Derbysieger HSV feiert in Werders Wohnzimmer

Blitztor von Glatzel nach 80 Sekunden

Moritz Heyer (HSV). Archiv-Foto: Lobeca/Michael Schwarz

Bremen – Dreieinhalb Jahre ist es her, dass Werder Bremen und der Hamburger SV das letzte Mal aufeinandertrafen, damals noch in der Bundesliga. Nun war es wieder so weit, doch nur in der 2. Liga. Der HSV siegte dabei mit 2:0 (2:0) im Weserstadion. Die Gäste-Anhänger feierten zusammen mit der Mannschaft nach 96 Minuten Nordderby pur und sagen „oh, wie ist das schön…“.

Die 1. Halbzeit: Glatzel stellt Rekord auf

Die 21.000 Zuschauer im Bremer Weserstadion waren noch nicht ganz auf ihren Plätzen angekommen, da jubelten bereits die Gäste. Heyer hob das Leder in die Strafraummitte, wo Glatzel am Fünfmeterraum über Werder-Keeper Zetterer ins lange Eck zur Führung köpfte. 80 Sekunden waren da erst rum. Bremens Kapitän Groß hatte damit vermutlich einige Probleme, denn er holte sich in der 5. Minute schon die Gelbe Karte ab, als er den HSV-Torschützen foulte. Auch die Kollegen gingen hart zur Sache. Es war Feuer in der Partie und das zeigte sich in der 31. Minute als Groß nach einem harten Einsteigen gegen Hamburgs Torwart Heuer Fernandes Gelb-Rot sah. Fünf Minuten später gab es ein Laufduell zwischen HSV-Kapitän und Ducksch im Gäste-Strafraum. Der Bremer fiel, doch Schiedsrichter Stegemann sah kein Foul, auch der Video-Assistent griff nicht ein. Einen Kontakt gab es, doch ob der für einen Elfmeter reichen sollte…? Es ging weiter: Heyer und Weiser prallten zusammen – Freistoß kurz vor der Strafraumgrenze für die Hausherren. Ducksch guckte sich die Ecke aus und traf. Jubel beim SVW, doch Stegemann sagte nein. Warum? Weiser hatte sich in die Hamburger Mauer gestellt, was er nicht durfte. Der Treffer zählte nicht. Nun kochte das Weserstadion. Die nächste Backpfeife für die Grün-Weißen gab es in der Nachspielzeit kurz vor der Pause. Eine Jatta-Flanke versenkte Heyer per Kopf zum 2:0 im Bremer Kasten.   

Nach der Pause: Werder verballert alles vor dem Tor

Der zweite Durchgang hatte es ebenfalls in sich. Schonlau (sah schon in der 26. Minute die Gelbe Karte) blieb bei einem gegnerischen Angriff stehen und ließ Schmid auflaufen. Stegemann zeigte dem HSV-Kapitän auch in die Ampelkarte. Mit zehn gegen zehn ging es weiter und die Bremer machten mächtig Druck. Bei einem Konter scheiterte Jatta (61.) nach Kittel-Pass an Zetterer. Das wäre es gewesen. Kuriose Szene bei einem Werder-Wechsel. Assale durfte nicht rein, weil er vermutlich eine grüne Radlerhose unter der weißen Hose anhatte. Der Stürmer zog sie schnell aus und durfte rein. Nur Sekunden später sah der neue Mann bei den Grün-Weißen gelb für ein Foul an Gyamerah. Die letzte Viertelstunde gehörte den Bremern. Der eingewechselte Füllkrug (75.) hatte Heuer Fernandes schon ausgetanzt und schoss, statt zu Ducksch in der Mitte abzugeben – drüber. Zwei Minuten später scheiterte er am HSV-Keeper, als Leibold vorher wegrutschte. Drei Minuten vor dem regulären Ende hatte der 28-Jährige noch einmal die Chance auf den Anschlusstreffer, doch es wurde wieder nichts. In der allerletzten Szene verpasste Veljkovic (96.) noch einmal. Er traf das leere Hamburger Tor nicht. Dann war Schluss. Hamburg feierte, Bremen haderte.

