Traum vom Bundesliga-Aufstieg platzt: HSV verliert gegen Felix Magath und Hertha BSC

0:2-Heimniederlage bedeutet ein fünftes Jahr 2. Liga

HSV-Trainer Tim Walter. Foto: Lobeca

Hamburg – Am 12. Mai 2018 musste der HSV in die 2. Liga runter. 1.473 Tage später, am 23. Mai 2022, hatte der Ex-Dino die Chance auf eine Rückkehr in die Bundesliga, doch daraus wurde nichts. Im Relegations-Rückspiel gegen Hertha BSC unterlagen die Rothosen im ausverkauften Volksparkstadion am Montag mit 0:2 (0:1). Das Hinspiel im Berliner Olympiastadion hatte der Hamburger SV noch mit 1:0 gewonnen.

Der HSV verliert gegen Hertha BSC in der Relegation. Foto: Lobeca

Vor dem Spiel: Prince von Beginn an dabei

Der HSV begann mit der gleichen Elf, wie schon am vergangenen Donnerstag in der Hauptstadt. Bei den Gästen waren Ascacibar, Prince-Boateng und Jovetic gegenüber dem Hinspiel neu im Team. Die Stimmung bei den 55.000 Zuschauern super.

Die 1. Halbzeit: Boyata bringt Hertha früh in Führung

Und super war auch der Beginn der Gäste. Mit der ersten Berliner Ecke von Plattenhardt gingen sie durch nach einem Kopfball von Anga Boyata (4.) in Führung. Meffert war nicht nah genug an ihm dran. Rohr (7.) gab den ersten Torschuss der Hamburger ab, doch der flog weit über das Gehäuse von Christensen, der erneut darinstand. Die Hertha ließ den Hausherren kaum Luft zum Atmen, zeigte ein ganz anderes Gesicht im Vergleich zur Niederlage zuhause. Erst nach zehn Minuten machte der HSV mit. Berlin presste und stellte die Rothosen dadurch immer wieder vor Probleme, die eigene Hälfte zu verlassen. Immer wieder kamen gefährliche Flanken von Plattenhardt in den Strafraum der Gastgeber, doch meist flog ein Herthaner vorbei. Der HSV machte das im zunehmender Spieldauer besser, allerdings nur bis zum gegnerischen Strafraum. Dort fand man jedoch die letzte Lücke nicht. Schiedsrichter Aytekin ließ den Akteuren auf dem Feld eine lange Leine, doch Prince (31.) übertrieb es im Mittelfeld und kassierte gelb. Tousart (32.) versuchte es von der Strafraumgrenze mit einem Hammer – Heuer Fernandes flog ins richtige Eck und parierte den Schuss. Dabei verletzte sich Vuskovic und musste einige Minuten behandelt werden. Für ihn ging es danach weiter. Jovetic (37.) sah für ein rüdes Einsteigen gegen Meffert als nächster Berliner die Gelbe Karte. Wie einfach es war den HSV in Schwierigkeiten zu bringen, zeigte Belfodil (40.), der sich im Strafraum gegen Muheim durchsetzte und zurück auf Tousart ablegte, doch der kam nicht richtig heran. Kurz vor der Pause brannte es noch einmal im Berliner Strafraum, aber die HSV-Chance verpuffte.

Robert Glatzel (HSV) sah gegen Anga Boyata (Hertha BSC) nicht viel Land. Foto: Lobeca/Norbert Gettschat

Nach der Pause: Heuer Fernandes patzt

Rasant ging es im zweiten Durchgang weiter. Der HSV schien in der Kabine die richtige Walter-Ansprache gehört zu haben. Heyer (49.) prüfte Hertha-Keeper Christensen und dessen Parade verfehlte Glatzel zum Nachschuss. Einen Jatta-Pass auf Glatzel in den Strafraum klärte Boyata (53.) im letzten Moment zur Ecke. Auf der anderen Seite wehrte Heuer Fernandes einen Schuss von Plattenhardt (54.) ins kurze Eck ebenfalls gerade noch ab. Vagnoman kam für Rohr (58.) auf Hamburger Seite ins Spiel. Eine dicke Chance für die Hausherren hatte Glatzel (62.). Sein Kopfball ging allerdings drüber. Und auf einmal stand es 2:0 für Berlin. Ein Freistoß von der Seitenlinie durch Marvin Plattenhardt (63.) wurde immer länger und Hamburgs Schlussmann Heuer Fernandes sah dabei gar nicht gut aus. Nun brauchte der HSV ein Tor für die Verlängerung. Die Berliner Fans übertrieben es mit ihrer Freude und schossen Raketen aufs Feld. Die Hausherren blieben nach dem Rückstand ihrer Spielweise treu und Hertha zog sich zurück, lauerte auf Konter. Jovetic (74.) hatte bei so einem Konter das 3:0 auf dem Fuß, doch im Eins-gegen-Eins behielt Heuer Fernandes die Nerven und vereitelte den K.o. Für mehr Dampf in der Offensive bei den Rothosen sollte Kaufmann (74.) sorgen, der Jatta ersetzte. Die Herthaner machten das clever und nutzten nun jede Option für eine kleine Verschnaufpause in Form von Verletzungen und ließen so die Zeit runterlaufen. Und die lief den Hamburgern weg. Die Riesen-Chance zum Anschlusstreffer hatte Vagnoman (80.) aus acht Metern. Serdar blockte und verhinderte den Treffer. Während die Berliner nun zweimal wechselten (Björkan und Maolida für Plattenhardt und Belfodil), zog HSV-Coach Walter seinen letzten Joker und brachte Gyamerah für Heyer (82.). Tousart räumte kurz danach Schonlau ab und hatte Glück, dass er dafür nur gelb sah. Zwei Wechsel gab es auf Berliner Seite noch mit Stark, der Serdar (85.) ersetzte und Darida für Prince (90.). Dem HSV fehlte diese eine Idee zum Glück. Wir gelähmt trudelte man mit der bekannten Schönspielerei hintenrum in die sechsminütige Nachspielzeit. Erst dort war Druck der Rothosen zu spüren, aber es reichte einfach nicht. Lucas Tousart (96.) sah noch die Gelb-Rote Karte wegen Ballwegschießen, aber das war dann auch egal. Der Hamburger SV schaffte es nicht mehr und bleibt in der 2. Liga.

