Sascha Knott von der Hanse Keeperacademy Lübeck
Foto: Lobeca/Raasch

Das liegt aber sehr viel an den Trainern und damit auch an den Vereinsverantwortlichen, die teilweise nur wenig Ahnung vom Fußball haben und viel zu wenig emotionale Intelligenz besitzen, um mit Kindern und Jugendlichen umzugehen. Ich bin mir bewusst, dass ich mir mit dieser Aussage viele Feinde machen werde. Denn das möchte keiner hören. Aber es ist mir egal. Dazu wird immer wieder versucht, ein Kind oder einen Jugendlichen wie einen Erwachsenen zu bewerten. Gerade wenn die Kids in der Pubertät sind, müssen wir mit ihren Fehlern leben! Dann, dass Kinder einfach gesperrt werden können: Das ist für mich ein Unding, dass sowas im Jugendfußball überhaupt möglich ist und von den Vereinen auch noch praktiziert wird! Ich beobachte immer mehr Katastrophen in den Vereinen und bei den Trainern, dass mir schlecht wird. Trainer mit Zigarette und Handy in der Hand – dies während des Trainings oder im Spiel. Trainer die Kinder verarschen und zu wenig Spielzeit geben. Die schlimmsten sind die Trainer, die versuchen ihr Ego aufzubauen und das auf dem Rücken der Kinder, weil sie vermutlich zu Hause, ihrer Frau das Bier holen müssen. Sorry an die Damen. All dies vergrault mehr und mehr Kinder. Das ist nicht überall so. Aber ich beobachte es immer mehr. Ich würde sogar sagen überwiegend. Dazu kommt, dass die Vereine in Lübeck gegeneinander und nicht miteinander arbeiten. Das alles kann und darf so nicht weitergehen. Vor fast drei Jahren habe ich einem Verantwortlichen nahegelegt, dass die Vereine in Lübeck miteinander kooperieren müssen. Aus meiner Sicht muss der VfB Lübeck dort federführend sein. Zu der Zeit gab es dann Mal einen runden Tisch, den der SC Buntekuh ins Leben gerufen hat. Das war ein guter Ansatz, der aber wieder eingeschlafen ist. Nun hat man eine Kooperation der JFV‘en und dem VfB Lübeck angestrebt. Jedoch habe ich das Gefühl, es geht auch dort zum Teil nur wieder darum, um Kinder zu bekommen, die Mannschaften bestücken sollen. Denn es wird ja immer schwerer an Kinder ranzukommen, die Leistungsfußball spielen können und auch noch zu den jeweiligen Vereinen wechseln wollen, da in der Vergangenheit auch dort sehr viele Fehler gemacht wurden. Da kommt eine Kooperation der drei Leistungsvereine ja vielleicht gerade recht!? Jetzt kommt wieder hinzu, dass auch dort schon wieder von einer Partei quer geschossen wird und Kinder falsch behandelt werden. Ich habe vor ein paar Wochen versucht darauf hinzuweisen, dass die Gefahr besteht, dass eine intakte Mannschaft mit viel Potenzial auseinander zu brechen droht , da der Trainer die Jungs nicht weiterentwickeln konnte und die Jungs selber gemerkt haben, dass das fußballerische Wissen für ihre Förderung eher zu wenig ist. Da hat man mir dann unterstellt, ich bringe Unruhe in die Mannschaft. Eine Frechheit! Was sollte ich für ein Interesse als Torwarttrainer daran haben, wenn mein Junge da auch noch in der Mannschaft spielt und auch viel Spielzeit bekommen hat!? Es ging mir nur um die Jungs als Mannschaft! Von daher wird auch sehr schwer werden, die Kooperation mit Qualität von Trainern zu bestücken. Kein leichtes Unterfangen. Dazu muss man dann aber auch mit guten Trainern vernünftig umgehen. Auch da habe ich in den vergangenen Jahren viel miterleben müssen und beobachtet. Dennoch ist diese Kooperation ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, wenn man es dann auch hin bekommt, andere Vereine für diesen Schritt zu sensibilisieren. Wenn wir in Lübeck jetzt nicht das Ruder rumreißen und mehr miteinander für die Kinder arbeiten, dann werden wir den Abwärtstrend nicht aufhalten können und in zwei bis drei Jahren nur noch Landesliga spielen. Ich befürchte auch, jetzt wo der VfB in die dritte Liga aufgestiegen ist, was für den Fußball in Lübeck echt klasse ist, noch weniger Geld für die Jugend überbleibt und das angestrebte Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) des VfB länger auf sich warten lassen muss. Ich bin nicht informiert, ob es eventuell eine Auflage gibt, dass in der 3. Liga ein NLZ gebaut werden muss oder wie lange man dafür Zeit hat. Aus meiner Sicht wäre dies ein Katastrophe, wenn wir im nächsten Jahr kein NLZ in Lübeck bereitstellen können. Denn immer mehr gute Kicker gehen nach Kiel, Hamburg oder zu St. Pauli. So lange wir in Lübeck kein NLZ haben, werden wir auch diesen Trend nicht aufhalten können. Ich persönlich sehe da den VfB ganz groß in der Pflicht, dies schnellstmöglich für die Jugendförderung umzusetzen. Kurz um, wir brauchen Macher und keine Schnacker! Wir müssen handeln! Auch die Stadt muss da aus meiner Sicht mehr unterstützen. Man sieht, ich rede mich hier grade in Rage, da mir die Jugend sehr wichtig ist. Nehmen wir lieber ein anderes Thema.

