
Lübeck – Wenn in der Fußballwelt von den Talenten gesprochen wird, wird in erster Linie auf die Spieler und Spielerinnen abgezielt, die es zu entwickeln gilt. Nicht zuletzt sind es jedoch die Trainer und Trainerinnen, die diese jungen Talente fördern und entwickeln sollen. Dies geschieht täglich auf allen Ebenen, ob im Leistungs- oder im Breitensport. Viele Förderprogramme beschäftigen sich mittlerweile sportübergreifend mit der Suche nach Übungsleitern, weil diese schlichtweg fehlen. HL-SPORTS sprach mit Jonas Toboll, Sportdirektor Nachwuchs des VfB Lübeck über dieses Thema.
HL-SPORTS: Moin Jonas. Danke, dass du dir Zeit für dieses Thema nimmst. Du bist nun seit 2022 als Nachwuchschef in der Verantwortung beim VfB Lübeck. Ist das Fehlen von Übungsleitern für dich ein spürbares Problem? Wie denkst du könnten Lösungsansätze aussehen?
Jonas Toboll: „Noch vor ein paar Jahren war dies sicher ein Problem für uns, ganz klar. Auch der VfB Lübeck ist, wie viele andere große Vereine, kein lizensiertes DFB-Nachwuchsleistungszentrum und somit auf engagierte Mitarbeiter angewiesen, die das Trainerwesen als Leidenschaft betrachten. Dies führte in der Vergangenheit natürlich dazu, dass vor allem auch viele Väter den Job des Trainers übernahmen, weil sie ja ohnehin bereits vor Ort waren. Ein Umstand, der natürlich zwangsläufig zu Problemen führte. Spätestens dann, wenn es aus dem Grundlagenbereich in den Leistungsbereich ging und die Ansprüche an den Trainer inhaltlich zweifellos stiegen. Jetzt ist der Fußball im Vergleich zu anderen Sportarten aus meiner Sicht immer noch in einer privilegierten Position. Fußball ist keine Randsportart und ein Spezialwissen – wie in anderen Sportarten – muss nicht zwangsläufig vorhanden sein, um ein Übungsleiter sein zu können. Da setzt ja auch die „Trainingsphilosophie Deutschland des DFB an“. Allerdings müssen wir natürlich auch einen Schritt weiterdenken. Natürlich benötigt es, spätestens in den Leistungsbereichen, qualifizierte Trainer. Diese müssen aber ausgebildet werden. In erster Linie durch die Lizenzausbildungen der Verbände und des DFB, allerdings muss das Wissen ja auch angewendet werden. Die Vereine müssen sich meiner Meinung nach darum kümmern, frühzeitig für Trainernachwuchs zu sorgen und diese auch mit Verantwortung ausstatten.
HL-SPORTS: Der VfB Lübeck ist seit Jahren für seine engagierte Nachwuchsarbeit bekannt. Welche Rolle spielt für dich die Trainerausbildung?
Jonas Toboll: „Eine ganz Zentrale. Ohne engagierte und kompetente Trainer gibt es keine nachhaltige Nachwuchsarbeit, gerade in Hinblick auf den Leistungsbereich. Wir wollen nicht nur Spieler entwickeln, sondern auch die Trainer. Sie repräsentieren einen ganzen Verein durch ihr Auftreten und ihre Kompetenzen auf und neben dem Platz. Um allen Anforderungen gerecht werden zu können, braucht es schon ein erhebliches Maß an Eigenverantwortlichkeit, einer gestärkten Persönlichkeit und Widerstandfähigkeit. Kein Trainer dieser Welt kann dies auf Dauer ohne Unterstützung der Verantwortlichen und der Co Trainer schaffen. Darauf müssen wir die Trainer vorbereiten, damit sie nicht irgendwann die Lust an dieser tollen Aufgabe verlieren.“
HL-Sports: Du setzt vermehrt auf junge Trainer. Was steckt hinter diesem Ansatz?
Jonas Toboll: „Wir haben auch zur aktuellen Saison lebensältere Co-Trainer mit dazu genommen, weil wir der Meinung sind, dass gerade Lebenserfahrung in einem Trainerteam wichtig ist. Dennoch stimmt die Feststellung, dass wir vermehrt junge Trainer bei uns im Team haben. Junge Trainer bringen frische Ideen, moderne Trainingsansätze und oft auch eine sehr gute Ansprache an die Jugendlichen mit. Uns ist wichtig, ihnen früh Verantwortung zu geben – natürlich mit entsprechender Begleitung. Das ist eine bewusste Investition in die Zukunft unseres Vereins. Von unseren acht Cheftrainern in der aktuellen Saison 2025/26 ist keiner über 30 Jahre alt. Das ist jetzt nicht bewusst so gewählt, allerdings zeigt es auch, welche Chancen der VfB Lübeck auch jungen Trainern bietet.
