Mehr Wider als Für in Schleswig-Holstein: Streit-Thema Sommer- und Winterpause – Trainer und Verantwortliche kommen zu Wort

Nach Kommentar und Umfrage geht die Diskussion weiter

Sportanlage gesperrt
Foto: Lobeca/Kaben
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Lübeck – Endlich geht es wieder los. Die Freude ist zwar da, aber auch Gestöhne oder Unmut gibt es. Einige Amateur-Ligen starten jetzt in die neue Spielzeit. Das freut einige Fußball-Begeisterte, einige Vereinsverantwortliche müssen hingegen einmal kräftig durchatmen. Nicht besonders lang war die Sommerpause für die Kicker und wenn man ehrlich ist, geht es für die Teams schon seit über einer Woche um mehr, als nur die goldene Ananas. Die Pokalrunden laufen nämlich schon – in einigen Kreisen stehen schon Halbfinalpaarungen fest. Ein Terminplan, der nicht überall auf Begeisterung trifft, wie es gerade erst bei HL-SPORTS nach einem Kommentar für Diskussionen sorgte.

Schleswig-Holstein startet mit Ferienanfang

Sicherlich hat es der Schleswig-Holsteinische Fußballverband (SHFV) nicht immer leicht über 550 Fußballvereine im Land zu entscheiden. Da können Fehler passieren – das muss erlaubt sein. Der Rahmenterminplan ist für Viele ein Fehler und leider Gottes kein Einzelfall. Eine kurze Sommerpause, eine gefühlt endlose Winterzeit, in der kein Draußen-Fußball gespielt wird und ein Aspekt, der in diesem Jahr hinzukommt: Der Liga-Start am Anfang der Ferien. In Hamburg startet man unterhalb der Oberliga erst zwei Wochen später in Mecklenburg-Vorpommern sogar drei. HL-SPORTS sprach mit Verantwortlichen einiger Vereine aus Schleswig-Holstein über die Problematik, um einen Gesamteindruck außerhalb von Lübeck zu erhalten.

„Was soll das?“

Trainer Sebastian Fojcik vom SV Todesfelde II (Kreis Segeberg) meint zum Beispiel: „Vor dem ersten Spieltag möchte ich mich aber auch zu einem Thema äußern, das ihr bei HL-SPORTS bereits völlig zu Recht aufgegriffen habt und unter den Trainern ein Thema ist. Wir starten in der ersten Ferienwoche in den Spielbetrieb, ziehen 19 von 30 Spielen bis Ende November durch, um dann drei Monate keine Pflichtspiele zu machen, dann zwei Monate wieder zu spielen, im Mai beim besten Wetter nur noch zwei Begegnungen zu haben und am 17. Mai die Saison zu beenden. In der gesamten Planung gibt es einen Wochenspieltag am Dienstag, 5. August und exakt an dem setzt man die weiteste Anreise mit 90 Minuten Fahrtzeit in der gesamten Saison an. Da muss man wirklich die Frage stellen, was das soll?“

Wer denkt an die Schiedsrichter?

Deutlich weiter im Norden sieht Dominic Albrecht ähnliche Probleme. Der Schiedsrichter und Jugendobmann des Husumer SV (Kreis Nordfriesland) sagt: „Aus Vereinssicht würde ich mir wünschen, dass das Meldefenster für Mannschaften besser an das Wechselfenster für Spieler angepasst wird. Aktuell ist es oft schwer, die Mannschaftsmeldung solide zu planen, weil man zu dem Zeitpunkt häufig noch nicht weiß, wie der Kader tatsächlich aussieht. Das führt gerade im Jugendbereich zu unnötiger Unsicherheit und Stress bei der Planung.“ Im Schiedsrichter-Bereich liegen laut Albrecht andere Steine im Weg: „Aus Schiedsrichtersicht sehe ich die sehr kurze Sommerpause ebenfalls kritisch. Ein durchgehender Spielbetrieb mit minimaler Erholungszeit führt ab einem gewissen Punkt zwangsläufig zur Belastungsproblematik nicht nur körperlich, sondern auch mental. Als Sporttherapeut weiß ich, wie wichtig eine Phase zur Regeneration von mindestens einem Monat wäre. Ohne diese Gefahr laufen viele Unparteiische in ein Überlastungssyndrom zu rutschen, was wiederum langfristige Folgen für die Schiedsrichtergewinnung und -bindung haben kann. Die Überschneidung mit den Schulferien ist aus meiner Sicht ebenfalls unglücklich. Gerade im Jugendbereich fehlen dadurch nicht nur Spieler, sondern auch Betreuer und Trainer das wirkt sich massiv auf die Durchführung des Spielbetriebs aus. Ich denke, es wäre wichtig, diese Aspekte in zukünftige Planungen einzubeziehen vielleicht lässt sich ja ein Dialog mit dem Verband anstoßen, um gemeinsam praktikablere Lösungen zu finden.“

