischen 2015 und 2017 im Trikot von ratiopharm ulm noch als begnadeter Distanzwurfexperte gefürchtet wurde, versenkt derzeit nur magere 18,2 Prozent – und damit weniger als jeden fünften Versuch – von jenseits der 6,75-Meter-Linie. Dafür trifft der US-Amerikaner mit 81,8 Prozent bisher überragend aus dem Zwei-Punkte-Bereich und unterstreicht seine Allrounder-Fähigkeiten mit 3,3 Rebounds und 3,3 Assists pro Spiel. Effektiver und offensiv noch gefährlicher zeigt sich bei den Baskets aktuell nur der vom Mitteldeutscher Basketball Club gekommene serbische Forward Strahinja Micovic. Mit durchschnittlich 14 Punkten ist er der Topscorer des Teams von Igor Jovovic – der im letzten Jahr als Assistant Coach in München arbeitete, und von 2016 bis 2018 den MBC in die Bundesliga führte. Besonders bemerkenswert ist dabei die mehr als 63 prozentige Feldwurfquote bei fast 10 Wurfversuchen pro Spiel. „Wenn man sie ihr Spiel spielen lässt, dann kann es gefährlich werden. Sie haben viel Power im Angriff – sowohl unter dem Korb, als auch von außen“, weiß Head Coach Pedro um die Stärken des Teams aus der zweitbekanntesten Karnevalshochburg. Unterstützung in Form zweistelliger Punkteausbeute erhält das Führungsduo der Baskets dazu von Deividas Gailius, der genau wie Micovic zudem fünf Rebounds pro Spiel einsammelt, und Josh Hagins, der mit vier Assists im Schnitt die Hauptlast im Spielaufbau trägt. Doch auch die beiden letztgenannten brillierten bisher noch nicht mit Treffsicherheit.

Genauigkeit beim Wurf ist aber auch nicht unbedingt die offensichtlichste Stärke der Hamburg Towers – zwar rangiert die Mannschaft von Pedro Calles mit fast 39 Prozent Dreierquote im oberen Liga-Mittelfeld, ist mit nur 48 Prozent aus dem Zweierbereich allerdings das viert-schwächste Team in dieser Kategorie. „Wir müssen schnell ins Spiel finden und unseren Stil etablieren“, weiß Pedro Calles, dass es auch am Donnerstag wieder darum geht, dem Gegner das eigene Spiel förmlich aufzuzwingen. „Er weiß als Coach was er will und wie er seine Ziele erreicht“, weiß auch Max DiLeo, der nach seiner Station in Vechta jetzt schon im dritten Jahr mit Coach Calles zusammenarbeitet. Es geht also um 40 Minuten Kampf und 110 Prozent Einsatz. Beispiele gefällig: Rebound ist Einstellungssache – so heißt es, wenn man einer uralten Basketball-Weisheit Glauben schenken mag. Mit durchschnittlich 37,5 Abprallern pro Spiel sammeln die Towers die zweitmeisten Boards im Ligavergleich – nur Ligaprimus München ist noch stärker. Den eigenen Würfen geht das Team besonders konsequent nach und erarbeitet sich dank mehr als 12 Offensivrebounds pro Spiel immer wieder zweite Chancen. Noch viel lieber zwingen die Hamburger ihre Gegner aber zu Ballverlusten. Die 19 provozierten Turnover im Schnitt sind mit Abstand ligaweiter Bestwert. Bemerkenswert ist, dass die Towers gleichzeitig besonders gut auf das Spielgerät achtgeben. Mit nur elf eigenen Ballverlusten pro Spiel zählen die Hansestädter zur TOP5 der BBL. „Ich hätte nichts dagegen, wenn das so bleibt. Aber manchmal muss man etwas versuchen – Turnover gehören zum Spiel dazu. Dennoch haben wir den Ball und damit das Spiel lieber in unseren Händen“, so der noch komplett ballverlustfreie Max DiLeo.

Kurzer Schnack vor dem Spiel:

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Pedro Calles: „Wir haben zuletzt sehr intensiv arbeiten können. Durch die Abstellung von Marvin Ogunsipe zur österreichischen Nationalmannschaft und den verletzungsbedingten Ausfall von Hans Brase fehlten uns aber zwei Spieler auf den großen Positionen. Bonn ist ein Verein mit einer großen Tradition in der Bundesliga. Sie wissen ganz genau, was es braucht, um auf diesem Level konkurrenzfähig zu sein. Sie haben einen guten Mix aus erfahrenen Spielern – wie Chris Babb, TJ DiLeo, Lischka und Kratzer – sowie ihren neuen Spielern. Wenn man sie ihr Spiel spielen lässt, dann kann es gefährlich werden. Sie haben viel Power im Angriff – sowohl unter dem Korb, als auch von außen. Wir müssen also schnell ins Spiel finden und unseren Stil etablieren.“

Max DiLeo: „Spiele gegen meinen Bruder sind noch immer etwas Besonderes. Ich würde es gern wie jedes andere Spiel sehen, aber für mich ist es doch eine Extra-Motivation. Es ist noch mal ein kleiner eigener Wettkampf, den wir zwei führen. Bisher führe ich im DiLeo-Wettstreit mit Zwei zu Eins. Für meine Eltern ist es schwer unsere Duelle zu verfolgen, weil sie uns natürlich beide gewinnen sehen wollen. Aber darauf kann ich am Donnerstag keine Rücksicht nehmen.“

„Ich arbeite unglaublich gern mit Pedro zusammen. Er hat mir die Chance gegeben, in der BBL zu spielen. Es zeigt sich, dass ich gut in sein System passe. In den Jahren haben wir viel Vertrauen zueinander aufgebaut. Er weiß als Coach was er will und wie er seine Ziele erreicht. Als er mir gesagt hat, er möchte weiter mit mir zusammenarbeiten, hat mir das seine Wertschätzung für meine Arbeit gezeigt. Deswegen war es für mich eine sehr leichte Entscheidung mit ihm in Hamburg weiterzumachen.“

Magenta Sport überträgt das Spiel ab 18.45 Uhr live.

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