HL-SPORTS: Auffällig ist, dass du in der Regel keine Cheftrainerposten mit externen Trainern besetzt. Alle aktuellen Cheftrainer sind entweder noch im Amt, wurden in die nächste Leistungsklasse befördert oder sind vorher Co-Trainer gewesen. Steckt dahinter ein System?
Jonas Toboll: „Wenn ich von einem Trainer überzeugt bin, der vorher noch nicht beim VfB Lübeck war oder ist, dann würde ich mich natürlich auch mit dieser Personalie beschäftigen. Dennoch möchte ich auf Konstanz und Vertrauen setzen. Wir haben uns in der Nachwuchsleitung dafür entschieden, langfristig an unseren Talenten festzuhalten, auch wenn sie mal eine nicht so starke Phase haben. Gleiches gilt auch für unsere Trainer. Wenn wir das Gefühl haben, unser Trainer vermittelt leistungsorientierten Fußball, gepaart mit qualitativ hochwertiger Übungsauswahl und die Spieler haben darüber hinaus auch Spaß im Training sowie im Wettkampf, dann halten wir auch an ihnen fest. Aus diesem Grund ist der Großteil unserer Trainer eben auch schon jahrelang bei uns. Wenn dann ein Cheftrainerposten frei wird, dann schauen wir in erster Instanz immer in die eigene zweite Reihe. Unsere Co-Trainer sind in der Regel ambitionierte Trainer, die auf ihre Chance warten. Genau für dieses Szenario wollen wir sie vorbereiten. So sind wir gut aufgestellt. Wir kennen unsere Trainer, kennen ihre Stärken und scheuen uns nicht, sie in das kalte Wasser zu werfen. Und so kommt es, dass wir junge Cheftrainer haben, die bspw. in dieser Saison 2025/26 ihr erstes Cheftrainerjahr erleben und das im Nachwuchsleistungsfußball.“
HL-Sports: Wie förderst du Trainer konkret?
Jonas Toboll: „Wir bieten interne Hospitationen, unterstützen in unserem Rahmen finanziell bei den Trainerlizenzen und stellen ihnen im Trainerteam erfahrene Chef- und Co-Trainer als Vorbilder zur Seite. So lernen sie praxisnah und entwickeln sich stetig weiter. Zudem stehe ich regelmäßig mit jedem Trainer im Austausch. Ich möchte wissen, wo jeder einzelne seine Zukunft sieht und an welcher Stelle er oder sie sich z.B. auch verändern möchte. Co-Trainer Rochaden von Jahr zu Jahr sind zudem nicht unüblich, um neue Sichtweisen und neue Konstellationen in der Trainergemeinschaft zu fördern.
HL-Sports: Was erwartest du im Gegenzug von einem Trainer?
Jonas Toboll: „Leidenschaft, Verlässlichkeit und den Willen, sich weiterzuentwickeln. Fachliche Kompetenz ist wichtig – aber genauso wichtig ist die Fähigkeit, mit jungen Menschen zu arbeiten, sie zu begeistern und zu fordern. Zudem bringen wir den Trainern maximales Vertrauen entgegen. Wir erhoffen uns dadurch, dass die Trainer dieses Vertrauen erwidern und wir gemeinsam über Inhalte diskutieren können und nicht jeder Trainer sein eigenes „Süppchen kocht“.
HL-Sports: Was ist das Ziel dieser Ausrichtung in den nächsten Jahren?
Jonas Toboll: „Wir wollen beim VfB Lübeck eine nachhaltige Trainerkultur etablieren. Trainer mit frischem Wind sollen bei uns nicht nur eine Chance bekommen – sie sollen langfristig Teil unserer sportlichen Identität sein. Denn am Ende wächst der Verein nicht nur durch Talente auf dem Platz, sondern auch durch die an der Seitenlinie. Das kann im Übrigen für alle Altersgruppen zutreffend sein. Wichtig ist, dass die Chemie stimmt.“
HL-Sports: Wenn sich jemand angesprochen fühlt – wie kann man Teil dieser Nachwuchsabteilung werden?
Jonas Toboll: „Ganz einfach: Mit mir direkt und ohne zu zögern Kontakt aufnehmen! Ich bin offen für engagierte Persönlichkeiten, die Lust auf Fußball, Entwicklung und Teamarbeit haben – egal ob mit oder ohne Lizenz, ob jung oder alt. Wer sich einbringen möchte, findet bei uns die richtigen Rahmenbedingungen, zweifellos. Also meldet euch bei mir unter toboll@vfb-luebeck.de und ich melde mich bei euch zurück.“
HL-Sports: Wir möchten uns an dieser Stelle bei dir für die Zeit, die du dir genommen hast, bedanken und wünschen dir und deinem Team für die Saison alles Gute.
Jonas Toboll: „Vielen Dank und bis bald, euer Jonny.“

Bildquellen
- Oliver Stutzky (VfB Lübeck): sr
- Dresbach: Lobeca/Vivian Pfaff
- Jonas Toboll, VfB Lübeck. Foto sr: sr
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