KFV-Vorstand: „Auf die Uhr sehen wir dabei nicht“

Interview mit Peter Reinecker und Michael Rosenthal

Foto: Fishing4/Marcel Krause

Lübeck – Peter Reinecker und Michael Rosenthal sind der 1. und 2. Vorsitzende des Kreisfußballverbandes Lübeck (KFV). Corona, Saisonabbrüche, Kreispokal-Änderungen und zu guter Letzt einige unschöne Szenen in Amateur- und Jugendspielen sind ihr „Geschäft“. HL-SPORTS traf die beiden zum Interview.

HL-SPORTS: Hallo Peter, hallo Michael, turbulente Zeit aktuell im Amateurfußball des Kreises oder wie seht ihr das?

KFV: Das können wir so eigentlich nicht bestätigen. Es ist ja nie so ganz ruhig im Amateurfußball, eine besonders turbulente Zeit im Kreis vermögen wir aber nicht zu erkennen.

HL-SPORTS: Zuletzt gab es einige unschöne Vorfälle bei Jugend- und Herrenspielen mit viel Gewalt und Spielabbrüchen. Wie sieht das der Vorstand des Kreisfußballverbandes?

KFV: Jeder Vorfall ist einer zu viel, das ist klar. Und wir erkennen auch, dass es in der letzten Zeit einige mehr waren. Im Totalen aber müssen wir diagnostizieren, dass sich die Anzahl nicht so gravierend erhöht hat, wie Deine Frage es vermuten lässt. Die Analyse mit vergleichbaren Perioden ergab keine eklatanten Anstiege der Fallzahlen. Dabei muss aber auch gesagt werden, dass sich die „Qualität“ der Gewalttaten bei den Tätlichkeiten in eine andere Dimension verschoben hat. Die Hemmschwelle, betreffend dieser Gewalttaten, scheint sich eklatant verschoben zu haben. Andererseits aber werden Vorfälle durch die neuen Medien viel schneller veröffentlicht, wobei wir dann aber auch sagen müssen, dass sich einige Darstellungen dann nicht so zugetragen haben wie zunächst publiziert. Die ständige Präsenz neuer Medien führt eigentlich dazu, dass es „gefühlt“ zu mehr Vorfällen kommt als in früheren Vergleichszeiträumen.

HL-SPORTS: Wärt ihr für härtere Strafen oder sind die Vereine hier einfach gefragt das Problem in den Griff zu bekommen?

KFV: Ich glaube das die Bemessungsgrenzen der Strafen innerhalb unserer Satzungen und Ordnungen ausreichend ist. Die konsequente Anwendung ist aber dann auch unabdingbar und wird durch unsere Organe auch so angewendet. Ich glaube auch, dass es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, die normalen Ansätze des Miteinanders zu leben. Hier ist den Vereinen bei einigen Personen aber keine Schuldzuweisung zu machen, sie reagieren sehr oft auch mit eigenen Sanktionen, sprich Ausschluss der Täter.

HL-SPORTS: Diese „bösen“ Nachrichten fallen immer mehr auf als die schönen Meldungen. Aber es gibt sie doch, oder? Was ist positiv aus dem Kreis Lübeck zu berichten?

KFV: Natürlich gibt es diese. Der Spielbetrieb läuft in vielen Bereichen und Staffeln weitgehend reibungslos, die Quali-Runden im Jugendbereich sind alle fristgemäß absolviert und die neue Situation der nicht angesetzten Schiedsrichter im Altherren-Bereich bereitet keine Probleme. Zudem ist die Gemütslage aller Verbandmitarbeiter auf einem erfreulichen Level. Sicherlich gäbe es noch viele Anmerkungen in dieser Richtung, aber wir wollen es ihr dann einmal dabei belassen.

HL-SPORTS: Wie schwer ist es mit der Corona-Pandemie umzugehen und was habt ihr in dieser Zeit gelernt?

