Lübeck – Es ist angerichtet! Das 123. Landesderby steht an (Samstag, 14 Uhr). VfB Lübeck gegen Holstein Kiel oder aber die Frage: Wer ist die Nummer 1 im Land zwischen den Meeren? Natürlich, die Frage beantwortet sich für die rational denkenden Fachleute schon im Vorwege, schließlich kommen die Kieler als Drittligist zum Regionalligisten nach Lübeck. Für die eingefleischten Fans jedoch wird diese Frage vor jedem Vergleich neu gestellt und erst nach 90 oder mehr Minuten beantwortet. Diese Antwort hat dann zumindest für das erfolgreiche Lager auch bis zur nächsten Begegnung Gültigkeit. Ein echtes Derby eben.

Premiere in den 30ern

Erstmals trafen beide Vereine in der Saison 1932/33 aufeinander. Die Kieler siegten deutlich mit 6:3 und hatten auch in den Folgejahren häufig das bessere Ende für sich. Natürlich hatten diese Partien längst noch nicht den Charakter, den die Duelle vor allem in den letzten 20 Jahren annahmen. Bis in die 90er hinein (zuletzt in Westerrade!) absolvierte man sogar Freundschaftsspiele gegeneinander. Der Fokus lag zumindest auf Lübecker Seite vielmehr auf den brisanten Lokalderbys vor allem gegen die Adlerträger von der Travemünder Allee.

Duelle auf höchster Ebene

Derbys gab es vor Einführung der Bundesliga sogar in der höchsten Spielklasse, der damaligen Oberliga Nord. Am 12. April 1953 ging es für die Störche am drittletzten Spieltag um die Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft, doch der VfB machte seinem Rivalen zunächst einen Strich durch die Rechnung, als wenige Augenblicke vor dem Abpfiff Heinz Patzig vor 15.000 Fans, darunter etwa 3.000 Kieler, den Ausgleichstreffer zum 1:1-Endstand erzielte. Die Kieler kamen mächtig ins Straucheln, fielen aber nicht: Sie erreichten die Endrunde zum Schluss trotzdem.

Historische Siege und bittere Pleiten

Nachdem Holstein in der 1980ern häufig über dem VfB spielte, wendete sich Mitte der 1990er Jahre das Blatt durch den Aufstieg des VfB in die 2. Bundesliga. 14 Jahre lang war der VfB die Nummer eins im Land, insgesamt vier Jahre kickten die Grünweißen in der 2. Bundesliga, während die Kieler zumeist gegen den Abstieg aus der Regionalliga kämpften, zwischenzeitlich sogar durch die Oberliga tingeln mussten. So kam es in der Saison 2007/2008 erstmals zum Vergleich der grünweißen Zweitvertretung mit der ersten Mannschaft der Störche: Obwohl die Holsteiner die Saison souverän als Oberligameister beendeten, mussten sie gegen den VfB II, der am Ende den vorletzten Platz der Tabelle belegte, zwei bittere Niederlagen einstecken. Am 19.10.2007 gewann der VfB in Kiel durch zwei Tore von Claudius Weber mit 2:0. Auch das Rückspiel entschied unsere Elf am 13.04.2008 durch Tore von Artur Schefer und Patrick Kraft beim 2:1-Erfolg für sich.

Aber auch den Störchen gelang es, dem VfB eine empfindliche Niederlage beizubringen. Es war der letzte Spieltag der Saison 98/99: Der VfB hatte zu Beginn dieser Spielzeit eine komplett neue Mannschaft aufgebaut, spielte eine überraschend starke Saison und fing am vorletzten Spieltag den ärgsten Rivalen aus Osnabrück im direkten Duell ab. In der letzten Begegnung mussten die Grünweißen nun aber trotzdem gewinnen, um die Relegation zur 2. Bundesliga zu erreichen. Doch die Kieler durchkreuzten die Pläne der Lübecker. Mit 2:1 siegten sie, dem VfB blieb nur die Vizemeisterschaft und drei weitere Jahre Regionalliga.

