Tobias Drever, Eddy Münch, Boris Hoffmann, Max Rosenthal, Alexander Roppelt. Foto: oH

Lübeck – Weihnachtslehrabend, Martin Redetzki-Gedächtnis-Cup und viele andere Hallenturniere standen und stehen für die Lübecker Schiedsrichter zwischen den Tagen an. Man könnte glauben, auch sie haben frei, können die Füße hochlegen und sich vom Fußball eine kleine Weile „befreien“. Weit gefehlt. Die Unparteiischen arbeiten hart daran, dass die Vereine „versorgt“ sind, alles reibungslos funktioniert und die eigenen Ziele nicht aus den Augen verloren werden. Hier ist sogar das Gegenteil der Fall: Lübecks Schiris wollen nach oben und haben schon erfolgreiche Beispiele, denn sie sind von der Frauen-Bundesliga und ab der 2. Bundesliga überall vertreten. Eine grandiose Arbeit, die man in „Hoffmanns Bistro“ am Rande von Lübeck bisher geleistet hat.

Der „Boss“ übergab vor rund einem halben Jahr nach 23 Jahren Vorstandsarbeit und davon 15 Jahren Vorsitz im Kreisschiedsrichterausschuss das Zepter an die „junge“ Generation. Tobias Drever, Max Rosenthal und Alexander Roppelt verkörpern die neue Führung der Lübecker Referees – Boris Hoffmann schaut mit einem Auge darauf und wirkt nun im Schleswig-Holsteinischen Fußballverband (SHFV) weiter.

HL-SPORTS traf die „vier Musketiere“ einen Tag vor dem Martin-Redetzki-Gedächtnis-Cup in der Hansehalle (Sonntag, 5. Januar um 13.30 Uhr) zu einem Interview.

HL-SPORTS: Moin und ein frohes neues Jahr allerseits. Eine Interview-Runde mit vier Leuten hat man auch nicht alle Tage. Ihr befindet euch immer noch in der Übergabephase. Welche Schwierigkeiten tauchten dabei auf oder fällt euch nach und nach ein – von einem KSO zum anderen?

Tobias Drever: Auch von mir erstmal ein frohes neues Jahr. Glücklicherweise hatte ich ja schon einige Jahre Gelegenheit als Boris Stellvertreter an der Organisation der Schiedsrichter in Lübeck mitzuwirken. Ansonsten haben wir die Übergabe Stück für Stück vorgenommen, und bekommen auch weiterhin Unterstützung von Boris.

HL-SPORTS: Euer Vorstandsteam ist nun etwas anders aufgestellt. Wer übernimmt welche Aufgaben und wie läuft die Kommunikation und wie oft?

Max Rosenthal: Ohne tägliche Rücksprachen würden wir es nicht hinbekommen. Manche Themen müssen stetig verfolgt werden. Treffen tun wir uns mindestens einmal im Monat. Hierzu kommt dann auch Boris, der im Hintergrund noch eine Menge mitorganisiert. Ohne manche Fäden, die Boris noch im Hintergrund für uns mitzieht, hätten wir bei einigen Themen echte Probleme. Tobi und Alex kümmern sich hauptsächlich darum, die Anliegen aller Schiedsrichter in Lübeck zu händeln. Ich unterstütze die Ansetzer im Hintergrund und bin selbst für die Beobachter verantwortlich. Im Zusammenspiel mit Alex bin ich auch noch zuständig für den Nachwuchskader um die Talente in Richtung der Leistungsklassen des SHFV zu entwickeln und zu fördern. Die strategischen Aufgaben zur Ausrichtung und Entwicklung machen wir alle gemeinsam. Um es kurz zu halten: Wir sind nur im Kollektiv stark.

HL-SPORTS: Norbert Richter, der Verbandslehrwart hat es auf eurem Jahresabschluss gesagt: Die Fußstapfen, die Boris hinterlässt, sind groß. Tobias, was hast du dir dabei gedacht?

