Ein Kommentar von Chefredakteur Roland Kenzo:

Sparen ist die eine Sache, doch irgendwie scheint man das beim VfB Lübeck in allen Bereichen handzuhaben. Finanziell geht der Aufsteiger durch die Corona-Krise am Stock. Über 1 Million Euro fehlen. Das hat Vorstandssprecher Thomas Schikorra gerade im vergangenen Schneemann-Talk angesprochen (die neue Folge könnt ihr am Ende dieses Kommentars hören und die geht in die Richtung wie mein Empfinden). Geistertickets oder ähnliches sollen irgendwann kommen, doch das soll nicht so „hingerotzt“ werden. Und das ist eine gute Überleitung zur sportlichen Misere, die bei einer Siegesserie von vier Partien von Ende Oktober bis Mitte November durchbrochen wurde. Derzeit sind die Lohmühlen-Kicker aber wieder mittendrin im Schlammassel.

Echt nett mit euch…

Ich habe ja gedacht, dass die unterirdische Leistung im letzten Spiel des vergangenen Jahres mit dem 0:2 gegen Meppen ein Ende haben, doch in Zwickau war es dann ähnlich. 45 Minuten mitspielen reicht einfach nicht und Yannick Deichmann sollte man ein Denkmal dafür setzen, als er nach dem 1:2 in Westsachsen endlich Mal den Mund aufmachte. Das wünscht man sich ja von einigen anderen ebenfalls und da reicht es mir persönlich nicht, immer und immer wieder davon zu sprechen die Fehler abstellen zu wollen. Anscheinend spricht man darüber, doch das scheint nicht zu funktionieren. Wo ist jetzt der starke Mann, der auf den Tisch haut und eine klare Linie vorgibt? Mir ist das alles viel zu lieb, ganz nett…

Nervt!

Ich kann es nicht mehr hören, wenn es um „individuelle Fehler“ geht und „dass man es beim nächsten Mal wieder probiert“. Das will ich wohl hoffen und könnte mir vorstellen, dass ich da nicht alleine bin. Jeder Arbeitnehmer sollte jeden Tag seine beste Leistung zeigen. Lübeck wäre aber nicht Lübeck, wenn man hier die Ruhe gepachtet hätte. Das gäbe es bei anderen Proficlubs nicht. Da wäre schon längst ein Sportdirektor oder Trainer vor die Tür gesetzt worden. Das will hier niemand und doch schwimmt man an der Lohmühle anscheinend noch in der Aufstiegsblase und sieht das mögliche Unheil gar nicht kommen. Die Frage nach dem Kader hat unser Redakteur Karl-Heinz Tiedemann bereits gestellt. Ohne Mirko Boland scheint bei den Grün-Weißen schon einmal weniger zu gehen, doch einen gestandenen Soufian Benyamina gar nicht erst nach Zwickau mitzunehmen, der alleine durch seinen Namen schon für fünf Prozent mehr Respekt sorgen könnte, geht mir nicht wirklich in den Kopf. Da kam die Pressekonferenz vor dem Waldhof-Spiel (Mittwoch, 13. Januar um 19 Uhr, live auf unserem Twitter-Kanal) nochmal gerade recht, um nachzuhaken.

Landerl arbeitet an Verbesserungen

Meine Frage an Chefcoach Rolf Landerl war: Warum wurde so ein Spieler geholt und bleibt dann zuhause? Seine Antwort: „Als Trainer musst du Spiel für Spiel Entscheidungen treffen. Meine Hauptaufgabe ist, den Kader so zu nominieren, dass dieser die größtmögliche Chance hat für uns das Spiel zu gewinnen. Soufi ist weiterhin ein Kandidat für den Kader und die Startelf sowie jeder andere Spieler.“ In Lübeck scheint das nicht zu zünden. Landerl verwies darauf, dass er das selbst am besten wissen würde. „Wir wissen um seine Qualitäten“, hieß es weiter. Am Mittwoch soll er „absolut eine Option“ sein. Man hat aber jetzt schon erkannt, dass man nach der Pause nicht so gut aus den Startblöcken kommt. „Neue Reize“ sollen gesetzt werden. An der Physis soll es nicht liegen, stattdessen „werden wir die Schrauben woanders andrehen“, so der Cheftrainer. Welche das sind wird man dann vielleicht schon gegen Mannheim sehen. Jetzt folgen also Taten. Ob es einen Systemwechsel gibt, die Frage blieb unbeantwortet. Der Druck steigt – auch von außen – und die Fans sind ebenfalls angefressen. Landerl weiß das und liest auch die Kommentare zu den Spielen. „Ich bekomme das schon mit und wir sind auch unzufrieden. Wir wollen die Dinge schnellstmöglich in die richtigen Bahnen lenken“, so der 45-Jährige im Dialog. „Im besten Fall“ schon gegen Mannheim.

