Hamburg – Dirk Bremser (Foto), Co-Trainer des Hamburger SV ist seit dem Sommer beim Zweitligisten, bisher mit Chef Dieter Hecking und der Mannschaft ungeschlagen. Eine neue Ära könnte anbrechen, ist schon angebrochen und vor allem ganz viele menschliche Züge haben beim einst als arrogant betitelten Verein Einzug gehalten. Sicher auch ein kleiner Verdienst Bremsers, der HL-SPORTS ein ausführliches Interview (hier geht es zum 2. Teil) gab. Heute folgt der vorerst letzte Teil. Morgen ist das Derby am Millerntor!

HL-SPORTS: Ist das Derby gegen St. Pauli Motivation genug und ziehst du Vergleiche von früher, als du selbst noch auf dem Platz warst und gibst deine Erfahrungen weiter?

Dirk Bremser: Ich freue mich auf jedes Spiel. Es ist ein Derby und ich liebe Spiele, wo was los ist. Volles Stadion und richtig gute Atmosphäre mit großen Emotionen. Grundsätzlich sollten alle Spieler das als Auszeichnung sehen, dass sie diese Möglichkeit haben. Viele junge Menschen und Männer würden das gerne wie wir erleben, was wir wöchentlich haben. Ein Derby ist natürlich schon etwas Besonderes. Jeder der diesen Job macht, muss nicht zusätzlich motiviert werden. Es kribbelt, man kennt sich. Ich hatte auch schon viele Spiele gegen Freunde, aber du willst das Spiel unbedingt gewinnen und da ruht die Freundschaft. Da kann man sich flachsen. Hier hängt noch mehr dran. Selbst die neuen Spieler wissen, dass dieses Stadtderby etwas ganz Besonderes ist. Wichtig ist, dass es drum herum ruhig bleibt, der sportliche Wettkampf im Vordergrund steht und dass wir auf dem Platz einen klaren Kopf haben und am Ende das bessere Ende für uns. Wir werden alles dafür tun und uns dementsprechend vorbereiten. Wir freuen uns auf das tolle Spiel.

HL-SPORTS: Welches war dein positivstes und negativstes Erlebnis auf dem Platz als Spieler oder Trainer, das du nicht vergessen wirst?

Dirk Bremser: Darauf könnte ich ellenlang antworten und ich möchte da gar keine Wertigkeit reinbringen. Der DFB-Pokalsieg in Wolfsburg, Viertelfinale gegen Real Madrid in der Champions League, mit Lübeck in Bremen als Zweitligist unglücklich in der 119. Minute im Pokalhalbfinale verloren, der Aufstieg nach 36 Jahren mit Alemannia Aachen, wo man den Glanz und die Freude in den Augen der Leuten sah, was man ihnen gegeben hat und wie sich eine Stadt danach sehnte. Da könnte ich über Wochen jede einzelne Situation heute noch schildern. Eine Wertigkeit kann ich da, wie gesagt, nicht reinbringen. Auf der anderen Seite hast du wichtige Spiele verloren. Das gehört dazu. Ich bin stolz darauf solange dabei zu sein, das alles und diese Geschichten erleben zu dürfen und darüber zu sprechen. Die größte Wertschätzung für mich ist immer, wenn man mit vielen Menschen zusammengearbeitet, sie teilweise auf ihrem Weg begleitet hat und sich heute noch über den Weg läuft und sie sagen „das war eine geile Zeit mit den beiden“.

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HL-SPORTS: Die Spiele deiner Söhne Yannick und Nico hast du dir zu ihren Zeiten beim VfB Lübeck, in Pansdorf und Eichede angeschaut. Erlaubt es deine Zeit immer noch, dass du Mal vorbeischaust und wie oft fragen sie dich noch nach Rat?

Dirk Bremser: Das ist wohl bei jedem Vater so, dass er seine Söhne häufig spielen sehen, sie dabei begleiten und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen möchte. Aber nicht nur beim Fußball, sondern im Leben an sich. Ich hatte das am Anfang schon angesprochen und da bin ich meiner Frau und meinen Söhnen wirklich dankbar, dass sie mir jahrelang den Rücken freigehalten haben. Wohnort an der Ostsee, das war nicht gerade förderlich, aber es war eine gemeinsame Entscheidung. Für die Jungs war es nicht immer einfach, wenn der Papa in Nürnberg gearbeitet hat. Es war schon sehr weit, aber sie haben alle Stationen mit Leben gefüllt, waren so oft wie möglich dabei und hatten ja auch ihren eigenen Fußball. Da war es für mich natürlich schwieriger, aber ich habe so oft es ging die Möglichkeit genutzt, dabei zu sein. Jetzt ist es etwas einfacher. Der eine spielt in der Oberliga Bremen und der andere in Eichede. Bei ihm habe ich schon das eine oder andere Spiel gesehen und ich hoffe, dass da noch einige hinzukommen. Hauptthema ist immer der Fußball und wie die Jungs mittlerweile den Fußball sehen. Sie sind damit aufgewachsen, konnten immer den Analysen ihres Vaters zuhören. Da diskutieren wir immer und es gibt auch mal einen Rat. Letztlich müssen sie ihren eigenen Weg gehen. Ich bin froh, dass sie mal nachfragen und sagen „Papa, ja, hast recht gehabt“. Unsere Aufgabe als Trainerteam von Dieter und mir besteht mit der Zeit zu gehen und die Gedankengänge der heutigen Generation anzunehmen. Klar müssen wir die Richtung vorgeben, aber wir müssen uns auch auf die heutige Generation einlassen. Das ist spannend und wir haben eben Söhne in dem Alter und es macht Spaß. Interessant ist es da mit den eigenen Söhnen darüber zu sprechen, wie man mit bestimmten Situationen umgeht und da können sie mir sogar noch Tipps geben. Wir freuen uns, wenn wir Zeit miteinander verbringen, auch heute noch. Sie sind ja schon junge Männer und fragen trotzdem noch ihren Vater, was fußballtaktische Dinge angehen und wie sie sich da verhalten können. Wenn ich dann mal Spiele sehe, möchte ich das gar nicht so gerne als Vater, aber sie kommen nach dem Spiel immer zu mir und fragen mich, wie ich das gesehen habe. Da erinnere ich mich an meinen Vater bei meinen Spielen früher denn teilweise ging es mir schon auf den Sack. Obwohl er mir natürlich immer nur helfen wollte und das auch getan hat. Grundsätzlich hätte ich diesen fußballerischen Weg ohne die Hilfe meiner Eltern wahrscheinlich nie so einschlagen können. Sie haben mich immer unterstützt.  Ich glaube, dass ich zu meinen Jungs einen guten Draht habe. Manchmal denke ich darüber nach, dass, wenn ich den Trainerweg nicht eingeschlagen hätte, ich mehr Zeit für sie gehabt hätte. Wer weiß, wie dann der Werdegang von ihnen gewesen wäre. Aber toi, toi, toi: Ich bin sehr stolz auf meine Jungs und die gehen ihren Weg.

HL-SPORTS: Dankeschön Dirk, dass du dir die Zeit genommen hast. Wir wünschen viel Erfolg für das Derby und die weiteren Spiele.

Foto: Dirk Bremser (links) steht nicht nur hinter Dieter Hecking (rechts), sondern ist seit Jahren an dessen Seite erfolgreich an der Linie.

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