KFV: Wie in allen anderen Sportbereichen ist diese Krankheit auch für den Fußball unberechenbar. Die Auflagen der politischen Ebene waren in der Vergangenheit für alle Neuland, und waren daher auch in vielen Etappen ständig anzupassen. Inzwischen hat sich dieses etwas relativiert, was uns aber nicht davon befreit hier weiterhin mit viel Augenmaß und Vorsicht zu agieren. Es ist noch nicht vorbei, aber wir haben unsere Regeln Verbandsseitig gut auf die Situation eingestellt. Was die Zukunft für den Fußball bringt vermögen aber auch wir nicht vorherzusehen.

HL-SPORTS: Insbesondere der Kreispokal fand Kritik und wie man damit umgegangen ist. War das in euren Augen gerecht?

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KFV: Hier meinst Du nicht die Kritik der Presse, oder? Tatsächlich haben den Vorstand gar keine negativen Aussagen erreicht. Und warum auch? Wir haben unsere Gedanken zum Kreispokal schon frühzeitig kommuniziert und mit den Vereinen abgestimmt. Durch die Coronasituation haben wir das Hauptaugenmerk auf die Punktspielrunde gelegt und beschlossen die Pokalspiele hinten anzuhängen. Dieses war auch gut durchdacht. Der KFV-Lübeck hatte seine Punktspielrunde so weit durchgeführt, dass es zu keinem Abbruch der Punktspielserie hätte kommen müssen. Allerdings waren wir später der Meinung das nach dem Saisonabbruch auch die Pokalspiele ausgesetzt werden sollten. Hier hat man uns überstimmt, die Zeit für die Durchführung der Pokalrunde hat dennoch ausgereicht.

HL-SPORTS: Wie sieht die Arbeit im Kreisfußballverband überhaupt aus? Welche Aufgaben habt ihr in eurem ehrenamtlichen Engagement zu erledigen und wie anstrengend ist das?

KFV: Die Arbeiten sind vielfältig, sie sind auch im Rahmen der Satzung im Detail definiert. Ich denke wir sollten es hier dabei belassen, sonst wird der Platz hier etwas eng……

HL-SPORTS: Würdest du sagen, dass es eigentlich ein Hauptjob ist?

KFV: Also wir erledigen die Dinge gerne und mit dem Aufwand, den diese Aufgaben erfordern. Als Hauptjob erkennen wir dieses nicht sondern als Erfordernis die Ehrenamtler und Sportler bei der Durchführung ihres Sportes zu unterstützen. Auf die Uhr sehen wir dabei nicht.

HL-SPORTS: Und dann gibt es ja vermutlich auch diejenigen, denen man es gar nicht recht machen kann. Wurmt einen das das KFV-Vorsitzenden und wie geht man damit um?

KFV: Also mit Kritik können wir umgehen. Wir durchsuchen dabei aber nicht das Netz nach irgendwelchen „Meinungen“, sondern befassen uns ausschließlich mit Kritik, die uns mit offenem Visier entgegengebracht wird. Dieses ist aber überschaubar. Diese Art der Kritik wäre für uns der einzige Weg zu kommunizieren.

HL-SPORTS: Vor kurzem sorgten zwei Vereine aus dem Kreis Lübeck für bundesweite Schlagzeilen. Ein 40:35-Ergebnis in der B-Jugend-Kreisklasse. Habt ihr Verständnis für so ein Ergebnis oder warst du sauer?

