
Es läuft die 31. Minute, ganz Köln ist in Ekstase und ein Hauch Pokalmagie schwebt über dem Rhein-Energie-Stadion – bis fünf Minuten später plötzlich Luis Diaz (36.) frei vor dem Tor steht und zum 1:1 trifft. Zum Glück für den Effzeh stand er dabei einen guten Meter im Abseits, oder doch nicht? Das Schiedsrichterteam sah es jedenfalls nicht und gab den Treffer – zu Unrecht. Aber es gibt ja noch den Videobeweis, oder doch nicht? Nein, in der zweiten Runde des DFB-Pokals kommt dieser nicht zum Einsatz. Doch diese Szene war nur der Abschluss einer Spielrunde voller fragwürdiger Entscheidungen…
Fragwürdige Entscheidungen en masse
Beginnen wir am Dienstagabend mit dem Spiel zwischen Heidenheim und dem HSV. Nach 80 Minuten geht Fabio Vieira im gegnerischen Strafraum zu Boden und der Unparteiische zeigt auf den Punkt. Die Wiederholung offenbart, dass, wenn überhaupt, ein leichter Kontakt vorliegt, der nicht wirklich strafstoßwürdig ist. Die Konsequenz: Die Hamburger verwandeln und schießen die Hausherren aus dem Wettbewerb.
Nächstes Spiel: Hertha BSC – SV Elversberg. Beim Spielstand von 1:0 bringt Diego Demme (20.) den Ball im Sechzehner aktiv und klar erkennbar mit dem Arm aufs eigene Gehäuse. Torwart Ernst entschärft, ein Elfmeterpfiff bleibt aus. Die Konsequenz: Elversberg kommt nicht zum Ausgleich und verliert am Ende mit 0:3.
Weiter geht es beim Pokal-Kracher zwischen Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund: Die Adlerträger führen mit 1:0, ehe Julian Brandt (48.) für die Gäste zum Ausgleich trifft. Doch im Replay ist zu erkennen, dass Beier im Vorfeld der Aktion strafbar im Abseits steht. Die Offiziellen sehen dies nicht, einen VAR gibt es nicht. Die Konsequenz: Das Spiel geht in die Verlängerung und ins Elfmeterschießen, wo Frankfurt schließlich den Kürzeren zieht.
Zum Abschluss des Dienstags: Der FC St. Pauli empfängt die TSG Hoffenheim. Das Spiel geht in die Verlängerung, in der Sands mit angelegtem Arm eine Flanke blockt. Dennoch gibt es Handelfmeter für die TSG. Wichtig zu erwähnen: Auch die Gäste blockten kurz vor Ablauf der regulären Spielzeit in Person von Burger (83.) einen Schuss mit angelegtem Arm. Trotz völlig ähnlicher Situation hat es hier keinen Strafstoß gegeben. Die Konsequenz: In diesem Fall rettet sich St. Pauli noch ins Elfmeterschießen und kommt eine Runde weiter.
Braucht man den Videobeweis?
All diese äußerst strittigen Entscheidungen lassen die Frage aufwerfen: Braucht man den Videobeweis? Das haben wir euch auf Instagram gefragt. Von 145 Abstimmenden reagierten 90 Personen (62 Prozent) mit „Ja“, gut ein Drittel (55 Personen) stimmten für „Nein“. Ein Abstimmungsergebnis, was durchaus nachvollziehbar ist, denn natürlich gibt es Vorteile, aber auch Schattenseiten des VARs.
Fehler KÖNNEN vermieden werden
Für den Videobeweis spricht, dass er bei jenen genannten Situationen eingreifen und Fehler des Schiedsrichtergespanns korrigieren kann oder die Möglichkeit hat, sie zum Monitor zu bitten, um es sich selber noch einmal anzuschauen. Somit wäre sicherlich auch der Ausgleich der Bayern zurückgenommen worden sowie wahrscheinlich auch Einige andere Entscheidungen – doch genau da setzt ein zentrales Problem an: Ist es wahrscheinlich, dass die Entscheidungen durch den VAR korrigiert worden wären? Ja. Ist es sicher, dass die Entscheidungen durch den VAR korrigiert worden wären? Nein.
Wann und wie?
Ich bin durchaus ein Befürworter des Videobeweises, es kommt aber immer auf das „wie“ an. Wann darf der VAR überhaupt eingreifen? Was ist denn die nach Regel definierte „klare Fehlentscheidung“, die vorliegen muss? Eine weitere Regel, die sich mir überhaupt nicht erschließt: Warum darf er bei einer potenziellen Roten Karte eingreifen, bei einer Gelb-Roten aber nicht? Faktisch geht es um die gleiche Konsequenz: Ein Platzverweis, der sehr spielentscheidend sein kann.
Millimeter im Abseits
Am hilfreichsten finde ich den Videobeweis noch bei der Abseitsüberprüfung, denn hier kann die Position der Spielers sehr genau bestimmt werden. Doch auch hier ist die Technologie nicht fehlerfrei und es stellt sich die Frage: Ist eine Zehlänge Abseits überhaupt noch im Sinne des Sports? Man würde solch eine Situation wohl lieber unter dem Stichwort „gleiche Höhe“ durchlaufen lassen, aber dann müsste man wiederum hinterfragen, wo man da die Grenze zieht. Ohne Eingriff von Außen werden wir aber mit eben beschriebener Szene aus dem Spiel Köln gegen Bayern konfrontiert.
Es dauert zu lange
Schließlich ist ein weiterer großer Kritikpunkt die Dauer der Überprüfung. Beim Duell zwischen Union Berlin und dem SC Freiburg am gestrigen Sonnabend dauerte es fast fünf Minuten, um einen Unioner letztlich doch nicht zu geben Am heutigen Sonntag in Köln war es eine ähnliche Zeitspanne, bis ein Tor des HSV zurückgenommen wurde. Für die Fans sind solche Fälle absoluter Horror.
Fazit
Meiner Meinung nach sollte es den Videobeweis auch in Zukunft und mindestens ab der zweiten Runde im DFB-Pokal geben, da es auf einem solch hohen Niveau um zu viel geht, als dass man Fehlentscheidungen wie in der Kreisliga einfach dulden könnte. Klar ist aber auch: Aktuell ist die externe Hilfe keinesfalls ausgereift. Die Dauer der Entscheidungen muss deutlich gesenkt werden und auch die Fehlerquote weiter eingeschränkt werden, wobei da festzuhalten ist: Diskussionen um gewisse Entscheidungen wird es immer geben, ganz wichtig ist jedoch: Sie müssen nachvollziehbar sein.
Was ist für dich echter HL-SPORTS-Content?
- Region, Region, Region (56%, 67 Votes)
- Knallharte Fakten (11%, 13 Votes)
- Emotion pur (8%, 10 Votes)
- Klare Meinung (8%, 10 Votes)
- Alles viel zu weichgespült (8%, 9 Votes)
- ist mir egal (7%, 8 Votes)
- keine Ahnung (2%, 2 Votes)
Total Voters: 119
Bildquellen
- VAR: Lobeca/Michael Freitag
Gefällt Dir unsere journalistische Arbeit?
Dann unterstütze uns hier mit einem kleinen Beitrag. Danke.