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Das Fazit: Taktik besiegt wild – keine Gewalt

Das frühe Tor gab dem HSV die Sicherheit. Das riskante Torwartspiel ging dieses Mal gut, weil Werder es nicht durchschaute. Bremen war zu konfus, Hamburg taktisch exzellent eingestellt. Die knifflige Szene zwischen Ducksch und Schonlau war Glück für die Gäste. Hier hätte man sich nicht beschweren können, wenn es Elfmeter und Platzverweis gegeben hätte. Die Gelb-Rote Karte gegen Groß war glasklar, wobei er mit der Ampelkarte noch gut bedient war. Der zweite Hamburger Treffer war ein weiterer Nackenschlag für die Gastgeber. Nach der Pause war Werder bemüht, hatte viele gute Chancen, doch da fehlte die Abgezocktheit, die der HSV dieses Mal hatte – und auch die Ruhe. Weiser mit dem „Mauerblümchen“ und „Chancentod“ Füllkrug dürfen sich ärgern. Das 2:0 geht in Ordnung, weil die Rothosen effektiv und konstant waren. Hamburg steht nun in der Tabelle vor Bremen. Für die Fans ein wichtiges Ding, denn eine weitere Derbyniederlage hätte die Gemüter lange erhitzen lassen. Walters System hat dieses Mal sehr gut funktioniert. Er bescherte den ersten HSV-Erfolg im Weserstadion nach knapp sechs Jahren. Nach unseren Informationen blieb es auch vor, während und nach dem Spiel ruhig im und um das Stadion. Keine Gewalt.

Die Stimmen nach dem Spiel

Tim Walter (Hamburg): „Bis zur Gelb-Roten Karte, die aus meiner Sicht keine ist, hatten wir alles im Griff. Lange Zeit haben nur wir gespielt, doch der Platzverweis hat unsere unerfahrene Mannschaft dann etwas aus dem Tritt gebracht. Anschließend wurde es ab und zu hektisch und gefährlich, da müssen wir noch cleverer sein. In solchen Situationen sehen wir, in welchen Bereichen wir uns noch entwickeln können. Aber insgesamt bleibt bestehen, dass meine Mannschaft es heute richtig gut gemacht hat, mutig gespielt hat, viele gute Ballpassagen hatte, aber auch ein paar blöde Ballverluste, bei denen es auch klingeln kann. Allerdings: Wenn Baka vorher das 3:0 macht, dann sprechen wir über diese Szenen gar nicht mehr. Deshalb: Es war ein gutes Spiel von meiner Mannschaft und es ist einfach überragend, dass wir den Fans heute etwas zurückgeben konnten, die Mannschaft hat sich gerade darüber riesig gefreut.“

Markus Anfang (Bremen): „Gratulation an den HSV. Wir sind nicht gut ins Spiel gekommen, waren in den ersten 20 bis 25 Minuten nicht gut drin. Wir waren nicht handlungsschnell, hatten anders als in den Vorwochen keinen guten Zugriff beim Pressing. Der HSV macht dann direkt das Tor und war besser. Mit der Gelb-Roten Karte und dem Tor kurz vor dem Pausenpfiff wird es dann ein schweres Spiel für meine Jungs. Zumal der schöne Freistoß nicht zählte, auch wenn wir selbstschuld daran waren. In der zweiten Halbzeit haben wir dann abgeliefert: Der HSV hatte nur eine, wir sechs oder sieben ganz klare Chancen. Wir haben nur auf ein Tor gespielt. Aber wenn du das Tor nicht machst, darfst du dich nicht beschweren oder jammern. Der HSV hat die Tore gemacht. Das müssen wir akzeptieren.“

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