KFV: Verständnis auf keinem Fall und ja, da war ich schon etwas mehr als angesäuert. Dieses ist eher in Richtung eines schädigenden Verhaltens für den Fußballsport anzusehen und entpuppt sich darüber hinaus auch als grobe Unsportlichkeit. Zudem ist es in eine Richtung eskaliert, die ich nicht gutheißen kann und möchte. Wenn einige Medien dieses Spiel dahingehend gewertet haben wollten, dieses Verhalten wäre ein Protest oder Hilferuf in Richtung fehlender Schiedsrichter, dann kann dieses einfach so nicht stehen bleiben. Zum einen kann dieses Spiel dafür nicht herhalten, weil ein Schiedsrichter angesetzt war (aber nicht erschienen ist), zum anderen wurde es ja von einer Person im Amt des Schiedsrichters geleitet. Blickt man dann genauer hin, dann erkennt man in dieser Aktion eher eine Unkenntnis der Regeln bei der Betreuerschaft; zu dieser Eskalation hätte es niemals kommen können oder müssen. Die Abläufe bei einem fehlenden Schiedsrichter sind klar geregelt, und werden auch im KFV Lübeck jedes Wochenende in vielen Begegnungen problemlos gelöst. Hier gehe ich insbesondere auf den Bereich der Altherren ein, erlaube mir aber auf die F-Jugend hinzuweisen, die generell ohne Schiedsrichter spielen. Alle eint dabei die Lust darauf Fußball zu spielen, das Einhalten der Regeln erscheint hier für alle selbstverständlich zu sein. Eine Annahme ein Spiel wäre als verloren zu werten, wenn ein Heimverein keinen geprüften Schiedsrichter stellt, ist völlig absurd und unzutreffend. Warum dieses Spiel dann bei einem Spielstand von 15:3 nach 60 Minuten sich in so eine Richtung entwickelte ist uns ein weiteres Rätsel. Zum einen liegt die Vermutung nahe, dass sich die sportlichen Kräfte an diesem Tag genau so dargestellt haben, zum anderen könnte es aber sein das sich hier der Sportsfreund als Spielleiter nicht sehr gut mit den Regeln auskannte. Dieses würde aber nur den Unmut einer Mannschaft erklären können, nicht aber aller. Und dass die Betreuer hier nicht eingreifen konnten, lässt zumindest die Spekulation zu, ob diese für den Fußball und diese Altersklasse als geeignet erscheinen können. Der Versuch einer anderen Begründung für diese Entgleisung entpuppt sich ebenfalls als abenteuerlich: In einigen Darstellungen wird die Aktion mit einem Protest dagegen begründet, man möchte ein Spiel nur auf Grund eines fehlenden angesetzten Schiedsrichters verlegen können. Hier hat die Fußballgemeinschaft für sich entschieden, dieses nicht zu wollen, es handelt sich hier also um eine Meinungsäußerung, über die man hier sehr exklusiv verfügt. Zudem ist dieser Weg etwas verändern zu wollen mehr als ungeeignet, das hätte man den Jugendlichen auch durchaus vernünftig erklären können. Und wie eingangs schon erwähnt ist es hier auch zu einer Unsportlichkeit gekommen, da man sich auf diese Art und Weise einen enormen Vorteil verschafft haben könnte. Bei Punktegleichheit zählt in einer Tabelle als nächster Punkt die Tordifferenz. Ist diese gleich bedeuten die mehr erzielten Tore einen Vorteil für die Mannschaft, die diese erzielt hat. Den Rest mag man hier dann selber fortsetzen, aber diese Vorteilsnahme lässt sich nun nicht mehr revidieren. Abschließend: diese Aufmerksamkeit sollte man so einem Spiel aus unserer Sicht niemals zukommen lassen.

HL-SPORTS: Die Problematik mit fehlenden Schiedsrichtern ist während der vergangenen Monate extrem geworden. Von über 200 gibt es nur noch 150 Unparteiische. Wie könnt ihr die Vereine als Kreisvorstand unterstützen?

KFV: Unser Schiedsrichterausschuss ist hier sehr aktiv und rührig, da werden schon alle Hilfsangebote ausgeschöpft und gelebt. Die Möglichkeiten eines Kreisvorstandes sind hier nun einmal sehr begrenzt, den Vereinen aber ist diese Situation schon durchaus bewusst. Wir sind eigentlich zuversichtlich das sich hier noch etwas in die positive Richtung entwickeln wird.

HL-SPORTS: Vielen Dank euch beiden für das Interview und alles Gute für die Zukunft.

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