Emotionaler Moment in Lübeck: Wiedersehen nach 50 Jahren mit Legenden der Hansestadt

FC Dornbreite spielte vor einem halben Jahrhundert um die Deutsche Meisterschaft

Die Legenden des FC Dornbreite von 1972 (von links); Michael Buschmann, Andreas Kummerow, Klaus Begerow, Roland Klinck, Dieter Neumann, Joachim Mahlow, Wolfgang Krüger, Michael Peters, Rolf Diestelow, Trainer Christian Hardt, Michael Gross, Norbert Pantel und Gerd Diestelow. Foto: Lobeca

Lübeck – Wenn Jungmänner zu gestandenen Herren werden und sich nach fünf Jahrzehnten wiedersehen, kann es schon einmal ein wenig laut werden. „Was machst du denn so?“, „Ach, das ist ja spannend…“ Man schwelgt in alten Erinnerungen und kommt immer wieder auf „weißt du noch…?“ Das war am vergangenen Freitag im Clubheim des FC Dornbreite schon einer der meistgehörten Sätze.

„Das war der bisher größte Vereinserfolg für den FC Dornbreite“

Doch nicht der frühere Bundesliga-Trainer Jürgen Gelsdorf, Ronny Worm (7 Länderspiele für Deutschland und 380 Bundesligaspiele) oder Werner Schneider (313 Bundesligaeinsätze für MSV Duisburg, Borussia Dortmund und Hertha BSC) trafen sich, sondern die A-Jugendlichen aus Lübeck, die am im Juni 1972 in Lörrach (Baden-Württemberg, rund 900 Kilometer entfernt von Lübeck) um die Deutsche Meisterschaft der Jungmannen spielte. „Das war der bisher größte Vereinserfolg für den FC Dornbreite“, sagt der heutige Vorsitzende Dirk Balk zu HL-SPORTS. Der Verein tischte rustikal ein Abendbrot auf und das eine oder andere Kaltgetränk stand daneben.

Im Blickfeld der Meister-Zebras

Für die Dornbreiter stand am 24. Juni eines von acht Halbfinals zur Deutschen Meisterschaft an. In Lörrach ging es gegen die Gastgeber, doch man unterlag und spielte um Platz drei der Vorrunde gegen SV Fraulautern. Nach 120 Minuten rang man den Saarländern ein 1:1-Unentschieden ab. Erst im Elfmeterschießen hatten die Lübecker mit 2:4 das Nachsehen. Die anderen Vorrundengruppen (unter anderem mit FC Bayern München, Karlsruher SC, Hamburger SV und Hannover 96) wurden in Bremerhaven, Bonn und Kaiserslautern jeweils ebenfalls mit vier Mannschaften ausgetragen. Der MSV Duisburg setzte sich in der „Lörracher Gruppe“ durch und bezwang im Endspiel den VfB Stuttgart im Neckarstadion mit 2:0. Die „Zebras“ feierten die Deutscher A-Jugend-Meisterschaft.

Original-Plakat von 1972 der A-Jugend-Deutschen Meisterschaft. Foto: Lobeca

„Nächste Woche ist trainingsfrei“

Christian Hardt, Trainer der Lübecker Mannschaft von 1972, sagte zu Beginn des Treffens im Clubheim am Steinrader Damm „Jungs, nächste Woche ist trainingsfrei“ und sorgte damit für erstes Gelächter. Er war stolz, dass 12 seiner 17 Spieler von damals den Weg auf sich nahmen, um sich nach 50 Jahren wiederzusehen. Ein Mannschaftsabend der besonderen Art stand an. Teilweise hunderte Kilometer wurden auf sich genommen, um über die „alten Zeiten“ zu sprechen.

Sieben Tore in einem Spiel für Krüger

Der heute 68-jähige Michael „Mike“ Peters plauderte etwas aus dem Nähkästchen und erklärte den Werdegang zur Endrunde der Deutschen Meisterschaft: „Wir holten die Bezirksmeisterschaft in diesem Jahr in einem Entscheidungsspiel auf dem Neuhof gegen den TSV Kücknitz, gewannen 5:2 und durften dann um die Landesmeisterschaft spielen.“ Dort waren die Dornbreiter gegen Neumünster, Heide sowie Flensburg gefordert und siegten in allen drei Begegnungen. Die Fahrkarte nach Lörrach war gebucht. Christian Krüger (68) ergänzt: „Das war eine tolle Sache und so etwas vergisst man in seinem Leben nicht.“ Der Stürmer von damals erzielte in jener Saison um die 50 Tore, denn so genau weiß er das nicht mehr. Dafür aber, dass der spätere Präsident des Eichholzer S, beim 9:1-Erfolg gegen die Flensburger sieben Buden für die „Jungmannen“ aus Dornbreite machte.

