Bei Holstein sollte es eigentlich gute Laune geben, doch der Kieler „Fisch stinkt gewaltig“

Fans wollen keine Werbebande

Fans von Holstein Kiel. Foto: Lobeca/Patrick Lage

Kiel – Der Start in die neue Saison der 2. Bundesliga gelang Holstein Kiel am vergangenen Wochenende. Für das Team von Marcel Rapp gab es einen 1:0 (0:0)-Erfolg bei Eintracht Braunschweig und es hätte nicht spannender sein können, denn erst in der Nachspielzeit traf Holmbert Fridjönsson zum Sieg.

Last Minute-Sieg im Löwen-Gehege

Die Kieler profitierten von einer Gelb-Roten Karte gegen Braunschweigs Kurucay in der 51. Minute wegen Foulspiel. Die Gäste legten dann den Schalter um und drangen auf den Dreier. Fast wäre die Begegnung doch noch unentschieden ausgegangen, doch ein geforderter Elfmeterpfiff der Löwen blieb aus. Kiels Johansson kollidierte mit Dercarli in der 98. Minute.  

„Gelb-Rote Karte hat das Spiel dann komplett verändert“

Rapp sagte danach: „Braunschweig hat uns in viele Zweikämpfe verwickelt, in denen uns anfangs die nötige Intensität fehlte. Wir haben es dann Stück für Stück besser gemacht und die Gelb-Rote Karte hat das Spiel dann komplett verändert.“

Wieder Ärger mit den Fans

Jetzt wollen die “Störche“ zuhause nachlegen, doch die eigenen Anhänger stehen wieder einmal auf Kriegsfuß mit der Vereinsführung. Der Grund ist diesmal eine digitale Werbebande, die direkt in der Mitte der Westtribüne – dort wo die aktive Kieler Fan-Szene im Holstein-Stadion sich aufhält – ihren neuen Platz gefunden hat. Die “Block 501“-Zaunfahne kann damit nicht mehr an ihrem traditionellen Platz hängen und Chorographien sieht die Anhängerschaft ebenfalls als sinnlos an. Schon im Oktober des vergangenen Jahres gab es Streit zwischen Fans und Verein. Bei Heim- und Auswärtsspielen gab es kurzzeitig keinen Support, Danach einigte man sich, doch nun ist man schon wieder weit auseinander.

Spitzenreiter kommt ins Holstein-Stadion

Ob es wieder zu einem Boykott kommt? Am Sonnabend kommt Tabellenführer Greuther Fürth an die Förde. Um 13 Uhr ist Anpfiff. Die Fans werden sich mit großer Wahrscheinlichkeit zu äußern wissen. Während sich der Verein noch nicht öffentlich dazu äußerte, gab es vom Fandachverband “Block 501“ einen offenen Brief. Hier die komplette Fassung:

Öffentlicher Brief

Moin Holsteinfans, Beobachter und Unterstützer der aktiven Fanszene, sehr geehrter Vorstand der Kieler Sportvereinigung Holstein von 1900 e.V..

Mit diesem öffentlichen Brief möchten wir, der Fandachverband „Block 501“, uns als die Fangemeinschaft vertretendes Organ an euch und Sie wenden. Wir möchten mit diesem öffentlichen Schreiben der Reputation und dem öffentlichen Ansehen von Holstein Kiel als Breitensportverein in keiner Weise Schaden zufügen. Wir sehen uns jedoch, aufgrund des Vorgehens der Vereinsführung, vertreten durch Herrn Steffen Schneekloth und Herrn Wolfang Schwenke, dazu gezwungen, den Weg in die Öffentlichkeit zu wagen und diesen Umstand zu riskieren.

Was ist passiert?

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Bereits in der letzten Saison gab es einen öffentlichen Streit zwischen der aktiven Fanszene und der Vereinsführung, herbei geführt durch das Einsetzen von pyrotechnischen Gegenständen im Heimspiel gegen den Hamburger Sportverein. Dies nahm der Verein zum Anlass um jegliche Infrastruktur der Fanszene, insbesondere der Ultragruppierungen „Compagno Ultras“ und „New Connection Ultras“ einseitig zu entziehen. Es kam daraufhin im Laufe der Saison erneut zu Streitigkeiten. Auslöser diesmal eine zentrale Werbebande vor der Westtribüne, welche Zaunfahnenplätze im Herzen des Fanblocks stark limitierte und infolgedessen von der „Block 501“ Zaunfahne überhängt wurde.