Tobias Drever: Ganz ehrlich, wie viel Arbeit wirklich mit dem Amt verbunden ist, merkt man so richtig erst wenn man es ausübt. Boris hat natürlich in den letzten 23 Jahren, davon 15 Jahre als KSO eine hervorragende Arbeit geleistet, die wir nun als Team fortsetzen wollen. Es geht uns vor allem darum, dass wir das gemeinsam Erreichte fortsetzen können.

HL-SPORTS: Ohne Max und Alex würde das vermutlich nur schwer so reibungslos klappen, denn es sind eine Menge Schiedsrichter und dementsprechend auch wohl viele Fragen. Wie läuft das und wie oft habt ihr ein offenes Ohr für euer Team – nicht nur in sportlichen Dingen?

Alexander Roppelt: Dieser reibungslose Ablauf ist nur mit einem permanenten Austausch möglich, der bei uns fast täglich stattfindet. Wir haben jederzeit ein offenes Ohr für die Schiedsrichter unseres Kreises und versuchen so schnell wie möglich zu helfen. Neben den organisatorischen Anliegen helfen wir auch bei persönlichen Fragen oder Problemen weiter, denn wie schon festgestellt agieren wir wie in einer Familie.

Max Rosenthal: Wie bereits erwähnt kommunizieren wir täglich. Neben uns dreien steht der ganze Ausschuss in der Verantwortung für die Schiedsrichter da zu sein. Gerade im Bereich der Ansetzungen machen Olaf und Tim einen hervorragenden Job. Das ist nicht einfach auf alle Bedürfnisse, Termine und Anliegen der Schiedsrichter in diesem Bereich Rücksicht zu nehmen und immer parat zu haben.

HL-SPORTS: Ihr alle habt auf dem letzten Lehrabend gewirkt wie eine Familie. Ist das wirklich so und welche Erfahrungen habt ihr aus anderen Kreisen der Schiedsrichterei bisher so wahrgenommen – vergleichbar?

Tobias Drever: Die Lübecker Schiedsrichterfamilie ist schon etwas Besonderes. Wir sind besonders stolz darauf, dass sich die jungen und auch älteren Schiedsrichter als eine Gemeinschaft betrachten. Hier hat jeder für jeden ein offenes Ohr. Natürlich gibt es auch mal Reibungspunkte, aber das ist glaube ich normal.

Max Rosenthal: Wir haben die Rollen auch vorher mit Boris so gelebt. Wir sind schon eine Schiedsrichter-Familie. Jeder steht für den anderen ein. Ich denke aber das andere Kreise ähnlich denken und auch handeln. Ansonsten würde das Ehrenamt nicht so funktionieren wie es funktioniert.

HL-SPORTS: Wie viel Arbeit steckt hinter so einem Event und wie kommt man an diese spannenden und vor allem bekannten Ehrengäste wie zuletzt Robert Schröder?

Tobias Drever: Die Vorbereitung für ein Event wie den Jahresabschlusslehrabend beginnen im Prinzip schon mit der Terminfindung ein Jahr zuvor. Und dann stecken da viele Tage an Vorbereitung drin. Von der Besorgung der Präsente und Pokale, über die Organisation der Gäste, bis hin zur Essensbestellung vergehen schon viele Stunden. Die prominenten Gäste sind vor allem Boris hervorragenden Kontakten und nicht zuletzt auch dem Ruf der Lübecker Schiedsrichter zu verdanken.

Boris Hoffmann: Mit Robert Schröder wurde erstmalig vor über einem Jahr Kontakt aufgenommen. Bei einem Drittliga-Spiel in Münster stand Patrick Schwengers an der Linie. Nach dem Spiel telefonierten Patrick und ich, sprachen über die Spielleitung und einige nennenswerte Szenen. Robert war im Hintergrund. Irgendwie kam da der Kontakt zustande, den man bis heute aufrechterhielt. Als die Anfrage für den Jahresabschluss gestellt wurde, dauerte die Zusage nur wenige Minuten. Ich glaube, dass seine Frau und er sich bei uns auch wohl gefühlt haben. Das ist auch immer für die Außenwirkung wichtig.

HL-SPORTS: Es gibt allerdings auch nicht so schöne Ereignisse, mit denen ihr euch nun explizit beschäftigen müsst. Schiedsrichterbedrohung ist da beispielweise ein Punkt. Wie geht ihr damit um und löst solche Dinge?

