Blau-weiß-schwarze Nacht in Hamburg: HSV gewinnt Derby-Festival gegen FC St. Pauli

Rothosen besiegen Kiezkicker mit 4:3

Die Spieler bedanken sich bei den Fans und freuen sich über den Sieg. Foto: Lobeca/Felix Schlikis

Hamburg – Revanche geglückt, Verfolger abgeschüttelt und sieben Tore im Volksparkstadion. Der Hamburger SV besiegte am Freitagabend vor 56.400 Zuschauern den Stadtrivalen FC St. Pauli in der 2. Bundesliga und steht mindestens erst einmal wieder bis Sonntag auf Platz zwei in der Tabelle. Darmstadt 98 gewann zeitgleich gegen Karlsruher SC liegt fünf Spieltage vor dem Saisonende mit fünf Punkten vor dem HSV. Der Vorsprung der Rothosen auf die Braun-Weißen beträgt neun Zähler. Die Gewinner verrieten nach dem Dreier, dass es abends noch „vor die Tür“ gehen sollte. Verantwortlich für das Auswählen der Partylocation soll Robert “Bobby“ Glatzel im Team sein, doch auch „Tom Mickel kennt sich gut aus“, ließ Kapitän Sebastian Schonlau durchblicken. Wo es hinging, blieb jedoch offen. Um 10.30 Uhr bittet Trainer Walter wieder zum Training.

Endstand 4:3 für den HSV gegen St. Pauli im 109. Stadtderby. Foto: Lobeca/Norbert Gettschat

Die 1. Halbzeit: David-Hammer hält HSV im Spiel

Angetrieben von der Stimmung der eigenen Fans waren die Hausherren von der ersten Minute an da, machten viel Druck und kamen durch Kittel (16.) zur ersten eigenen großen Chance (aus spitzem Winkel knapp am linken Pfosten vorbei). Fünf Minuten zuvor fälschte HSV-Kapitän Schonlau einen Schuss von Afolayan ans Außennetz. Die Kiezkicker kamen danach besser ins Spiel und machten es dem Gegner durch ihre einfache Spielweise zunehmend schwerer. Fast hätte Afolayan (17.) sogar richtig jubeln dürfen, doch sein Treffer wurde aufgrund eines Armwischers an Muheims Kopf aberkannt. Danach war es ein guter Schlagabtausch, allerdings ohne echte Chancen auf beiden Seiten. Die Gästeführung in der 36. Minute durch Manolis Salikas war nicht unverdient. HSV-Torwart Heuer Fernandes sah dabei nicht sonderlich gut aus, denn der Schuss ins kurze Eck war möglicherweise nicht unhaltbar. Zwei Minuten vor dem Seitenwechsel sah Schonlau nur die Gelbe Karte, als er als letzter Mann Daschner von den Beinen holt. Der St. Paulianer legte sich die Kugel dabei allerdings zu weit vor und wäre vermutlich nicht mehr rangekommen, dennoch etwas Glück für den Kapitän der Gastgeber. Jonas David (44.) glich danach mit einem Schuss aus 18 Metern in den Winkel zum 1:1-Pausenstand aus.

Miro Muheim (Hamburger SV) gegen Oladapo Afolayan (FC St. Pauli). Foto: Lobeca/Felix Schlikis

Nach der Pause: Hamburger Teams in Torlaune

Sechs Minuten Verspätung gab es, denn erst vernebelte die Nordtribüne das Stadion in blau-weiß-schwarz. Als sich der Rauch verzog zündeten die Gäste-Anhänger Pyro. Den besseren Start in den zweiten Durchgang hatte der HSV. Schonlaus Flanke ging an Mets vorbei direkt zu Bakery Jatta (48.), der den Ball unter die Latte ins Netz zum 2:1 reinhämmerte. Dabei traf Paqarada den Flügelflitzer so schwer, dass der später ausgewechselt werden musste. Kalte Dusche für St. Pauli nur vier Minuten später. Moritz Heyer fiel ein Abpraller von Vasilj direkt vor die Füße, schoss aus sechs Metern zum 3:1 ein. Der Video-Schiri schaute noch einmal auf die Szene, denn Reis, der involviert war, soll im Abseits gestanden haben. Dem war nicht so und der Treffer zählte. Beim FC St. Pauli kam Saad (ehemals Eintracht Norderstedt) in die Partie und hatte direkt seine erste Vorlage auf Metcalfe (62.). Dessen Flachschuss ging knapp am linken Pfosten vorbei. Der Australier in Diensten am Millerntor leitete sechs Minuten später das nächste dicke Ding ein, doch Paqarada scheiterte an Heuer Fernandes. St. Pauli machte weiter und wurde belohnt. Elias Saad (71.) tauchte alleine vor dem Tor auf und versenkte den Ball im unteren linken Eck zum 2:3 aus Sicht der Gäste. Und wieder schaute der Video-Schiri darauf, hatte allerdings nichts zu bemängeln. Es war ein Spiel auf Messers Schneide, denn Smith (75.) verpasste den Ausgleich nur um Haaresbreite. Dann vielleicht der Genickbrecher für die Braun-Weißen: Jakov Medic (78.) rutschte in eine Flanke und bugsierte sich ins eigene Netz – 4:2 für den HSV. Verrückt: Nur zwei Minuten später klingelte es auf der anderen Seite. Jetzt trug sich Jackson Irvine mit dem 3:4-Anschlusstreffer in die Statistik ein. Der 1,89 Meter große Mittelfeldspieler köpfte eine Hartel-Ecke ins Netz. St. Pauli versuchte noch mal alles, doch das kampfbetonte, aber faire Spiel hinterließ Spuren bei beiden Mannschaften. Tore fielen nicht mehr und der Hamburger SV gewann ein tolles Fußballspiel nach 96 Minuten mit 4:3.