Wer hat die Eier?

Vielleicht hat „Deichi“ nun endlich mal den Stein ins Rollen gebracht. Nach diesem Interview war klar, dass in der Kabine irgendetwas nicht stimmen könnte. Nur was ist die große Preisfrage? Niemand kommt aus seiner Deckung hervor und spricht die Probleme an. Auch Boland zeigte sich in der Pressekonferenz „profi-like“. „Deichi hat passende Worte gefunden und wir wollen das gegen Waldhof ändern“, sagte der Mittelfeldspieler. Meinung geigen und Tacheles reden im Bus von Zwickau schien es aber nicht gegeben haben. „Man hat darüber gesprochen und versucht Lösungen zu finden“, sagte Boland. Wer hat die Eier? Boland: „Ich hoffe doch jeder.“

Was stimmt nicht mit dir?

Man kann mir doch nicht weißmachen, dass der VfB so viel schlechter ist als die anderen Aufsteiger Saarbrücken, Verl oder Türkgücü… Der „Welpenschutz“ ist nun abgelöst. Hallo! Wir sind im Profifußball und da geht es zu wie im Haifischbecken. Was war der Hintergrund für den Aufstieg? Dabeisein ist alles?! Wenn man die Klasse wieder verlässt und gegen Havelse oder den reizvollen 1. FC Phönix spielt, ist das für die nächste Zeit mit der 3. Liga ein womöglich schönes Abenteuer gewesen – mehr aber auch nicht. Ich bin mir sicher, dass der größte Teil sein Bestes tut und an seinem Job hängt, denn darum geht es ja auch. In der Regionalliga würden sicher kleinere Brötchen gebacken werden und Fußball könnte wieder zum Nebenjob werden. Manchmal ist es auch so, dass man selbst den Wald vor lauter Bäumen einfach nicht sehen kann, da wäre es doch eine Idee, sich einfach den Blick von außen einzuholen. Das macht doch jeder irgendwann mal und das ist auch völlig okay. Wie sieht das an der Lohmühle aus? Alle profi-erfahren, wie es scheint? Sorry, aber mit Stolz kann ich ja trotzdem absteigen – hat eben nicht gepasst. Tschüss Mannschaft, tschüss Trainer und tschüss 3. Liga?

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Ansage…

Was wir nicht so mitbekommen, wie jetzt außer mal bei Deichmanns Offenbarungseid, ist der bedingungslose Siegeswille. Dabei ist der Sportdirektor der wichtigste Mann in genau so einer Situation. Er muss die Fahne in den Wind halten und klare Worte finden. Nachdem Deichmann vor der TV-Kamera klar und deutlich sagte, was er von der ganzen Sache halten würde, hielt man es in Chefetage etwas sachlicher. Sportdirektor Rocco Leeser: „Ich fand uns erste Halbzeit gut. Wir gehen völlig berechtigt mit 1:0 in die Kabinen. In der zweiten Halbzeit hat der Gegner noch einmal eine Schippe draufgelegt. Es gab noch ein Moment mit „Eli“ Ramaj, wo ich gedacht habe es ist vielleicht eine Rote Karte und Elfmeter für uns. In der zweiten Halbzeit war es aber zu wenig. Die Enttäuschung müssen wir jetzt schnell abschütteln.“ Analyse gut, hat jeder gesehen, doch wo ist denn da der Lösungsvorschlag? Wo ist der Plan B? Wo sind die Eier, die „Deichi“ forderte? Wer macht eigentlich die Ansagen und wer geht vorneweg?

Alle reden davon wer geht, doch wer bleibt überhaupt?