Der Status Quo:

Aktuell ist das Verhältnis zwischen der aktiven Fanszene und dem Verein erneut auf einem Tiefpunkt. Dies liegt zum wiederholten Male am rücksichtslosen Vorgehen der Vereinsführung, denen die Einnahmen durch eine einzige Werbebande wichtiger sind, als die bunte, kreative und einzigartige Arbeit der eigenen Fans, die durch ihr Engagement in Choreos, sowie optischer und akustischer Unterstützung des Vereins einen Stadionbesuch im Holstein-Stadion erst zu einem einzigartigen Erlebnis machen. Der Verein hat uns darüber in Kenntnis gesetzt, zur kommenden Saison eine Konstruktion hinter dem Tor aufzubauen, um eine weitere elektronische Werbebande vor den Blöcken I und H zu installieren. Diese würde Choreos im Holstein-Stadion sinnlos machen, denn ein dazugehöriger Spruch, welcher am Zaun vor dem Block positioniert wird, wäre dann durch die Werbebande überdeckt und vom Feld aus unlesbar. Eine Motivation der Mannschaft, die eines der Hauptziele einer solchen Choreo ist, ist nun nicht mehr möglich. Ein Gesprächstermin zu dieser Thematik war gesetzt, jedoch wurde dieser kurzfristig und aus fadenscheinigen Gründen seitens der Vereinsführung abgesagt. Unter einer Zusammenarbeit im Sinne des Wortes stellen wir uns etwas anderes vor.

Wieso ist der Status Quo nicht hinnehmbar?

Um diese Frage zu beantworten und um der Öffentlichkeit ein besseres Verständnis zu ermöglichen, muss ein wenig ausgeholt werden: Ein wichtiger Teil der Fankultur im Allgemeinen und der Ultrakultur im speziellen sind sogenannte Zaunfahnen. In Kiel gibt es, ebenso wie in der ganzen Bundesrepublik, eine Vielzahl eben dieser Fahnen. Zaunfahnen sind auf der einen Seite ein optisches Stilmittel und schmücken durch verschiedene Designs, Größen und Inhalte die Zäune oder Betonwände am Spielfeldrand, dienen aber vor allem als Identifikationsmerkmal der Fans. Es erfüllt einen mit Stolz, wenn der eigene Gruppenname, in den verschiedensten Stadien Deutschlands vertreten und optisch sichtbar ist, man drückt mit diesen Fahnen die Zugehörigkeit zum Verein aus und symbolisiert die Vereinsliebe. In einem durchkommerzialisierten Stadion sind die Fahnen oft der einzige sichtbare Beitrag. Diese heben Fans von einer gesichtslosen, austauschbaren und zahlenden Masse ab und geben ihnen eine sichtbare Identifikationsmöglichkeit und Persönlichkeit. Durch die neue Konstruktion vor den Blöcken I und H ist es nun unmöglich die Zaunfahne des „Block 501“ vom Spielfeld aus zu sehen. Die Fahne repräsentiert aber alle Fans der Kieler Sportvereinigung und ist ein Symbol für Zusammenarbeit, Partizipation und Gemeinschaft von Menschen, die sich für die Stadt Kiel, den Verein und den Sport Fußball begeistern. Ferner werden Choreografien, wie bereits erwähnt, unmöglich gemacht.

Uns ist selbstverständlich klar, dass der Verein auf Werbeeinnahmen angewiesen ist und im modernen Profifußball ein enormer Kommerzialisierungsdruck herrscht. Es geht uns auch nicht darum nur zu kritisieren und ein werbefreies Stadion zu fordern, da sind wir realistisch. Wir appellieren daher an die Vereinsführung, dass die 22 Meter hinter dem Tor, zwischen den Blöcken I und H als Freiraum der Fans anerkannt werden und werbefrei bleiben. Die neue elektronische Werbebandenkonstruktion muss entfernt werden. Dies würde beiden Parteien, also Fans und Vereinsführung, eine erneute Annäherung ermöglichen und das Ausleben von Fankultur im Holstein-Stadion nicht nur deutlich erleichtern, sondern teilweise erst wieder möglich machen. Als Positivbeispiele in ganz Deutschland kann man Vereine wie die SG Dynamo Dresden, den 1.FC Nürnberg, den SV Werder Bremen, die SpVgg Fürth und den deutschen Fußballprimus FC Bayern München heranziehen. All diese Vereine haben einen Fanblock, welcher werbefrei ist. Wir hoffen ein Verständnis geschaffen zu haben und hoffen auf ein Einlenken der Vereinsführung, denn dieser Fisch stinkt gewaltig!

Mit sportlichen Grüßen,

Die als Block 501 organisierten Fangruppen.

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