VfB Lübeck reagiert auf Derby-Chaos: „Lübeck verdient gutes Niveau“ – Steuerzahler bekommt die Rechnung

Dr. Dieter Gudel bezieht Stellung zum spiel beim 1. FC Phönix

Polizeisperre an der Ecke Wallstraße. Foto: LOBECA

Lübeck – Vier Tage nach dem 149. Stadtderby zwischen dem 1. FC Phönix und dem VfB Lübeck haben sich die “Gäste“ erstmals öffentlich zu den Vorkommnissen rund um das Spiel am Buniamshof geäußert. In einer Stellungnahme war Vorstandsvorsitzender Dr. Dieter Gudel ausführlich und selbstkritisch, aber auch mit klarer Kritik an der Organisation des Spiels und dem Umgang mit Fans. Teilweise durfte man sich schon vorstellen, wie es auf einem G20-Gipfel aussehen könnte. Schon Tage vor der Partie fragte HL-SPORTS bei der Hansestadt nach, wer Veranstalter sei. Die Antwort war: „Der 1. FC Phönix Lübeck“.

Nach Angaben des VfB habe man sich bewusst einige Tage Zeit gelassen, um die Lage in Ruhe zu bewerten. „Wir wollten uns erst ein umfassendes Bild verschaffen, zuhören, filtern und reflektieren. Nach einem solchen Ereignis ist professioneller Abstand geboten, bevor man sich zur Sachlage qualifiziert äußert“, erklärte Gudel. Zugleich habe der Verein seine Pokalvorbereitung auf die Partie gegen Weiche Flensburg nicht stören wollen.

Zahlreiche Beschwerden von Fans und Anwohnern

Wie der VfB mitteilt, seien auf einen vereinsinternen Aufruf hin rund 100 Rückmeldungen eingegangen – von Anhängern, Anwohnern und Zuschauern, die versucht hatten, das Stadion zu erreichen. Viele schilderten Probleme beim Zugang. Die Polizei hatte die Zuwegung zum Buniamshof großräumig gesperrt, wodurch etliche Fans trotz der kurzfristigen Informationen des Veranstalters, dass es “doch eine Tageskasse“ geben würden, nicht durchgelassen worden seien. Gegenüber HL-SPORTS wurde das schon am vergangenen Sonntag von weiteren unabhängigen Zeugen untermauert.

Laut Gudel berichteten Betroffene, sie seien abgewiesen worden, obwohl die Veranstalter zuvor den Verkauf von Restkarten an der Tageskasse kommuniziert hatten. Auch ein akkreditierter Journalist und ein VfB-Spieler seien zeitweise am Betreten des Stadionumfeldes gehindert worden. Selbst er selbst wurde an der Possehlstraße zunächst gestoppt – „wegen meines Erscheinungsbildes und eines dunklen Mantels“, wie er schilderte.

„Ohne Selbstkritik kommen wir nicht aus“

In der Stellungnahme zeigte sich der VfB-Vorstand auch selbstkritisch. Die Organisation des Derbys habe unter zwei negativen Vorzeichen gestanden – den Nachwirkungen des chaotischen Derbys 2024 und einem Aufruf einzelner VfB-Fans, das Spiel zu boykottieren und die Mannschaft stattdessen außerhalb des Stadions zu unterstützen. Diese Gemengelage habe die „Veranstalter überfordert“.

„Manche VfBer, die aufgrund der polizeilichen Maßnahmen nicht an den Buniamshof gelangen konnten, müssen sich auch an die eigene Nase fassen“, so Gudel. Am Ende habe die Mannschaft gelitten – „letztlich hat unserer Mannschaft an dem Tag die Unterstützung gefehlt, es hat uns also selbst geschadet“.

Der VfB Lübeck bedankt sich bei den wenigen Fans. Foto: Lobeca/Fabian Lamprecht

Kritik an der Einsatzkoordination

Zugleich kritisierte der VfB-Chef die Abläufe am Spieltag, ohne der Polizei pauschal die Schuld zu geben. „Ich warne eindringlich davor, der Polizei den schwarzen Peter zuzuschieben“, so der Chef von der Lohmühle. Allerdings sei deutlich geworden, dass erfahrene Einsatzkräfte, die üblicherweise bei Fußballspielen in Lübeck tätig seien, offenbar nicht einbezogen wurden.

Nach Angaben des Vereins hätten Polizeikräfte teils Aufgaben übernommen, die eigentlich dem Ordnungsdienst des Veranstalters obliegen – etwa Ticketkontrollen oder Parkraumüberwachung. Dieses wurde von HL-SPORTS sogar am Spieltag selbst dokumentiert. Gudel meinte, dass diese Abstimmung gefehlt habe: „Die Kommunikation zwischen veranstaltendem Verein und Ordnungskräften war an diesem Tag ganz offensichtlich mangelhaft.“

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Konsequenzen: „Public Viewing“ auf der Lohmühle

Für die Zukunft kündigte Gudel konkrete Schritte an. Das nächste Stadtderby wird definitiv auf der Lohmühle ausgetragen, denn es ist ein Heimspiel der Grün-Weißen – aber mit einem klaren Anspruch: „Wir sehen uns als VfBer in der Pflicht, selbst dafür zu sorgen, dass ein Stadtderby ein echtes Fußballfest wird, ohne dass dafür halb Lübeck beeinträchtigt wird. Lübeck verdient auch in der Organisation einer Fußball-Veranstaltung gutes Niveau.“

Sollte das darauffolgende Derby erneut am Buniamshof ausgetragen werden, erwägt der VfB Lübeck ein Public Viewing an der Lohmühle. Die Erlöse aus Spenden und Becherpfand sollen der Bildungsinitiative “Kicken & Lesen“ zugutekommen – „als kleines Zeichen, um die Geschehnisse von diesem Wochenende ein wenig zu kompensieren“, verspricht Gudel.

Die Possehlstraße war komplett gesperrt. Foto: LOBECA

„Gibt zu denken“

Zum Abschluss äußerte Gudel noch grundsätzliche Bedenken zur Finanzierung von Sicherheit und Organisation. Der Vorstand stellte fest, dass beim Derby auf städtischem Gelände der Einsatz von Polizei und Ordnungskräften teils Aufgaben übernommen habe, die eigentlich in den Verantwortungsbereich des Veranstalters fallen. „Dass Steuerzahler bei einem solchen Happening auf einer öffentlichen Anlage den Einsatz von Staatsbediensteten als Ticketing-, Parkraum- und Ordnungsdienst finanzieren, gibt zu denken“, wird Gudel in der Stellungnahme zitiert.

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Bildquellen

  • Polizei: LOBECA
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