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Schluss: Berlin feiert im Volkspark – Walter richtet Team auf

Die Berliner feierten mit ihren 6.000 mitgereisten Anhängern den Klassenerhalt. Beim HSV waren Mannschaft und Fans enttäuscht. Trainer Walter ging nach dem Abpfiff zu jedem einzelnen seiner Spieler und richtete ihn wieder auf. Er war auch der erste, der vor die Nordtribüne vorrückte und sich bei den Fans bedankte. Sein Team klatschte danach noch mit den Fans am Zaun ab, die ursprünglich einen Platzsturm vorhatten. Die Polizei und die Ordner bildeten Ketten vor den jeweiligen Fangruppen und niemand betrat den Innenraum.

Hertha BSC bleibt in der Bundesliga und feiert mit den Fans. Foto: Lobeca

Das Fazit: Zuviel Druck tut nicht gut

War die Euphorie zu groß? Machte das Hinspiel-Ergebnis zu sicher? Oder war es der Unterschied, der eben zwischen der 1. und der 2. Bundesliga herrscht? Fakt ist, dass Hertha BSC auch durch die drei Wechsel einen ganz anderen Auftritt ablieferte als noch zuhause. Das Pressing, die Schnelligkeit, die Cleverness waren einfach am Montagabend besser. All das, was die Berliner im eigenen Stadion nicht zeigten, boten sie dem Publikum im Volkspark. Natürlich war der HSV-Plan schon nach vier Minuten in der Tonne gelandet. Es dauerte danach einfach zu lange, bis man einigermaßen in Fahrt kam, doch irgendwie auch nicht so richtig. Nur eine Torchance von Josha Vagnoman bei insgesamt zehn Torschüssen auf Hamburger Seite und 17 bei Hertha war zu wenig. Das Gegentor zum 0:1 kann passieren, doch das 0:2 ging klar auf die Kappe von HSV-Torwart Daniel Heuer Fernandes. Das Vertrauen auf die eigene Stärke den Gegner auszuspielen, klappte dieses Mal einfach nicht und nur ein Ludovit Reis, der eine konstante Leistung brachte, reicht ebenfalls nicht. Die Auswechslungen, außer die neue Variante Vagnoman, wie in Berlin, in den Sturm zu stellen, kann man hinterfragen. In der Schlussphase einen Jan Gyamerah als den letzten Joker zu setzen zeichnet Bände. Dass, was die Rothosen noch in Berlin in der zweiten Hälfte zeigten, war an diesem Montagabend weit entfernt. Zudem muss man wiederholt sagen, dass Sonny Kittel es erneut geschafft hat, sich im entscheidenden Moment aus der Verantwortung zu ziehen. Doch ihm alleine die Schuld zu geben, wäre zu einfach. Der HSV hatte eine große Chance und es nicht geschafft sie zu nuten. Muss man nun traurig sein, dass der Wiederaufstieg verpasst wurde oder so wie es Walter danach betonte, „stolz sein“, dass man noch nach der Kiel-Niederlage eine tolle Aufholjagd hinlegte und am Ende noch den Relegationsplatz erreichte? Diese Fragen muss man sich einfach stellen. Am Ende überwiegen die Enttäuschung und der Fakt: Der HSV bleibt ein Zweitligist.

Tim Walter und die Mannschaft dankt den HSV-Fans nach Schlusspfiff. Foto: Lobeca

Die Stimmen nach der Partie

Felix Magath (Berlin): „Ich bin überglücklich über das 2:0. Es war ein enges Spiel. Beide Teams hätten es verdient gehabt, in der Bundesliga zu spielen. Wir waren heute die glücklichere Mannschaft. Ich bin sehr froh, es für die Hertha geschafft zu haben.“

Tim Walter (Hamburg): „Herzlichen Glückwunsch an die Hertha. Kleinigkeiten waren heute ausschlaggebend. Es hat nicht die bessere, sondern die glücklichere Mannschaft gewonnen. Ich bin trotzdem sehr, sehr stolz auf meine Mannschaft. Wir haben mithilfe der Zuschauer und des Vereins über die Saison etwas entstehen lassen und sind immer noch nicht am Ende. Momentan herrscht einfach nur Leere, aber die nächsten Tage geht es weiter.“

HSV: Die Mannschaft verabschiedet sich bei den Fans. Foto: Lobeca
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