Ein Kommentar von Chefredakteur Roland Kenzo:
Okay, das war er nun, der letzte richtige Testlauf vor dem Saisonstart für die Profi- und einige Amateurclubs. Wir haben diese langen sechs Monate ohne Fußball, mit und ohne Abstand, mit und ohne Zuschauer und mit und ohne Emotionen fast geschafft. Da fallen einige Beispiele heraus, die noch einmal herausragen.
Fünf Titel: mehr geht nicht!
Der SV Todesfelde hat eine bundesweite Aufmerksamkeit bekommen, wie vermutlich selten. Der Dorfclub ist in die Fußstapfen des SV Eichede getreten, hat in der abgelaufenen Saison fünf Titel geholt: Hallenkreismeisterschaft, Hallenmasters, Oberliga-Meisterschaft, Landespokal und zuletzt noch den Kreispokal – mehr geht nicht und sucht derzeit seinesgleichen. Wie sympathisch man trotzdem bleiben kann, hat die SVT-Familie einzigartig unter Beweis gestellt. Da zieht man gerne den Hut und drückt den Segebergern die Daumen, dass sie ihren eingeschlagenen Weg so weitergehen.
Das eigene Kapitel des Lohmühlen-Clubs
Beim VfB Lübeck überwiegt seit Wochen der Stress. Ein Baustein nach dem anderen wurde aufeinandergesetzt. Die Infrastruktur rund um das Stadion wurde profilike hergerichtet, die Mannschaft drittligatauglich gemacht und wie in Todesfelde haben die Grün-Weißen dabei gute Schlagzeilen fabriziert. Fertig ist man noch nicht und am Sonnabend zum Heimspiel gegen Saarbrücken ist sicherlich noch nicht alles fertig, doch es entsteht etwas, was hoffentlich von Dauer sein wird. Der Teppich liegt und das Team muss nun nur noch einen Schritt nach dem anderen auf diesem vorankommen. Und wenn der Ministerpräsident nun noch das umsetzt, was er am vergangenen Freitag ankündigte, dass mehr Fans ins Stadion dürfen, wären sogar mehr Fans dabei, wie bis vor kurzem gedacht. Forza VfB!
Auf einmal war Corona ganz nah
Das Thema Corona bewegt dennoch alles und jeden. Der Breitenfelder SV hat das nach dem VfB Lübeck bereits zu spüren bekommen. Ein Verdachtsfall, der sich glücklicherweise nicht bestätigte, wirbelte das Herzogtum durcheinander. Das Pokalfinale musste kurzfristig verschoben werden und auf einmal war Corona ganz nah. Wie wird das in der bevorstehenden Saison im Amateurbereich sein? Wie viele Verdachtsfälle sorgen für Spielverlegungen und können wir die Saison zu Ende spielen? Fragen über Fragen und das, wo nun bald die normale Grippezeit erst im Anflug ist. Ein Schatten wird bei jedem Spiel mitlaufen und es bleibt zu hoffen, dass alles gut wird.
Was machen wir denn nun?
Breitenfeldes Ligakonkurrent TSV Travemünde hat ebenso für Aufmerksamkeit gesorgt. Die Monte-Kicker sind, wie alle anderen Mannschaften und Vereine, von der Corona-Krise getroffen. Es fehlt Geld für den Etat. Die kreative Luft muss am Rugwisch besonders gut sein, denn man versucht dort die finanzielle Lücke mit einer besonderen Aktion zu schließen. Die Ernsthaftigkeit hat das Team des Landesligisten aber mit dem gewissen Esprit Humor verpackt. Der Stadionname ist allerdings noch nicht verkauft. Dabei darf man nicht den Lübecker SC in der Kreisliga vergessen, denn die Jungs vom Thomas-Mann-Platz starteten schon zu Beginn der Pandemie eine ähnliche Aktion. Den kreativen Köpfen kann man nur viel Erfolg dabei wünschen, dass sie für ihre positive Einstellung belohnt werden.
Von der grauen Maus zum Favoriten
Belohnt wurde auch Ferdi Corbajrami. Der Vorsitzende des Türkischen SV rief die Club-Familie zusammen und redetete Tacheles – und er wurde erhört. Was aus der einstigen grauen Maus der Hansestadt in wenigen Wochen geworden ist, sucht Nachahmer. Viele helfende Hände haben sich zusammengesetzt, einen Plan entwickelt und vor allem die bis dahin fehlende Unterstützung zugesagt. Hier hat Corona gezeigt, dass man in schweren Zeiten zusammensteht und so scheint der Verein vom Tabellenletzten der Vorsaison zum Favoriten des kommenden Jahres entwickelt. In diesem Fall ist die Überraschung gelungen. Jetzt ist die Mannschaft gefragt, die Ehre in der Zukunft tragen zu können.
Frauen-Power hat eine Adresse in Lübeck
Zu guter Letzt darf man die Frauen des TSV Siems nicht vergessen – und vorneweg Trainer, Manager und Mädchen für alles, Kambiz Tafazoli. Der hat es wirklich geschafft, dass Frauenfußball in der Stadt noch lebt. Mit seiner Mannschaft ist er auf den Spuren der Todesfelder und VfBer. Die Meisterschaft in der Oberliga sollte und darf gerne wiederholt werden und dann ist auch der große Traum von der Regionalliga vermutlich zu schaffen. Die Hürden dafür, was beispielsweise den geforderten Nachwuchs angeht, hat man mit der Vorzeige-Nachwuchsabteilung bei Viktoria 08 geschlossen. Dabei spielte der JFV Hanse mit und auch hier ist man emsig dabei, etwas für die Mädchen zu tun. Das kommt allerdings im Kreisfußballverband etwas zu kurz, um diesen Kommentar nicht nur mit Lorbeeren, sondern mit einem Hinweis zu schließen.
Ich freue mich auf die kommende Saison und wünsche den Teams viel Erfolg!
Euer Roland Kenzo