Abschied von fast 200 Jahren – deutliche Worte Richtung Vorstand

Bei Eintracht Groß Grönau gehen Ären zu Ende

Henning Meins und Dennis Gohr verlassen das Torfmoor. Foto: Lobeca

Groß Grönau – Seit rund zwei Monaten rumort es am Torfmoor. Von Meuterei und Übernahme war die Rede und am Ende kommt es so, wie es wohl kommen sollte. Eintracht Groß Grönau stellt sich neu auf und hinterlässt dabei als Verein einen faden Beigeschmack. Zumindest für die verdienten und treuen Spieler sowie Teile des Trainerteams. Dabei ist Chefcoach Henning Meins mit vier Jahren noch das jüngste Mitglied dieser eingeschworenen Crew, denn Co-Trainer Dennis Gohr ist seit fast 20 Jahren für den Club tätig gewesen, wohnt selbst in dem Ort. Mannschaftskapitän Florian Hahn beispielsweise bringt es auf über zehn Jahre. Trotz Angebote anderer Teams stand für sie und andere das Wort Loyalität immer an erster Stelle. Nun geht dieser Teil bei den Lauenburgern verloren.

Trainer Henning Meins (TSV Eintracht Groß Grönau). Foto. Lobeca/Niklas Runne

Nur zwei Spieler bleiben

Meins stellte sich vor dem letzten Spiel heute um 14 Uhr als Verantwortlicher vor seine Mannschaft und gab bei HL-SPORTS klare Worte mit auf den Weg. Er sagte: „Mit dem Spiel gegen Ahrensburg endet die Trainertätigkeit von Dennis Gohr und mir. Es wird aber auch für die meisten Spieler die letzte Partie im Grönau-Trikot sein. Lediglich Bennet Oldenburg (beruflich stark eingeschränkt, 1. Herren) und Paul Jäger (Studium, U23) werden aus unserer aktuellen Mannschaft überhaupt im Verein bleiben.“

„Es werden fast 200 Jahre entsorgt“

Der 52-Jährige noch deutlicher: „Das ist schon ein überaus deutliches Signal an alle Beteiligten, die sich diesen sehr üblen Machenschaften angeschlossen haben. Es werden fast 200 Jahre Vereinszugehörigkeit mit viel Leidenschaft, Herzblut, Verletzungen, gewonnenen Spielen, tollen Momenten und natürlich auch Enttäuschungen einfach so “entsorgt“.“

Meins vermisste Wertschätzung und Anerkennung

„Mit langjährigen Spielern der 1. Herren wie zum Beispiel Witt, Mitterhuber oder Hahn wurde gar nicht oder viel zu spät gesprochen. Auch diese Spieler hätten sich noch einem Casting unterziehen müssen, um eventuell einen Platz in der “neuen“ 1. Herren zu bekommen. Wertschätzung und Anerkennung der (sportlichen) Leistung der Spieler und der Mannschaft insgesamt sieht anders aus“, so Meins weiter.

„Wir haben uns nicht auf so ein Niveau begeben“

Der A-Lizenz-Trainer erklärte: „Dass es für alle zum Ende hin leider ein negatives Erlebnis geworden ist, was auch menschlich etwas mit einem macht, ist völlig klar. Der positive Zuspruch durch Freunde, Bekannte aber auch durch Trainerkollegen war hingegen schon sehr beachtlich und hat uns sehr gutgetan. Wir haben uns fair und anständig verhalten, haben jedes Spiel gespielt – auch wenn wir ersatzgeschwächt antreten mussten. Ich bin mir sicher, dass es von der anderen Seite so gestaltet worden wäre, dass es mit dem Abstieg geendet wäre. Entweder durch absichtliche Niederlagen oder durch Nichtantritt. Aber wir haben uns nicht auf so ein Niveau begeben, es hätte auch nicht zu den Spielern und der Mannschaft gepasst.“

Dank des Trainers

Zum Abschluss sagte er: „Für mich persönlich waren es vier schöne Jahre als Trainer. Ich durfte viele tolle Menschen in den eigenen Reihen kennenlernen, mit denen ich auch weiterhin Kontakt halten werde, aber auch einige um die ich in Zukunft einen großen Bogen herum machen werde. Jeder weiß schon selbst am besten, wo er sich da zuordnen muss. Ich möchte mich bei den Leuten bedanken, die uns ehrlich und gerade in schwierigen Phasen unterstützt haben.“

