Foto: Lobeca/Raasch

Lübeck – Das allgemeine Stimmungsbild im deutschen Fußball ist absolut unterschiedlich. Die 21 Landesverbände scheinen sich nicht auf einen einheitlichen Weg einigen zu können. Zumindest machen die Votings der verschiedenen Regionen dazu keinen Mut. Die Vereine wollen auf der einen Seite Klarheit, doch einige Verbände fürchten nach einer Entscheidung eine Klagewelle – und das nicht zu Unrecht.

Vereine nicht einverstanden

In den Niederlanden droht dem Fußballverband (KNVB) eine Klagewelle von Vereinen, die sich benachteiligt fühlen. Dort wurde die Saison abgebrochen – ohne Meister, ohne Auf- und Absteiger. Clubs aus erster und zweiter Liga kündigten nun an, auf einen Aufstieg nicht verzichten zu wollen. Beim Tabellenzweiten AZ Alkmaar, bei Pokalfinalist FC Utrecht und den beiden Top-Clubs der Eerste Divisie (2. Liga) gibt es womöglich bereits dementsprechende Signale.

Alkmaar soll in die Qualifikation

Alkmaar steht in der 1. Liga punktgleich mit Tabellenführer Ajax Amsterdam auf Rang zwei. AZ-Sportdirektor Robert Eenhoorn will gegen die KNVB-Entscheidung vorgehen. Sein Club hat beispielweise beide Partien gegen Ajax gewonnen, doch die Amsterdamer wurden vom Verband für die Champions League nominiert. Alkmaar müsste in die Qualifikation.

Pokalfinale abgesagt

Nächster Widerstand kommt vom FC Utrecht, der im Pokalfinale gegen Feyenoord Rotterdam steht. Das Endspiel wurde abgesagt. Utrechts Mehrheitsaktionär Frans van Seumeren möchte das nicht hinnehmen, und kündigte in einem TV-Interview an, dass „er die besten Rechtsanwälte des Landes engagieren wolle, um vor Gericht zu ziehen sowie bei den entsprechenden Instanzen der UEFA gegen den KNVB zu klagen“.

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Sammelklage gegen ÖFB geplant

In Österreich sieht es nicht anders aus. Dort wurde die Amateur-Saison annulliert. Das schmeckt nicht allen Vereinen. In vorderster Front steht dabei Peter Krenmayr, Präsident des ASV Siegendorf (Tabellenführer in der 4. Liga): „Wir klären diese Woche mit einem Sportjuristen, wie wir unsere Klage gegen den Bescheid aufbauen können und was wir noch erledigen müssen. Er gibt uns über Fristen Bescheid, die eingehalten werden müssen beziehungsweise ob und welches Gutachten wir noch in Auftrag geben sollen“, sagt er bei BVZ.at. Und er legt sogar nach: „Das ist jetzt ein Spielplatz für Anwälte. 40 bis 50 Vereine aus Wien, Niederösterreich, der Steiermark, Kärnten und auch einige Klubs aus dem Burgenland wollen sich unserer Sammelklage anschließen. Das wird ein Sturm und kein Lüfterl werden. Wir wollen mit einer einstweiligen Verfügung den Spielbetrieb auch in den obersten Ligen aussetzen. Gleiches Recht für alle, aber scheinbar hat man beim ÖFB nichts für den Amateurfußball übrig.“

DFB und Landesverbände in der Zwickmühle

Zurück nach Deutschland: Der Deutsche Fußball-Verband (DFB) beruft alsbald einen DFB-Bundestag ein. Dort könnte der Abbruch der 3. Liga und der Frauen-Bundesliga beschlossen werden. Damit verbunden wäre möglicherweise ein Ende der darunter folgenden Amateurklassen. Dann muss den Vereinen eine Entscheidung mitgeteilt werden, wie die Saison gewertet oder ob sie, wie in Österreich annulliert wird. Auf- und Abstiegsfragen sind zu klären, doch gefallen werden diese Entscheidung vielleicht nicht jedem Club. Der Bayerische Fußballverband (BFV) will es darauf gar nicht ankommen lassen und setzt bis zum 1. September aus, scheut sich vor möglichen Regressansprüchen. Zu Recht, denn so wie Corona vermutlich aus der Nachbarrepublik über die Alpen in den Freistaat kam, könnte eine Klagewelle im Fußball folgen.

RWE mit juristischem Beistand

Bei Rot-Weiß Essen ist so etwas schon in Arbeit. Dort steht die Regionalliga West vor dem Abbruch. „Für all das, was ab jetzt passiert, werden wir uns juristischen Beistand holen. Es kann nicht sein, dass der Verband Verl zum Meister kürt und wir bekommen gar nichts“, sagt Geschäftsführer Marcus Uhlig gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“. Ein Beispiel, was Schule machen könnte und somit eine Warnung für die Verbände sein sollte. Die vom DFB und den Landesverbänden beauftragten Münchner Sportrechtler Martin Stopper und Gregor rieten von einem Abbruch ab.

Der Norden hat sich noch nicht entschieden

In der Regionalliga Nord steht der VfB Lübeck an der Tabellenspitze, möchte unbedigt aufsteigen. Eine Annullierung wäre für die Grün-Weißen eine Katastrophe und viel Einsatz und Geld wäre verloren. Der Norddeutsche Fußballverband (NFV) hat sich noch nicht entschieden, wie man verfährt. Vor dem 9. Mai ist vermutlich nicht mit einer Entscheidung zu rechnen. VfB-Vorstandssprecher Thomas Schikorra sagt zu HL-SPORTS: „Wir behalten unseren Kurs bei und werden öffentlich keine Forderungen stellen. Wir hoffen und setzen auf den Dialog und eine vernünftige Entscheidung. Die Situation ist einfach schwierig und Corona steht in keiner Satzung.“

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