Trotz Kunstrasen gibt es Kritik

Ein paar Kilometer weiter nördlich sieht man es ähnlich. „Die Pokalspiele in der Vorbereitung kann man mit einplanen, das ist das kleinere Übel. Wenn man dann aber das Finale erreicht, finde ich das wiederum etwas spät. Das wirbelt den Plan leicht durcheinander – mit Abschlussfahrten oder Saisonabschluss. Allerdings sehe ich das eher als Luxusproblem“, sagt Leif Johannsen. Er ist Herrenobmann bei Frisia 03 Risum-Lindholm, ebenfalls im Kreis Nordfriesland. Der 36-Jährige ist pflichtet seinem Husumer Kollegen bei und ist von dem Rahmenplan auch nicht begeistert. Weiter meint er: „Die Englischen Wochen am Anfang sind schon eine Herausforderung – da fährt man mal 40 Kilometer zu Weiche Flensburg. Bei berufstätigen Spielern ist das nicht immer ganz einfach. Die Ferien sollte man aber auf jeden Fall beachten, da gibt es doch bestimmt flexible Möglichkeiten. Die älteren Spieler mit Familien fehlen dann sonst. Bei matschigem Rasen könnte man zudem aus meiner Sicht eher spielen und Frost ist bei uns nicht unbedingt ein Problem. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass man im Februar schon Spiele ansetzen könnte, damit man etwas vom Zettel hat. Die Witterung verändert sich ja – und im Sommer ist auch mal Starkregen oder Gewitter. Ob die Platzsperrungen in der Gesamtheit immer notwendig sind, wage ich zu bezweifeln. Das sehe ich so, auch wenn wir einen Kunstrasen zur Verfügung haben. Ich würde mir da vom Verband mehr Beweglichkeit wünschen. Von der Regenerationszeit im Sommer muss ich nicht anfangen und der Sprung von der Jugend zu den Herren ist überhaupt nicht abgestimmt. Es gibt aus meiner Sicht also viele Themen, die man besprechen sollte.“

Verband ist auch im Süden gefordert

Doch nicht nur in der Kreisstadt Nordfrieslands und beim ehemaligen Oberligisten Frisia 03 sieht man die Situation kritisch. Im Süden, beim FC Ahrensburg, hat man ebenfalls einige Dinge anzumerken. FC Ahrensburg-Coach Avni Ajvazi antwortete auf Nachfrage von HL-SPORTS: „Ich und wir finden es nicht gut, was der Verband dieses Mal gemacht hat mit der kurzen Pause. Wir hatten grade mal zwei Wochen davon, was viel zu wenig ist. Als Amateure konnte man sich nicht ausruhen, wodurch man schneller verletzungsanfälliger wird. Das ist leider auch bei uns eingetroffen. Die Profis beschweren sich auch wegen zu kurzen Pausen, aber wir als Amateure, die nicht diese körperliche Fitness haben, sollen noch weniger Pause haben. Deshalb finde ich, dass es sehr schlecht vom Verband geplant wurde und sich nicht richtig ein Kopf gemacht wurde über diese Situation, um diese besser zu lösen. Den Start finden wir auch sehr unglücklich, da jetzt viele Spieler in den Urlaub fliegen oder Spieler, die Kinder haben, nur jetzt in den Ferien weg können. Natürlich betrifft das nicht nur uns, sondern viele andere Teams. Aber auch hier hätte man etwas später die Saison starten können. Natürlich nicht bis zum Ende der Sommerferien warten, aber etwas später. Wir haben viele Spieler mit Migrationshintergrund, die in ihren zweiten Heimatländern verreisen. Aber wie gesagt, wir sind nicht die einzige Mannschaft, die es betrifft. Man könnte die Hinrunde länger spielen lassen und die Winterpause verkürzen, wie es in Hamburg Gang und Gebe ist. Hamburg startet dieses Jahr viel später mit der Liga als wir in Schleswig-Holstein, was ich gut finde und auch möglich halte für uns hier in Schleswig-Holstein. Ich persönlich und mein Team hätten eine längere Pause befürwortet, da man schon etwas Erholung braucht nach einer Saison. Oder der Verband sollte mit den Vereinen die Gespräche suchen, um es besser zu machen.“