Florian Hahn spielte 15 Jahre für Groß Grönau. Foto: Lobeca/Niklas Runne

Für den Kapitän war es die „nicht leibliche Familie“

Teamkapitän Hahn spielte in der Jugend für den VfB Lübeck, wechselte dann zu Strand 08 (2009) und ein halbes Jahr später nach Mölln, um sechs Monate danach seine sportliche Heimat am Torfmoor zu finden. Er verabschiedete sich mit Erinnerungen, sagte: „Mit einem lachenden und einem weinenden Auge blicke ich auf unglaubliche 15 Jahre bei Eintracht Groß Grönau zurück, von denen ich vierzehneinhalb Jahre das große Privileg hatte, dieses Team als Kapitän aufs Feld zu führen. Es war eine Reise voller Emotionen, unvergesslicher Momente und vor allem einer Mannschaft, die für mich weit mehr als ein Team war – sie war meine “nicht leibliche Familie“. Heute steht mein letztes Spiel für die Mannschaft bevor, und ich werde noch einmal voller Stolz dieses großartige Team und meine Freunde aufs Feld führen. Es wird ein ganz besonderer Moment, der mir sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird.“

„Diese Momente sind unbezahlbar“

Emotionale Momente gab es und die beschrieb der 34-Jährige so: „Das lachende Auge gehört all den Erinnerungen, die wir gemeinsam geschaffen haben: den Siegen, den Niederlagen, den Mannschaftsfahrten, den Abenden auf und neben dem Platz und der einzigartigen Kameradschaft, die uns über all die Jahre verbunden hat. Diese Momente sind unbezahlbar, und ich werde sie für immer in meinem Herzen tragen.“

Deutliche Worte Richtung Vorstand: „Respekt und Fairness sieht anders aus“

Und dann ließ der Chef auf dem Platz klare Worte Richtung Vereinsführung fallen: „Das weinende Auge blickt jedoch mit etwas Wehmut auf das Ende dieser Zeit. Nach all den Jahren fällt es schwer, Abschied zu nehmen. Doch ich bin unendlich dankbar für alles, was ich hier erleben durfte, und stolz darauf, Teil dieses großartigen Teams gewesen zu sein. Jedoch kann ich nicht verbergen, dass die Enttäuschung riesig ist, wie der Vorstand und die andere Mannschaft uns behandelt haben. Respekt und Fairness sieht anders aus.“ Und zum Schluss: „Ein riesiges Dankeschön an jeden Einzelnen, der Teil dieser Reise war. Ihr habt diese Zeit zu etwas ganz Besonderem gemacht, und ich werde sie nie vergessen.“

Dennis Gohr nimmt Abschied von seinem TSV Eintracht Groß Grönau. Foto: Lobeca

Gohr war mehr als 18 Jahre im Verein ehrenamtlich tätig

Am härtesten trifft es vielleicht Co-Trainer Gohr, der trotz seines anspruchsvollen Jobs immer da war und mit dem Verein durch dick und dünn ging – immer: „Nach mehr als 18 Jahren endet nun meine Zeit beim TSV Eintracht Groß Grönau. Viele Jahre war ich dort trotz Verletzungspech als aktiver Spieler tätig und habe mich seit 15 Jahren ununterbrochen zusätzlich als Trainer und Co-Trainer engagiert, davon sechs Jahre als Juniorentrainer und neun Jahre als Co-Trainer und zeitweise auch als Trainer der ersten Herren. In dieser Zeit habe ich sehr viele Trainer und Spieler in allen Mannschaften kommen und gehen sehen und bin aktuell in der Fußballabteilung derjenige, der mit deutlichem Abstand am längsten im Amt ist.“

„Umso größer ist natürlich die Enttäuschung über die Art und Weise“

Der 43-Jährige weiter: „Obwohl mir in all den Jahren immer wieder vom Verein Geld für meine Tätigkeit angeboten wurde, habe ich es stets abgelehnt und nie einen einzigen Cent für mein Engagement genommen. Ich habe es immer mit Freude, Leidenschaft und aus Überzeugung für den Verein, die Mannschaft und jeden einzelnen Spieler getan. Dabei sind mit vielen Menschen enge Kontakte bis hin zu Freundschaften entstanden, von denen ich hoffe, dass sie noch viele Jahre über den Verein hinaus bestehen werden. Umso größer ist natürlich die Enttäuschung über die Art und Weise, wie alles in den vergangenen Wochen und Monaten seitens des Vorstands und der dritten Herren abgelaufen ist.“

Das Konzept stand bereits

Gohr erklärte: „Das Trainerteam der ersten Herren hatte zwei Konzepte entwickelt, um die Abgänge in dieser Saison zu kompensieren: Zum einen war geplant, gemeinsam mit Thomas Engel einen Großteil des Kaders aus der A-Jugend in die Herren hochzuziehen. Zum anderen führten wir Gespräche mit einem externen Trainer, der zwar kein Traineramt mehr wollte, jedoch Interesse hatte, als Spielerscout in Grönau tätig zu werden und uns bis zur neuen Saison noch einige externe Spieler zu vermitteln. Von diesen Ideen war der Vorstand jedoch nicht überzeugt.“

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Co-Trainer kritisiert Vorstand

„Unmittelbar danach wurde uns das Konzept vorgelegt, welches mittlerweile den meisten bekannt ist und das zuvor bereits seit einiger Zeit hinter unserem Rücken ausgearbeitet worden war. Auch davor wurde uns schon mehrmals vom Vorstand nahegelegt, ob wir uns das überhaupt noch antun wollen. Es wurde also versucht, alles in die Richtung zu lenken, dass wir freiwillig gehen oder es zumindest so aussieht. Nachdem der Vorstand von unseren Vorschlägen nicht überzeugt war, hatten wir die Wahl: freiwillig zu gehen oder rausgeworfen zu werden“, so der Co-Trainer.

