Leipziger Torwart-Patzer und viel Rot sorgen für Rückkehr des TSV Havelse in die 3. Liga – ein weiterer Nordclub jubelt mit

Die befürchteten Ausschreitungen blieben im Relegationsrückspiel aus

Julius Düker und Lorenzo Paldino trafen beiden für den TSV Havelse. Archivfoto: Lobeca/Roberto Seidel

Havelse – Der letzte Verein im deutschen Profi-Fußball ist seit Sonntag gefunden. Der TSV Havelse steigt nach einem 3:0 (0:0)-Erfolg nach Verlängerung zu Hause gegen den 1. FC Lokomotive Leipzig in die 3. Liga auf. Insgesamt gab es in der Partie vier Platzverweise. Für die Garbsener ist es nach drei Jahren die Rückkehr dorthin. Mit dabei auch zwei ehemalige Lübecker: Noah Plume und Florian Riedel, spielender Sportlicher Leiter, spielten einst für den VfB.

Riedel bedankt sich bei Gäste-Fans

Der gebürtige Werdauer (Landkreis Zwickau) hielt nach der Begegnung eine Rede über das Stadionmikrofon und sprach auch zu den Lok-Fans: „Ihr habt alle gezeigt, dass Gewalt und Hass im Fußball nichts zu suchen haben. Vielen Dank dafür. Auch Leipzig hat eine tolle Saison gespielt. Beide Mannschaften hätten es verdient in der 3. Liga zu spielen.“

Keine Randale!

Nachdem man sich im Hinspiel 1:1-Unentschieden vor über 10.000 Fans trennte, gab es im Rückspiel nach 90 Minuten keine Tore. Unter den 2.300 Zuschauern im kleinen TSV-Stadion waren rund 600 Anhänger der Sachsen, die friedlich ihr Team anfeuerten. Noch am vergangenen Mittwoch wurde ein TV-Reporter mit einem Stein am Kopf getroffen (HL-SPORTS berichtete).

Drei Hochkaräter für Nord-Meister vor der Pause

Die Leipziger hatten in der ersten Hälfte nicht viel zu bieten und hatten Glück, dass Kolgeci (30.) nach einem Freistoß nur den Pfosten traf. Lok-Torwart Naumann rettete kurz danach im Duell gegen Müller (36.) mit einer Klasse-Parade, und Kollege Abderrahmane klärte einen Kopfball von Aytun (38.) auf der Linie.

Lok rettet sich in die Verlängerung

Die erste gute Möglichkeit der Loksche hatte Ziane in der 66. Minute, nachdem er das Spielgerät nach einer Hereingabe aber über das Gehäuse schoss. Dafür musste man auf der anderen Seite den Ball erneut von der Linie kratzen. Aytun (79.) köpfte und Ziane war zur Stelle. Kurz danach sah Leipzigs Tobias Dombrowa (80.) wegen wiederholten Foulspiels die Gelb-Rote Karte. Das motivierte die Hausherren: nochmal Aytun (84.), wieder per Kopf – knapp drüber. Und Riedel (86.) versuchte es mit einem Fernschuss – ebenfalls nur Zentimeter über den Kasten der Gäste. In der Nachspielzeit lenkte Naumann noch einen Knaller von Rufidis über die Latte.

Entscheidung und ganz viel Rot

Es ging in die Verlängerung, und dort erlöste Julius Düker (95.) die Niedersachsen mit dem 1:0. Bei seinem Schuss aus 25 Metern sah Naumann allerdings nicht gut aus, ließ den Ball ins Netz durch. Wie schon im Hinspiel traf Marko Ilic (109.) ins Tor – dieses Mal mit links ins kurze Eck. Lok warf nun alles in Unterzahl nach vorne, doch Kolgeci warf sich in einen Schuss von Wilton (113.), und im direkten Gegenzug sorgte Lorenzo Paldino (114.) für die Entscheidung. Der Havelse-Stürmer schob die Kugel nach einem Konter von Ilic und dessen Pass ohne Probleme zum 3:0-Endstand ein. Nach seinem Treffer sah er für das Trikot-Ausziehen die Gelbe Karte. Zu doof, denn zwei Minuten zuvor wurde er bereits verwarnt, sodass der 25-Jährige vom Platz flog. Die Farbe Rot spielte bis zum Schlusspfiff noch zwei weitere Male eine Rolle. Pasqual Verkamp (116.) foulte den Torschützen Düker und musste ebenfalls vorzeitig das Feld nach der Ampelkarte verlassen, und Luc Elsner (118.) folgte ihm kurz danach mit glatt Rot, weil er Aytun einen Tritt von hinten verpasste. Mit dem Schlusspfiff feierte dann nur noch der TSV Havelse.

„Jedes Gesicht, in das man schaut, erzählt seine eigene Geschichte“

Dessen Trainer Samir Ferchichi danach zu „BILD“: „Sensationell. Ein Moment für die Ewigkeit. Jedes Gesicht, in das man schaut, erzählt seine eigene Geschichte. Und wir haben es geschafft, aus diesen Geschichten ein Buch zu schreiben, das man immer wieder aus dem Regal rausholen und durchlesen kann.“

Alles blieb friedlich

Übrigens: Das befürchtete Chaos blieb aus. Zur angemeldeten Demo von Lok-Fans kamen statt der angekündigten 4.500 Leipziger nur 150 Anhänger. Im gesamten Spiel gab es ein bisschen Rauch und zur Verlängerung eine Rakete. Dafür applaudierte man im Lok-Block der eigenen Mannschaft für eine tolle Saison. Man tröstet sich mit dem Pokalsieg, auch wenn das natürlich nicht mit dem Aufstieg in die 3. Liga vergleichbar ist. Dort dürfen nun die Niedersachsen wieder spielen.

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Jubel auch in Bremen

Gefeiert wurde durch den Havelser Sieg in der Relegation auch beim Bremer SV. Der Club von der Weser bleibt dadurch in der Regionalliga Nord. In die Oberliga müssen nur Teutonia Ottensen, Holstein Kiel II und SV Todesfelde. In der Regionalliga Nordost dagegen muss der FC Viktoria Berlin zusätzlich absteigen.

Leipziger Sportchef fordert andere Regelung

Jochen Seitz, Trainer des 1. FC Lokomotive Leipzig, zeigte sich natürlich traurig und enttäuscht. Er beschrieb die vergangenen Wochen als sehr hart – auch mit der Verlängerung im Pokalfinale gegen Erzgebirge Aue sowie den vielen Kranken und Verletzten. Auch die erste Rote Karte der Partie tat ihr Übriges daran, dass sein Team irgendwann auch platt war. Sein Sportdirektor Toni Wachsmuth ging allerdings noch einen Schritt weiter und kritisierte die Aufstiegsrelegation im “MDR“: „Die Regelung, wie sie ist, macht keinen Sinn. Und leider Gottes sind wir heute wieder das Beispiel dafür, wie bitter das sein kann. Vor ein paar Jahren ist Lok Leipzig mit zwei Unentschieden nicht aufgestiegen, und heute in der Verlängerung mit einem Platzverweis, der das Spiel entscheidet, nicht aufgestiegen. Das ist unglücklich für uns, und ich hoffe, dass jeder, der es mit dem Fußball hält, hier hingeguckt hat und sich Gedanken macht, dass das Ganze mal überarbeitet wird.“

Welche Mannschaft aus dem Profi-Fußball hat euch am meisten überzeugt?

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Bildquellen

  • Düker, Paldino: Havelse. Archivfoto: Lobeca/Roberto Seidel
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