Max Rosenthal: Wir arbeiten die Vorfälle mit den Betroffenen auf und unterstützen dann in den Gerichtsverhandlungen. Nicht jeder Schiedsrichter hat immer einen reibungslosen Tag. Genauso wie Fußballer diverse Fehlpässe spielen, können auch Schiedsrichter Situationen Mal nicht ganz richtig beurteilen. Gerade erst hatten wir einen aktuellen Vorfall in der Kreisliga. Zum Teil ist das echt erschütternd was auf Sportplätzen vor sich geht. Die Schiedsrichtergewinnung ist schon nicht einfach und gerade solche Vorgänge machen es dann umso schwerer, sodass auch aktuelle Schiedsrichter die Lust an der wunderschönsten Nebenbeschäftigung der Welt verlieren. Was man aber hervorheben muss, dass Boris es geschafft hat, dass die Trainer und Schiedsrichter nach den Spielen immer miteinander im Austausch stehen und über die Spiele gemeinsam auch Mal in der Kabine ein Resümee ziehen. Das trägt dann auch der Entwicklung der Jungs bei.

Alexander Roppelt: Diese Vorfälle gab es in der letzten Zeit leider immer öfter. In erster Linie versuchen wir sofort nach so einem Vorfall Kontakt zur bedrohten Person herzustellen und eine Einschätzung zu bekommen, wie die aktuelle Lage vor Ort ist. Klare Vorgaben, wie sich in diesen Fällen verhalten werden sollte, sind an alle Schiedsrichter herangetragen worden. Nachträglich wird der Vorfall gemeinsam bearbeitet.

Anzeige
AOK

HL-SPORTS: Boris hatte bisher viele Ideen, die er erfolgreich umgesetzt hat. Welche Ideen habt ihr und fragt ihr euren „Mentor“ dabei noch, was er davon hält?

Tobias Drever: Wir haben von Boris ein gut bestelltes Feld übernommen und sind glücklicherweise gar nicht in der Verlegenheit, großartig etwas ändern zu müssen, sondern können die begonnen Arbeit fortsetzen. Wir sind ja auch alle schon lange im Schiedsrichterausschuss vertreten. Und natürlich wird Boris nach wie vor um Rat gefragt.

Alexander Roppelt: Ja, dies ist korrekt und eine Meinung seitens Boris ist immer hilfreich. Boris Erfahrungen helfen mir immer und erweitern meine Möglichkeiten.

Max Rosenthal: Ja natürlich. Wir stehen immer im Austausch mit Boris und fragen, wie er manche Dinge einschätzt. Boris ist für uns nicht aus der Welt.

Boris Hoffmann: Bei der Auswahl der Nachfolger habe ich ja mit Bedacht auf ein eingespieltes Team gebaut. Das ist ungemein wichtig, damit hier auf gleicher Qualität in Ruhe weitergearbeitet werden kann. Die Jungs sind noch in der Findungsphase und das wird auch noch dauern. Und im Hintergrund ist bestimmt nicht Friede, Freude, Eierkuchen – wichtig ist, dass man aber dann gemeinsam eine einheitliche Linie fährt. Bisher funktioniert das…

HL-SPORTS: Euer Team hinter euch ist groß. Wie läuft das Delegieren?

Tobias Drever: Ohne ein funktionierendes Team würde die Arbeit im Schiedsrichterausschuss nicht funktionieren. Hier nutzen wir natürlich sämtliche Kommunikationswege – von WhatsApp über Mail, bis hin zu regelmäßigen Ausschusssitzungen.

HL-SPORTS: Da haben wir am Sonntag auch schon die zweite „Feuerprobe“. Der Martin Redetzki-Gedächtnis-Cup steht an. Auch hier wieder die Frage: Wie lange dauert die Organisation und wer macht was?

Tobias Drever: Auch hier beginnt die Arbeit im Prinzip schon mit der Terminfindung im Jahr zuvor. Über Boris gute Kontakte haben wir auch in diesem Jahr wieder ein großartiges Teilnehmerfeld zusammenstellen können. Ansonsten ist das Team zum Glück auch schon gut eingespielt, wobei wir die Detailplanung nun zum ersten Mal richtig miterleben.