Sarkasmus pur bei sechs Spielen in den Sommerferien

Sascha Bartlakowski vom SSV Großensee – ebenfalls aus Stormarn – nimmt die Situation mit Humor: „Die Entscheidung des SHFV die Saison so früh und erneut mit Englischen Wochen zu beginnen, stellt uns als kleinen Verein vor große Herausforderungen insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir unser letztes Aufstiegsspiel erst am 10. Juni hatten. Pause, Durchatmen, Regeneration sieht anders aus wenn man Ende Juli zum Pokal antreten darf und sechs Meisterschaftsspiele im August (also in der Sommerferien!) vor der Brust hat. Aber das holen wir dann im Winter ausgiebig nach wenn die norddeutschen Schneemassen für drei Monate den Fußballbetrieb lahmlegen.“

Pokal in zwei Wochen

Aus dem Herzogtum Lauenburg äußerte sich Lennart Burmeister vom TSV Gudow: „Puh, keine Ahnung was man da anders machen könnte. Bei uns kannst du im Winter halt nicht spielen. Was mich nervt ist, dass unsere Pokalwettbewerbe immer in zwei Wochen im Juli gespielt werden müssen. Warum kann man das nicht entzerren?“

„Wir haben jetzt auch nicht immer die härtesten Winter“

In Ostholstein hat Tony Böhme, Trainer der SG Sarau/Bosau, eine ähnliche Meinung, wie seine Kollegen landauf landab: „Im Großen und Ganzen hatte man diese Saison vier Wochen Pause und ist dann in die Vorbereitung gestartet, einige Teams hatten sogar noch weniger Pause durch Relegation oder längere Vorbereitung. Ich finde es gerade im Sommer doch relativ kurz, wenn man bedenkt das es die Urlaubs- und Festivalzeit ist. Gerade in dieser Zeit, wo die Pause eh schon relativ dürftig für Regeneration ist und so weiter, schickt man die Jungs gefühlt direkt wieder in die nächste Saison. Manche Spieler konnten ihre Verletzungen aus der Vorsaison nicht mal auskurieren bevor die neue Saison schon beginnt. Dann kommt die Winterpause und man sitzt gefühlt drei Monate zuhause und hat kein Pflichtspiel, obwohl wir jetzt auch nicht immer die härtesten Winter haben. Mir ist bewusst, dass nicht jeder Platz immer bespielbar ist, aber das kann auch genauso mittlerweile im Sommer oder Herbst passieren, wenn wir uns das Wetter jetzt nur mal anschauen. Leider finde ich da insgesamt die Aufteilung der Sommer- und Winterpause schwierig. Englische Wochen stören mich tatsächlich weniger. Da könnte man meinetwegen auch jeden Monat eine einbauen oder zwei, wenn wir dafür die Sommerpause ein wenig entzerren können. Wobei das natürlich auch schwierig für Oberligavereine ist, wenn sie weite Strecken fahren. Es wäre schön, wenn man da vielleicht zusammen in der Fußball-Region neue Lösungen und Wege findet.“

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Kieler Trainer bringt eine ganz neue Idee ins Spiel

Kevin Lentföhr, Trainer beim A-Klassisten TSV Melsdorf aus der Landeshauptstadt Kiel wünscht sich ein ganz neues System: „Aus meiner Sicht ist die Sommerpause dieses Jahr – aber auch grundsätzlich – sehr unglücklich geregelt. Die lange Unterbrechung führt zu einer anhaltenden Belastung der Spieler, was sich in einer erhöhten Zahl von Verletzungen zeigt. Zudem kommt es gerade während der Ferienzeit zu vielen Ausfällen durch Urlaub. Das betrifft einige Teams stärker als andere und führt damit zu Wettbewerbsnachteilen, besonders in Hinblick auf die Leistungsfähigkeit und Spielqualität. Ich denke, hier sollte es eine grundsätzliche Neuregelung geben. Mein Vorschlag wäre, die Saison von März bis Oktober durchgängig zu spielen und dafür eine längere Winterpause einzuführen – idealerweise von November bis Februar. So hätte man: Eine kontinuierliche Spielzeit während der Monate mit besserem Wetter, mehr Erholungszeit im Winter, in der sowieso nur eingeschränkt gespielt werden kann und insgesamt eine bessere Planbarkeit für Spieler, Trainer und Vereine. Ich würde mich freuen, wenn dieser Vorschlag in zukünftige Überlegungen mit einfließen könnte – im Sinne der Gesundheit der Spieler und eines faireren Wettbewerbs.“