Schweinsteiger und Kramer – Einstand nach Maß

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Jeweils einen Einstand nach Maß feierten Tobias Schweinsteiger 2004 und Christopher Kramer elf Jahre später. Zunächst war es der 12. September 2004 auf der Lübecker Lohmühle, als die 6.400 Fans bis zur 73. Minute einen fußballerischen Langweiler zu sehen bekamen. Dann aber wechselte der damalige VfB-Trainer Stefan Böger Tobias Schweinsteiger ein. Der VfB hatte Schweinsteiger erst einige Tage zuvor unter Vertrag genommen und nun kam der ältere Bruder des aktuellen Weltmeisters Bastian zu seinem ersten Einsatz im VfB-Trikot. Mehr noch: Sein erster Ballkontakt sollte ihm gleich ein Platz in der Derbygeschichte sichern. Von Christian Möckel geschickt schlenzte er den Ball von der Strafraumgrenze ins lange Eck zum 1:0-Endstand ins Tor. Es war zugleich ein Schuss in die Herzen aller VfB Fans!

Bestens bekannt ist allen Fans ebenfalls noch die Geschichte um Christopher Kramer, der in seiner Jugend auch das Trikot des Gegners trug: In seinem ersten Pflichtspiel für Grünweiß erzielte er vor vier Monaten bereits im ersten Durchgang (übrigens ins selbe Tor wie Schweinsteiger damals) das 1:0 zum letzten Derbysieg bislang.

Einen Sieg der Gerechtigkeit…

…feierte der VfB Lübeck übrigens in der Saison 2009/10: Im bereits laufenden Wettbewerb änderte der SHFV den Pokalmodus. Erstmals sollte der klassentiefere Verein im Endspiel nicht automatisch Heimrecht haben, sondern es wurde mit Kiel ein neutraler Endspielort festgelegt. Der VfB musste als Regionalligist somit zum Drittligisten Holstein. Erfolgreich war der Auftritt dennoch in allen Belangen und die Grünweißen siegten dank zweier Tore durch Jacob Sachs und Clemens Lange verdientermaßen mit 2:0.

Seitenwechsel: Von der Trave an die Förde

Nicht nur Kramer hat eine Vergangenheit beim Gegner: So einige Akteure wechselten im Laufe der Jahre die Fronten. So spielten unter anderem Michael Frech, Sven Boy, Jan Hoffmann, Holger Hasse, Jacob Sachs oder Heiko Petersen sowohl an der Trave als auch an der Förde. Tim Siedschlag wechselte sogar zwei Mal: 2010 von Kiel in die Hansestadt, ein Jahr später wieder zurück.

Andere bekannte Persönlichkeiten waren Gerd-Volker Schock, der für den VfB als Spieler und für die KSV als Trainer aktiv war und Michael Lorkowski, der beide Mannschaften coachte. Den größeren Erfolg feierte „Lorko“ aber eindeutig in Lübeck: Der erste Aufstieg in die 2. Bundesliga 1995 unter seiner Regie dürfte allen Lübeckern noch heute unvergessen sein.

Nun also ist wieder Derbyzeit: Am Samstag um 14 Uhr empfangen die Grünweißen den Drittligisten Holstein Kiel zum ewig jungen Landesderby auf der Lübecker Lohmühle. Anders als beim letzten Aufeinandertreffen im Juli geht es um mehr als Prestige, Pokal und Prämie: Nur der Sieger darf sich weiter Hoffnungen auf eine Teilnahme im DFB Pokal 2016 machen. Bekanntermaßen qualifiziert sich in Schleswig Holstein nur der Landespokalsieger für diesen lukrativen Wettbewerb. Tickets für diese Partie gibt es am Spieltag noch in allen Preiskategorien an den Tageskassen ab 12 Uhr (Kartencenter ab 10 Uhr).

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