HL-SPORS: Auf dem Platz kennt ihr die Spieler. Jetzt müsst ihr den Background mit den Vereinen wie Ansetzungen, Ausfälle, Verlegungen und eine Menge mehr organisieren. Wie viel Arbeit steckt dahinter und wie genau läuft die Kommunikation dazu ab?

Max Rosenthal: Dadurch, dass man die Spieler, Trainer und auch die Verantwortlichen mittlerweile gut kennt, kann man auf einer Augenhöhe kommunizieren. Der Aufwand ist immens. Es können stündlich Änderungen reinkommen. Hier stehen dann in erster Linie wir als Vorsitzende mit Olaf und Tim, dem Ansetzer-Team, in der Verantwortung. So gibt es dann etliche WhatsApp-Gruppen innerhalb des Teams, um die Themen auch strukturiert und förderlich zu bearbeiten. Auch hier steht manchmal das Telefon nicht still.

Alexander Roppelt: Dieses Geschehen im „Hintergrund“ sind unsere neuen Aufgaben, die wir klar aufgeteilt und strukturiert haben. Die Aufgabenbereiche sind verteilt und ermöglichen die Bewältigung des Alltagsgeschäftes. Täglich wird sich aber auch zu allgemeinen Themen ausgetauscht.

HL-SPORTS: Boris, du bist nicht aus der Welt. Dein neuer Spielplatz ist der Verband. Da durftest du dich nun auch schon ein halbes Jahr einarbeiten. Was machst du dort genau?

Boris Hoffmann: Ich bin Ansetzer für die Oberliga, Landesliga, der Assistenten der Regionalliga, sowie Ansetzer für Freundschaftsspiele von der Regionalliga bis zur Bundesliga. Außerdem leite ich den LK 2-Landesliga-Kader zusammen mit Tim Becker. Das sind spannende Aufgaben…

HL-SPORTS: Tobias, du warst schon vorher der stellvertrende KSO. Wie sieht dein Zeitmanagement nun aus?

Tobias Drever: Das Amt des Vorsitzenden des Kreisschiedsrichterausschusses ist in der Tat nochmal deutlich zeitraubender als des Stellvertreters, da nun noch deutlich mehr Anfragen zu beantworten sind und ich natürlich noch mehr auf das „Große Ganze“ achten muss. Dies ist neben meiner Arbeit als Anästhesist in der Uniklinik nicht immer ganz einfach, aber wenn ich mir das Amt nicht zugetraut hätte, hätte ich mich auch nicht zur Wahl gestellt. Und zum Glück habe ich den familiären Rückhalt, dieses wunderbare Hobby auch in diesem Zeitumfang ausüben zu können.

HL-SPORTS: Max, wie lief dein Jahr im höherklassigen Fußball und was sind deine Ziele?

Max Rosenthal: Ich habe mich nach meiner ersten Serie in der Regionalliga etablieren können. Da ist jedes Spiel schon ein Highlight. Nun wird daran gearbeitet, den nächsten Schritt zu machen, um den Ziel Schiedsrichter-Assistent der 3. Liga näher zu kommen.

HL-SPORTS: Und bei dir Alex?

Alexander Roppelt: Meine erste Hinrunde in der Regionalliga ist durch und diese sah insgesamt sehr positiv aus. Im Team haben wir uns schnell an die neuen Gegebenheiten in der neuen Spielklasse angepasst und sind nun bereit für die zweite Hälfte unserer Regionalliga-Saison.

HL-SPORTS: Vielen Dank an euch, dass ihr euch die Zeit genommen habt, ausführlich über das was ihr tut zu sprechen. Vielen ist sicherlich gar nicht bewusst, was eigentlich im Kreis und neben dem Platz für Aufgaben anliegen. Euch weiterhin viel Erfolg.

Gefällt Dir unsere journalistische Arbeit?

Dann unterstütze uns hier mit einem kleinen Beitrag. Danke.

- Anzeige -