Genauso ist es mit der kommenden Saison. Schikorra meinte im Podcast, dass man in den kommenden Wochen mit den Vertragsgesprächen anfangen und sich nicht hetzen lassen möchte. Klar, kann man das so machen. Doch vielleicht hat ein Yannick Deichmann dann schon andere Angebote, wie es schon vor der Saison war. Nein, man weiß nicht, wo die Reise hingeht und wer von den Vereinen insgesamt Corona überhaupt „überlebt“, doch man könnte ja schon mal die Weichen stellen und ein Zeichen setzen. Die anderen Clubs schlafen ja nicht auf Bäumen und sehen wer es draufhat und wer nicht. Andere wissen es vielleicht. Ohne Zukunftsvisionen und einer Weiterentwicklung wird das vermutlich nichts. Mir fehlt da derzeit einfach der Typ, der sagt: „Wir gehören in die 3. Liga und wir haben lange darauf gewartet. Der VfB Lübeck ist einer der coolsten Vereine der Welt und für den müssen wir alles geben. Auf und neben dem Platz.“

Keine falsche Bescheidenheit

Niemand meint es Böse mit den Grün-Weißen und auch wir nehmen uns viel Zeit für die Jungs und den Verein, aber bitte gebt euren Fans, die sich oft zuhause ärgern und aufregen, etwas zurück. Ein Tor, einen Sieg, den Klassenerhalt! Wer ist dafür und will alles geben? Die 3. Liga ist im Grunde genommen immer eine enge Kiste und da kommt es auf Kleinigkeiten und Überraschungsmomente an und da muss man sich Woche für Woche neu erfinden. Aktuell ist das aber eher Stillstand und Stillstand ist Rückschritt. Rückschritt wäre in diesem Fall Regionalliga. Da muss einfach mehr Dampf auf den VfB-Kessel!

Neuer Schneemann-Talk mit knallharter Analyse

Aufwachen jetzt! So heißt die neue Podcast-Folge des Schneemann-Talks. „Wir haben die enttäuschende Niederlage in Zwickau analysiert und fordern eine deutliche Reaktion der Mannschaft gegen Waldhof Mannheim und Hansa Rostock“, sagen die drei Schneemänner und ich bin ganz ihrer Meinung.

GWG

Forza VfB!
Euer Roland Kenzo

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3 Kommentare

  1. Endlich einmal von der schreibenden Zunft Klartext.👍 Friede, Freude Eierkuchen ist im Profisport fehl am Platz. Hoffentlich ziehen die Verantwortlich die dringend nötigen Konsequenzen.

  2. Vielen Dank für Ihren großartigen Kommentar!
    Meiner Meinung nach fehlt vom Vorstand über Marketing bis Sportdirektor die professionelle Einstellung..nein professionelles Verhalten!!! Lieb sind sie -beim Weihnachtsbrief hat ich Tränen in den Augen.. nur kein Angebot wie meine Kohle in den grünweissen Topf wandert…
    Auch der Trainer ist sicherlich ein lieber guter- aber motivieren, anstacheln aufheizen auch mal peitschen bis zum
    SCHLUSSPFIFF -?- leider Fehlanzeige! Jemand wie :
    Micha Hopp ein Stratege, ein Profi durch und durch.. er fehlt!!!
    Noch ist Zeit- wenig zwar aber immerhin –
    vergesst alles was die Erfolge in der Regionalliga gebracht hat – haut rein und
    arbeitet- wie Profis!!!
    Nur der VfB ✊️
    Ach… und
    Gebt Deichi einen langfristigen guten Vertrag und plant jetzt schon die Saison 21/22

    • Viel Richtiges wurde hier im Interview angesprochen. Die Gegner haben sich inzwischen auf den VfB eingestellt…In Zwickau hat man nicht aufs 2. Tor gespielt, was Fatale Folgen hatte! Zumindest kam es einem so vor. Auch ich hätte mir in der 2. Halbzeit mehr Offensivdrang gewünscht. Denn nicht umsonst heißt es: „Das Angriff die beste Verteidigung ist“. In Verl haben wir genau so gewonnen. 1:0 geführt, 1:1 und dann hatte Landerl kurz vor Schluss noch einen weiteren Offensivmann gebracht, was ein klares Signal war, dass der VfB das Spiel gewinnen will, was dann auch so geschah. Dieser Mut fehlt mir momentan. Vielleicht haben auch mal andere Spieler eine Einsatzzeit verdient, denn mir spielen einige Spieler zu oft, die unkonstante Leistungen bringen und für Verunsicherung sorgen.

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