Denk ich an Deutschland in der Nacht

WM-Kolumne „Mein Ka-Tag“ von Wolfgang Stephan

Es ist das Festival der guten Laune, ja tatsächlich, die gibt es in Doha. Das Fifa-Fan-Festival ist der Anlaufpunkt für Fußball-Touristen aus aller Welt, wenn sie nicht gerade in einem Stadion sind. Bis zu 40 000 Menschen können bei freiem Eintritt auf das großflächige Festivalgelände direkt am Persischen Golfs kommen, das mit vielen Unterhaltungselementen lockt. In zweiter Linie mit einer Riesenleinwand, auf der alle Spiele übertragen werden. Dazwischen gibt es Live-Musik, mit grandiosen Bands und Musikstars wie Nora Fatehi, eine bekannte arabischen Künstlerin, die mit ihrem Hit „Dilbar“ eine Milliarde Menschen auf YouTube erreichte.

Eigene Bauten der Sponsoren, wie Adidas, Qatar Airways oder Hyundai bieten Unterhaltungsprogramme an, wer E-Sports auf neuestem Level erleben will, hat seine helle Freude. Natürlich gibt es auch Torwandschießen – digital mit virtuellem Ball. Den Vergleich mit dem Fan-Fest 2006 vor dem Brandenburger Tor oder 2014 an der Copacabana in Rio hält dieser Ort des Fußball-Mekkas nicht stand – alles viel größer, opulenter und vor allem geregelter. Überall stehen Gitter, die die Massen so führen sollen, dass kein Gedränge entsteht. Arbeitskräfte sind billig in Katar und so steht gefühlt alle fünf Meter ein freundlicher Helfer, der sagt, wo es langgeht.

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Je später der Abend, desto besser die Stimmung. Beim Spiel der Portugiesen gegen Ghana wurde nach dem 1:0 getanzt, gejubelt und getrunken. Das ist nämlich die Hauptattraktion dieses Events und zumindest für die Europäer der erste Grund, das Festival zu besuchen. Es gibt echtes Bier. So richtig mit Umdrehungen. Für Fans außerhalb der Luxushotels eine absolute Rarität. Drei Stunden lang wird ab 18.30 Uhr ausgeschenkt, die Schlange vor den Getränkeständen sind lang und werden immer länger. Vier Becher pro Person sind erlaubt. „Einer von uns stellt sich immer wieder gleich in die Schlange, alles super“, erklärt mir ein seelig lächelnder Mitfünfziger mit der Stammesformel „Heinrich, der Standhafte“ auf dem Shirt den Kniff zum Glück. 50 katarische Ryal kostet ein halber Liter – umgerechnet 13,20 Euro. Luxus ist mitunter ein teures Gut und mitunter auch gesund.

Wie schrieb schon sein Namensvetter Heinrich 1829 im Reisebericht von München nach Genua: „Außerdem trank ich viel Bier, weil man mir versicherte, das gäbe leichtes Blut“. Der hieß mit Nachname Heine.

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