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Torwart musste ins Krankenhaus

Rolf Diestelow war Torwart der Mannschaft und erinnert sich an eine Situation: „Wir hatten einen Verteidiger, zu dem habe ich gesagt “ich spiele dich nie wieder an, du kannst kein Fußballspielen“, das hat mich am meisten genervt. Wir hatten eine klasse Hintermannschaft, aber das war mein Protest“. Er lacht dabei und schwelgt in Nostalgie: „Wir sind damals auf Kosten des DFB nach Lörrach gefahren, kamen erst am Sonnabend mit dem Zug an und mussten schon Stunden später das erste Spiel bestreiten. Die Vorbereitung war ziemlich schlecht, denn die anderen Mannschaften waren schon Tage vorher da.“ Beim Auftaktspiel wurde der Keeper der 72er-Truppe im Gesicht verletzt und konnte nicht mehr weiterspielen. „Joachim Mahlow ist dann ins Tor gegangen, weil ich im Krankenhaus war. Er hat gut gehalten hat. Für Dornbreite und Schleswig-Holstein haben wir uns trotzdem super verkauft, wie ich finde. Wir waren auch wirklich ein tolles Team und für mich das größte Erlebnis meiner Karriere“, so der damals 18-Jährige. Über das Treffen nach 50 Jahren freute er sich riesig.

„Training war nicht so unser Ding“

Lange spielte Diestelow danach nicht mehr weiter. Eine Meniskusoperation beendete seine Laufbahn. „Man hatte es selbst in der Hand und natürlich waren auch andere Dinge wichtiger. Dafür kann man keinem anderen einen Vorwurf machen. Wenn man jetzt fragen würde, ob wir hart trainiert haben, würde jeder von uns mit nein antworten. Training war nicht so unser Ding. Als Kollektiv waren wir aber megastark“, so der Wahl-Schweriner. Heute schaut er sich gerne Spiele in England an und fliegt regelmäßig auf die Insel. Eines war ihm noch ganz wichtig: „Ich bin sehr glücklich, dass ich überhaupt hier sein darf, denn vor vier Wochen hatte ich eine komplizierte Herzoperation. Ich danke Roland Klinck, meinem Bruder Gerd Diestelow und dem FC Dornbreite herzlich, dass dieses Treffen stattfinden konnte.“

Original-Mannschaftsfoto der A-Jugend des FC Dornbreite von 1972. Foto: Lobeca

Junger Coach mit neuen Ideen

Coach Hardt war damals 24 Jahre jung und übernahm die Mannschaft eher per Zufall. „Ich war ein Talent, verletzte mich aber am Knie und ein Sportskollege, der krank wurde, fragte mich, ob ich nicht Lust hätte seine Mannschaft zu übernehmen. Ich habe die Truppe dann über zwei Jahre entwickelt und wir haben schon Dinger drauf gehabt, die heute up-to-date sind. Ich kann mich an ein Spiel gegen den VfB Lübeck erinnern, der mächtig war und ich habe einfach meine Außenstürmer in die Verteidigung und die Verteidiger in den Angriff gestellt. Wir haben zwar 0:1 verloren, aber im Normalfall wäre es 0:15 gewesen“, erinnert er sich und lacht dabei.

Von der Straße zum Kapitän

Kapitän der FCD-Mannschaft war Michael Buschmann. Er spielte vorher in keinem Verein, wurde von Hardt auf der Straße entdeckt. Sein Coach über ihn: „Ich musste damals mit seinem Vater, der war Studienrat, sprechen, um ihn für uns zu gewinnen. Alles nette Geschichten aus dieser Zeit, die man stundenlang weitererzählen könnte. Ich möchte das auf keinen Fall missen.“ Trainer Hardt feiert Ende des Monats seinen 75. Geburtstag.

Erneutes Wiedersehen geplant

Den Weg zum Steinrader Damm nahmen Michael Buschmann, Andreas Kummerow, Klaus Begerow, Roland Klinck, Dieter Neumann, Joachim Mahlow, Wolfgang Krüger, Michael Peters, Rolf Diestelow, Trainer Christian Hardt, Michael Gross, Norbert Pantel und Gerd Diestelow auf sich. Es fehlten an diesem Legenden-Abend 50 Jahre nach der Deutschen Meisterschaft Dieter Ellert, Rainer Schwarz, Karl-Heinz Wigger, Jörg Clasen und der leider viel zu früh verstorbene Axel Klockenberg, die damals ebenfalls in Lörrach waren. Mit-Organisator des Abends und Förderer des FC Dornbreite war Roland Klinck. Er sagte nach dem Wiedersehen: „Es war ein toller Abend. Wir haben vereinbart, uns in fünf Jahren wiederzutreffen.“ Jeder der Anwesenden bekam noch ein rotes Trikot mit der Nummer 72 geschenkt. Eine schöne Erinnerung für die FCD-Legenden…

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