Macht die Relegation noch Sinn?

Noch über Kiel im höchsten Norden im Kreis Schleswig-Flensburg meint Jacqueline Röder vom TSB Flensburg: „Die lange Winterpause lässt sich in Schleswig-Holstein kaum umgehen. Witterung und Platzverhältnisse lassen in vielen Regionen schlicht keinen geregelten Spielbetrieb zu. Umso wichtiger wäre es, die Sommerpause sinnvoll zu nutzen. Aus unserer Sicht sollte die Saison, inklusive aller Relegationsspiele, spätestens in der letzten Maiwoche enden. Nur so bleibt ausreichend Zeit für Regeneration, Planung und Vorbereitung auf die neue Spielzeit. Aufgrund der späten Sommerferien ist es in diesem Jahr einfach nicht anders machbar. Da müssen wir wohl oder übel in den sauren Apfel beißen. Grundsätzlich sehe ich einen späteren Saisonstart aber kritisch. Ein Start am ersten August-Wochenende ist aus sportlicher Sicht genau richtig. Alles, was deutlich später liegt, zieht die Saison unnötig in die Länge. Im kommenden Jahr sieht die Lage ohnehin wieder ganz anders aus: Dann liegen Sommerpause und Ferien deutlich günstiger, und der Saisonstart passt wieder besser ins Gesamtbild. Ein Gedanke wäre, die Relegationsspiele grundsätzlich zu überdenken. Sie ziehen die Saison oft sehr in die Länge und verkürzen die ohnehin knappe Sommerpause. Vielleicht wäre es langfristig sinnvoll über eine feste Auf- und Abstiegsregelung ohne Relegation nachzudenken. Zumindest für bestimmte Ligen oder Staffeln. Relegationen könnten dann wirklich nur im Ausnahmefall Anwendung finden. Das würde den Saisonkalender entlasten und die Planbarkeit für alle verbessern.“

„Das ist Erwachsenen-Fußball und kein Kinder-Fußball“

Aus Rendsburg kontaktierte HL-SPORTS TuS Rotenhof. Dort sagt Thorben Schäpe: „Der Saisonstart in den Ferien ist nun mal so. Das ist Erwachsenen-Fußball und kein Kinder-Fußball. Das Ferien-Thema ist daher nicht so problematisch. Wir finden es komisch, dass Landes- und Kreispokal teilweise extrem schnell durchgebracht werden. Das passiert innerhalb weniger Wochen bis zum Finale. Das nimmt den Pokalcharakter ein wenig raus. Wenn Mannschaften – wie letztes Jahr Kaltenkirchen – mal weit kommen, haben wir das Gefühl, dass man das Pokal-Feeling gar nicht so richtig genießen kann. Die Kommunikation ist dort ebenfalls ein wenig schwierig. Wir nehmen die Spiele, wie sie kommen und geben unser Bestes.“

Tendenz ist zu erkennen

Ob sich etwas durch diese kleine Umfrage von HL-SPORTS im gesamten Bundesland beim SHFV regt, bleibt abzuwarten. Fakt ist, dass es Argumente für und gegen ein Überdenken gibt. Jetzt ist man in der Landeshauptstadt gefragt – ohne das auszusitzen. Die Vorlage ist da und das Stimmungsbild einer Umfrage mit über 450 Teilnehmern in der vergangenen Woche (siehe hier) zeigt eine ähnliche Tendenz, dass Handlungsbedarf besteht. Fast Dreiviertel waren sich einig, dass sie nicht einverstanden sind, wie es aktuell läuft. Nur 13 Prozent finden es „genial“, wie Sommer- und Winterpause laufen.

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