SHFV-Präsident Uwe Döring
Foto: Lobeca/Raasch

Kiel – Der Amateursport liegt am Boden, weiß nicht, wann es weitergeht. Die Ungeduld wächst, wie in der Gesellschaft auch. Lockerungen – ja oder nein? Wann ist ein „normales“ Leben und damit Sport beispielsweise wieder möglich. Wie sieht es Uwe Döring? Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbandes (SHFV) nahm sich für die Leser von HL-SPORTS die Zeit zu einem Interview.

HL-SPORTS: Wie ist die Lage in der Corana-Krise?

Uwe Döring: Die Lage verändert sich täglich und als wir damals die Spiele im März als erster Landesverband aussetzten, hat niemand gedacht, dass es solange dauert. Wir sind von zwei Wochen ausgegangen. Inzwischen ist es gesellschaftspolitisch mit einer Absage des Oktoberfestes oder in Berlin, wo Großveranstaltungen über 5.000 Zuschauern bis Ende Oktober nicht stattfinden dürfen, alles kritisch.

HL-SPORTS: Welche Unterschiede gibt es?

Uwe Döring: Im Fußball gibt es zwei Seiten. Die eine ist der Profisport und das ist eine Berufsausübung. Dort ist der Arbeitgeber für die Dinge wie beispielsweise den Gesundheitsschutz zuständig. Die andere Seite sind die Amateure. Hier ist es vermutlich so, dass das mit dem Kontaktsport der letzte Part ist, der zugelassen wird. Wir haben vielleicht einen kleineren Vorteil, da Fußball im Freien gespielt wird. Da sehe ich für den Hallensport etwas düsterer. Mir fehlt derzeit die Fantasie zu Glauben, dass es vor September oder Oktober wieder losgeht.

Abstandsgebot bis Ende des Jahres?

HL-SPORTS: Wann kann man Amateursport wieder ausüben?

Uwe Döring: Solange das Abstandsgebot einzuhalten ist und Frau Merkel sagt, dass wir uns daran gewöhnen müssen und es eigentlich bis Ende des Jahres so sein soll, wenn nicht noch eine zweite Welle kommt, dann kann man davon ausgehen, dass man die Sportarten, wo man keinen Abstand halten kann, nicht ausüben kann. Ganz egal, ob das jetzt mit oder ohne Zuschauer ist.

HL-SPORTS: Zu Ende spielen oder verlängern?

Uwe Döring: Ich habe bisher immer gesagt, dass wir die Saison zu Ende spielen wollen. Man muss aber der Realität irgendwann ins Auge blicken und sich überlegen, was das bedeutet. Es gibt bei uns Altersklassen, die man nicht ewig aussetzen kann. In der A-Jugend gehen die Leute zum Studium, es gibt berufliche Veränderungen oder einige wollen schon unbedingt bei den Männern spielen. Wie sieht dann die Mannschaft aus, die dann im Oktober weiterspielt? Wir müssten die Altersgrenzen aufheben. Ich werde auch nie von Abbruch sprechen, sondern für mich ist die Satzung entscheidend. Dort steht drin, dass das Spieljahr in der Regel am 30. Juni endet. Wenn die behördlichen Auflagen allerdings nicht erlauben, bis zu diesem Zeitpunkt zu spielen, dann kann man auch sagen, dass man die Saison auslaufen lässt. Man beginnt normal im Sommer mit Wechselfristen und spielt eine neue Saison, wann immer das möglich ist. Bayern hat mit Recht darauf hingewiesen, dass bei einem Abbruch ein Haftungsrisiko zum Tragen kommen könnte. Bei einer Pandemie und den damit verbundenen behördlichen Anweisungen gäbe es allerdings keine Haftungsgründe. Der Verband hat einfach nicht mehr weiterspielen können. Das Risiko bei einem Flickenteppich ist, dass man sich als Verband vielleicht die kommende Saison zerschießt. Wenn man beispielsweise dann erst im Februar wieder spielen kann, könnte man sich nach einem Ende der aktuellen Saison Gedanken zu anderen Spielmodellen machen: einfache Runde, Turnierform oder anderes. Am Ende könnte aber das dazu führen, dass viele aufhören zu spielen.

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Bayern mit Vorteilen

HL-SPORTS: Auf- und Abstiege?

Uwe Döring: Die Problematik der Landesverbände ist unterschiedlich. In Niedersachsen konnte man sich mit dem bayerischen Weg anfreunden und die Zeitungen sind voll mit Stimmen aus den Vereinen, dass diese aufhören wollen. Die wollen Planungssicherheit. Man wird nie alle glücklich machen. Die Vereine schauen auf sich. Stehe ich vorne, will ich weiterspielen oder einfrieren, aber aufsteigen. Stehe ich hinten, will ich abbrechen und annullieren. Bayern hat das rigoros durchgezogen und dabei einige Vorteile. Es gibt dort nur eine Regionalliga und vor allem nur eine Landesregierung. Wir haben im Norden vier verschiedene Verbände und unterschiedliche behördliche Bestimmungen. Wenn der HSV und St. Pauli schon wieder trainieren dürfen, Bremen aber nicht, wird das so weitergehen. Die Frage ist dabei, was passiert, wenn in der Bundesliga der erste Corona-Fall auftritt. Hält das Konzept dem dann stand? Westfalen hat sich mit 88 Prozent für einen Saisonabbruch entschieden – und das mit drei verschiedenen Szenarien. Das geht von der Annullierung bis hin zu aktuellem Tabellenstand oder Quotientenrechnung. Sollte die 3. Liga und die Regionalliga nicht synchron spielen, gehe ich davon aus, dass der Norddeutsche Fußballverband eine Entscheidung in Sachen Aufstieg zur 3. Liga treffen wird. Problematisch ist eben, dass der VfB Lübeck und VfL Wolfsburg II die Chance haben aufzusteigen. Aus Schleswig-Holsteiner Sicht ist es für die Regionalliga einfacher, da hier nur der 1. FC Phönix Lübeck gemeldet hat, obwohl man nicht weiß, ob man an einer Meldung festhält.

HL-SPORTS: Ist ein Votum der Vereine eine Idee für Schleswig-Holstein?

Uwe Döring: Für uns ist das Voting unter den Vereinen kein Weg. Dafür hat man die Kreisvorsitzenden und das Präsidium, das von den Vereinen gewählt ist.

HL-SPORTS: Was ist vom DFB-Bundestag zu erwarten?

Uwe Döring: Der DFB-Bundestag könnte ein Indiz dafür sein, dass man sich rechtlich absichern möchte, um die Saison in der 3. Liga und Frauen-Bundesliga zu verlängern oder zu beenden.

Keine Entscheidung vor dem 9. Mai

HL-SPORTS: Wie geht es weiter?

Uwe Döring: Es gibt bei uns verschiedene Modelle, die wir am Montag per Videokonferenz mit den Präsidiumsmitgliedern diskutieren. Danach werden wir die Vereine informieren. Ende April ist die nächste Sportministertagung und ich hoffe, dass wir dann nicht wieder eine Regelung für nur 14 Tage bekommen. Am 9. Mai haben wir eine normale Präsidiumssitzung und die Chance, das Konzept zu verabschieden, was von den meisten mitgetragen wird. Ich möchte keine Unterscheidung zwischen Alters- und Spielklassen machen. Man sollte bedenken, dass im Jugendbereich sehr viele dafür sind, die Saison zu beenden.

HL-SPORTS: Vielen Dank für das Interview und alles Gute.

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