Sao Paulo – Die deutsche Nationalmannschaft „ID“ mit dem Lübecker Torhüter Michael Schröder vom Kreisligisten VfL Vorwerk spielt zur Zeit bei der Weltmeisterschaft für Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen. Nach dem 1:1 gegen Gastgeber Brasilien ging es am Sonntag im nächsten Vorrundenspiel gegen die Japaner. Dort verloren die Deutschen mit 0:7.
Ein Erlebnisbericht des Team-Tages vom vergangenen Donnerstag zur ausgefallenen Partie gegen Polen liest sich wie folgt:

Es gibt solche Tage, die eigentlich überflüssigerweise im Kalender stehen und bei denen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander klaffen. Dennoch haben diese bisweilen einen Erlebnis- und Erinnerungswert, der seines Gleichen sucht. So ein Tag war heute. Doch der Reihe nach …

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Alle Augen waren auf Polen gerichtet, das „Feindbild“ justiert und die Messer gewetzt. Dass es feucht werden würde, wusste schon der Wetterbericht. Dass aber alles weitere so aus dem Ruder laufen sollte, war schon durchaus bemerkenswert.
Pünktlich um 8.45 Uhr Ortszeit holte uns ein gedrungener brasilianischer Busfahrer ohne nennenswerten Hals ab, der nur Dank einer überdimensionierten Sitzerhöhung den freien Blick über das Lenkrad in die Regenwüste fand.
Dass die kürzeste Strecke zwischen zwei Punkten die Gerade ist, war den meisten Businsassen durchaus bekannt. Dass jedoch dieses Naturgesetz vom Busfahrer unverantwortlich frei ausgelegt wurde, war schon überraschend. Kurz: auf der Suche nach einer zeitsparenden Fähre verloren wir uns im Straßengewirr des örtlichen Hafenviertels, dessen Straßen bezüglich der räumlichen Ausdehnung nicht mit denen eines gemeinen Busses kompatibel waren. Die Folge: Es krachte an allen Ecken und Enden. Zunächst ging beim Versuch einer Rückwärtsrallye das Rückfenster des Busses bei der Kollision mit einer Straßenlaterne zu Bruch, was dem Busfahrer nur ein gequältes Stirnrunzeln abrang. Im gleichen Moment schlug ein stattlicher Palmenast auf das Busdach, was zur Folge hatte, dass Physio Marcel aufgrund des Wassereintrittes die Weiterfahrt nur noch mit Regencape fortsetzen konnte. Plötzlich Störfeuer von unten. Die Vermutungen schwankten zwischen Erdbeben und Verdauungsstörungen. In Wahrheit war der Bus auf einer der zahlreichen Temposchwellen aufgesetzt, was die mittlerweile dringliche Reparaturbedürftigkeit noch erhöhte.
Lange Rede kurzer Sinn; Für die Luftlinie zwölf Kilometer lange Strecke zwischen Hotel und Stadion brauchten wir zweieinviertel Stunden und jede Menge Nerven. Doch die Turbulenzen sollten weitergehen.
Wir wurden also förmlich in das Stadion gespült und noch dachte niemand an Spielabbruch. Dienstbeflissen bauten die uns begleitenden Japaner ihre Kameras auf, um uns für das anstehende Gruppenspiel auszuspionieren. Inzwischen nahmen die Schiedsrichter die Platz- oder besser gesagt Wasserverhältnisse in Augenschein und überlegten angestrengt, ob das anstehende Spiel mit Gummistiefeln oder Flossen ausgetragen werden sollte.
Wegen der sintflutartigen Regenfälle sah der polnische Trainer – trotz der eindeutigen Favoritenrolle – nun wörtlich gesagt seine Felle davonschwimmen und drängte vehement auf eine Spielabsage, der sich der junge Schiedsrichter „aus Sicherheitsgründen“ anschloss. Also Spielverlegung auf einen ungewissen Termin. Bis dahin haben die Veranstalter noch Zeit Kleiderhaken in den maroden Umkleidekabinen anzubringen und die Duschkabinen von herunterhängenden Elektrokabeln zu befreien.
Also ging es unverrichteter Dinge zurück ins Hotel. Diesmal jedoch mit einem anderen Bus. Der erste wurde ins neue Reha-Zentrum geschleppt.
Mit einem Strandspaziergang im Regen versuchten wir etwas Abwechslung in den tristen Tag zu bringen. Wir wunderten uns nicht schlecht, dass die ansonsten ziellos umherirrenden streunenden Hunde dabei einträchtig in Zweierreihe hinter Kevin Boateng herliefen. Die Antwort einfach wie logisch: Er hatte Durchfall!

Fortsetzung folgt …

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