„Eine schallende Ohrfeige“

Gohr ließ seinen ganzen Unmut raus und meinte: „Die Wortwahl und der Inhalt dieses Konzepts waren nicht nur für uns, sondern für jeden einzelnen Spieler unserer Mannschaft eine schallende Ohrfeige. Traurig ist, dass bis zum heutigen Tag weder jemand vom Vorstand noch von der dritten Herren ein klärendes Gespräch mit uns gesucht hat. Hätte man dies von Anfang an gemacht, hätten wir niemals jemandem im Weg gestanden und wären jeden Weg mit dem Verein mitgegangen – auch wenn dies bedeutet hätte, dass wir nicht mehr als Trainer der ersten Herren tätig gewesen wären. Uns ging es immer um den Verein und die Mannschaft.“

„Aufs Äußerste enttäuscht“

Und er zeigte sich getroffen: „Die Art und Weise, wie dies nun ohne vernünftige Gespräche hinter unserem Rücken abgelaufen ist, hat uns und die Spieler aufs Äußerste enttäuscht und schockiert. Obwohl wir der gesamten Mannschaft nahegelegt haben, in Grönau zu bleiben, hat sich die Mannschaft entschlossen, nahezu geschlossen den Verein zu verlassen. Dies betrifft sogar langjährige Mitglieder, die niemals vorhatten, diesen Verein zu verlassen.“

Mehr als 300 Jahre weg

Der Co-Trainer sagte: „Und es geht sogar noch weiter. Auch die Trainer und viele Spieler der zweiten Herren verlassen den Verein. Eine Trainerin aus der Handballabteilung war von der Vorgehensweise und der Entwicklung im Verein so schockiert, dass sie, obwohl sie sogar noch länger im Verein ist als ich, komplett mit der Jugendmannschaft, die sie trainiert, den Verein verlassen hat. Die fast 200 Jahre Vereinsmitgliedschaft, die jetzt verloren gehen, betreffen nur die erste Herren. Wenn man die Abgänge hinzurechnet, die als Folge dieser unsportlichen Kommunikation den Verein verlassen, kommen sicher noch einmal mehr als 100 Jahre Mitgliedschaft dazu.“

„Viel positiven Zuspruch bekommen“

„Diese große Welle der Solidarität haben wir nicht nur aus unserer eigenen Mannschaft und anderen Mannschaften des Vereins erfahren, sondern auch von vielen externen Personen. Sowohl Spieler als auch Trainer anderer Vereine haben uns in den vergangenen Wochen immer wieder fassungslos darauf angesprochen, was eigentlich gerade in unserem Verein passiert. Auch wenn sie alle ähnlich erschüttert wie wir waren, haben wir von jedem Einzelnen sehr viel positiven Zuspruch bekommen und richten unsere Blicke jetzt auf die Zukunft“, so Gohr.

Dank vom 18-Jahre-Mann

Der Co-Trainer vergaß aber auch nicht das Wichtigste: „Abschließend möchte ich mich ganz besonders bei Henning und der gesamten Mannschaft – vor allem bei den langjährigen Spielern – für die wunderbare gemeinsame Zeit bedanken. Was wir menschlich miteinander erlebt und geteilt haben, war etwas ganz Besonderes, und ich bin dankbar für jeden einzelnen Moment, den wir zusammen auf und neben dem Platz verbringen durften.“

Dennis Gohr und Henning Meins vor ihrem letzten Spiel in Groß Grönau.

Neue Zeit am Torfmoor mit Träumen

Das muss man erst einmal alles sacken lassen. In der neuen Saison wird sich die Grönauer Eintracht neu finden müssen. Philip Polzin übernimmt mit seiner dritten Mannschaft den Platz in der Verbandsliga. Das junge Team hat Potenzial, wenn es zusammenbleibt und steht am kommenden Wochenende im Final4 des SHFV-Meistercups. Dort geht es nach der zweiten Meisterschaft in Folge sowie dem Pokalsieg in dieser Saison um den vierten Titel. Auch ein Novum am Torfmoor. Danach wird sich zeigen, ob das Konzept des Vereins aufgeht, drei Klassen mit einem Team zu überspringen. Die Vorgänger Meins mit der Liga-Mannschaft sowie Claus Polster mit der Reserve in der Kreisliga haben ihre Saisonziele erreicht. Ab der kommenden Woche liegen diese in neuen Händen. Man träumt vor allem vom Aufstieg in die Landesliga.

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Bildquellen

  • Meins: Lobeca/Niklas Runne
  • Gohr: Lobeca
  • Meins, Gohr: Lobeca
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