Hanse Keeperacademy Lübeck beim Battle-Tag
Foto: Lobeca/Raasch

„Trainer sind ja schon fast Kindergärtner“

HL-SPORTS: Es gilt nach wie vor das Problem, dass es ab der C-Jugend schwer wird, den Nachwuchs zu halten. Viele hören einfach auf. Was kann man hier als Verein tun?

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Sascha Knott: Vieles ist schon in der vorherigen Frage beantwortet. Aber wir müssen nicht nur mehr Trainer ausbilden, sondern mehr Trainer finden, die dem auch gewachsen sind. Das ist nicht so einfach. Geld spielt sicherlich auch mit eine Rolle, da das Ehrenamt eine Menge Zeit und Geld in Anspruch nimmt. Trainer sind ja schon fast Kindergärtner und aus meiner Sicht eine viel zu günstige Betreuung. Ein Kindergartenplatz kostet 300 Euro im Monat und ein Fußballverein acht Euro. Rechnen wir dies Mal um in zwei bis drei Mal Training pro Woche und einmal Spiel, bekommt ein Fußball-Verein pro Woche 1,06 Euro und ein Kindergarten 40 Euro. Wir könnten dies jetzt noch weiter runter brechen auf Tage und Stunden, aber ich möchte nur Mal ein Beispiel geben, dass es auf Dauer so nicht funktionieren kann. Wobei das Geld auch nicht im Vordergrund stehen sollte. Aber Benzin ist in den letzten Jahren nicht günstiger geworden. Was die Ausbildung der Trainer an sich betrifft, finde ich diese gut. Aber was bringt es, wenn die Trainer keine emotionale Intelligenz haben und nach dem Trainerschein wilde Sau spielen? Es fehlt zu sehr das Bewusstsein, dass wir Trainer die Aufgabe haben, Kinder zu entwickeln. Ob im Fußballerischen oder auch in Sozialkompetenz. Da leben einige Trainer und Vereinsverantwortlichen den Kindern etwas Falsches vor. Da soll beispielsweise einem Kind die Nummer 10 weggenommen werden, weil die ein Kind bekommen soll, dessen Elternteil mit dem Vorstand gut kann und Geschäfte miteinander gemacht werden. Oder ganz aktuell sollen Kinder unter einem Trainer spielen, der wenig für die Kinder macht und Kindern nur dumme Sprüche an den Kopf knallt. Wenn die Kinder dann dort aufhören Fußball zu spielen, ist man auch noch beleidigt. Im C-Jugendalter merken die Kinder, was um sie herum so los ist und wollen sich vielem einfach nicht mehr aussetzen. Sie entwickeln ihren eigenen Charakter. Wenn es dann zu kompliziert wird und sie hinten runterfallen, wie aktuell schon wieder geschehen, dann hören die Kinder einfach auf, um sich solchem Stress zu entziehen. Nur das möchte natürlich kein Verein, Trainer oder Verantwortlicher hören und es wird aus für mich fragwürdigen Gründen an solchen Trainern und Vereinsvertretern festgehalten. Auch wenn wir immer weniger für solche Aufgaben begeistern können, darf so aber auch nicht einfach weitergemacht werden. So gehen dann gut funktionierende Mannschaften auseinander und einige Jungs hören einfach auf Fußball zu spielen. Das sind leider Tatsachen. (weiterlesen auf der nächsten Seite)

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1 Kommentar

  1. Ein sehr interessanter und aufschlussreicher Artikel. Bemerkenswert die offene Ansprache.
    Ich glaube allerdings nicht, dass Sie sich Feinde gemacht haben, im Gegenteil, Sie haben den Spiegel vorgehalten und motiviert. Zudem nicht um den heißen Brei herumgeredet. Kritiker wird es immer geben, aber damit können Sie leben.
    Dazu meine Hochachtung und bleiben Sie weiterhin so unbeschwert, denn Leute Ihres Formats gibt es leider nicht mehr viele Herr Knott !
    Mit sportlichem Gruß
    Jürgen Lau

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