Der Ball ist im Tor! Bakery Jatta schießt den HSV zum 2:1. St. Paulis Leart Paqarada trifft ihn dabei und Torwart Nikola Vasilj kann nur zuschauen. Foto: Lobeca/Felix Schlikis

Das Fazit: Werbung für beide Clubs

So wünscht man sich jedes Spiel: Kampf, Leidenschaft, viele Tore und eine Menge Emotionen. Am Ende hatte der HSV vielleicht das Quäntchen Glück auf seiner Seite. Bei einem 4:3 kann man nicht von einem verdienten Sieg sprechen und schon gar nicht bei einem 3:4 von einer verdienten Niederlage. Es war absolut fair (nur sieben Gelbe Karten) und es hatte wirklich alles, was man sich als neutraler Zuschauer wünscht. Guckt man auf die Statistik hatte der FC St. Pauli mit 16:11 mehr Torschüsse, 50 Prozent Ballbesitz hatten beide. Der HSV machte mehr Kilometer (115:109) und so wie bei den Ecken (3:3) waren viele Punkte absolut ausgeglichen. Beim HSV gefiel mir vor allem das Gesicht, was man in Kaiserslautern oder Düsseldorf vermisste. Da wurde um jeden Zentimeter gekämpft. Ein wieder starker Sonny Kittel und ein unkaputtbarer Bakery Jatrta (naja fast) waren die auffälligsten Rothosen. Bei den Braun-Weißen war Torschütze Manolis Salikas stärkster Mann auf dem Platz, nicht nur wegen des Führungstreffers. Am Ende hätten sich beide den Sieg verdient gehabt.

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Sonny Kittel (HSV) lässt Leart Paqarada (FC St. Pauli, links) einfach stehen. Foto: Lobeca/Norbert Gettschat

Die Stimmen nach dem Spiel

Tim Walter (HSV): „Die ersten 15 Minuten waren wir richtig gut drin. Wir haben die Stimmung der Zuschauer mitgenommen. Durch das Gegentor sind wir ins Schlingern geraten. Jonas hat mit einem goldenen Moment den Dosenöffner geliefert. Diese Energie haben wir mit in die zweite Hälfte genommen. Wir haben versucht, sofort Druck auf den Gegner zu machen und die Ränge mitzunehmen. Die Zuschauer haben uns alles gegeben, sie waren großartig heute. Die Stimmung passte zum Spiel. Die Gegentore hätten wir besser wegverteidigen können, aber wir sind immer zurückgekommen. Ich bin stolz auf meine Mannschaft und ebenso auf unsere Fans. Sie waren grandios.“

Fabian Hürzeler (St. Pauli): „Die Zuschauer haben ein super Spiel gesehen. Ich mache es kurz: Wir dürfen nicht so viele Gegentore bekommen. Ich werde die Niederlage nicht schönreden. Fakt ist, dass vier Gegentore zu viel sind, um hier beim HSV etwas zu holen. Wir haben es nicht geschafft, die Dynamik des HSV nach dem 2:1 zu stoppen. Das 3:1 war der Genickbruch, danach haben wir eine Reaktion gezeigt. Dem HSV Glückwunsch zum Derbysieg und alles Gute.“

Jubel, Begeisterung, HSV-Trainer Tim Walter ist vor Freude aus dem Häuschen. Foto: Lobeca/Felix Schlikis

Polizei: Sechs verletzte Beamte

Vor, während und nach dem Spiel blieb es in Stadionnähe ruhig. Die Polizei meldete erst am späten Abend erst Auseinandersetzungen. So heißt es in einer Pressemitteilung kurz nach Mitternacht: Im Bereich der Simon-von-Utrecht-Straße (St. Pauli) suchten Fans der gegenseitigen Lager eine direkte Konfrontation. Einsatzkräfte stoppten die Gruppierungen unter Zuhilfenahme von Pfefferspray und nahmen mehrere Personen in Gewahrsam. Im Rahmen des heutigen Einsatzes wurden mehrere Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen vereinzelter Körperverletzungsdelikte sowie des Abbrennens von Pyrotechnik, eingeleitet. Insgesamt sechs Polizisten erlitten leichte Verletzungen. Im Zusammenhang mit Straftaten stellten die Einsatzkräfte die Personalien von vier Tatverdächtigen fest. Die dahingehend eingeleiteten Ermittlungen werden nun durch das jeweils zuständige Landeskriminalamt geführt.

Der 29. Spieltag (21. – 23.4.2023)

Hamburg – St. Pauli 4:3
Darmstadt – Karlsruhe 2:1
Bielefeld – Hannover (Sa., 13 Uhr)
Nürnberg – Düsseldorf
Rostock – Fürth
Braunschweig – Magdeburg (20.30 Uhr)
Heidenheim – Kiel (So., 13.30 Uhr)
Sandhausen – Paderborn
Regensburg – Kaiserslautern

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