Wer ist der Liebling der Stadt? Schwere Frage, aber doch einfach. Blickt man auf den Zuschauerschnitt in der aktuellen Saison – oder auch die vergangenen Jahre, dann ist die Antwort ganz klar VfB Lübeck. Noch mehr Zuspruch von den Fans kann man schon bekommen, allerdings muss man irgendwie auch eine Menge kitten. Zu viel hat man in den vergangenen Jahrzehnten an Kredit verspielt, doch wenn ich an die Anfangszeit von HL-SPORTS denke, wo 7.500 Zuschauer auf die Lohmühle gegen FT Braunschweig kamen und eine Mega-Choreographie auf der Haupttribüne zeigten, war das schon elektrisierend (hier noch einmal zum nachgucken als Video). Dabei war man gerade aus der zweiten Insolvenz heraus und stieg von der Ober- in die Regionalliga auf. Alles alte Kamellen, aber doch wichtig. Über zehn Jahre danach schnauft man nach der Saison tief durch.
Die Fast-Insolvenz
Man blickt mit dem Team Gudel, Harms und Redlich nach vorne. Auch das Kontrollgremium ist ruhig, manchmal vielleicht zu ruhig. Aber man hat das Gefühl, dass die derzeitigen grün-weißen Protagonisten etwas aus einer Fast-Insolvenz im vergangenen Winter gelernt haben. Dabei ist es schon beeindruckend, dass der VfB Lübeck von 1919 so viele Unterstützer in nur wenigen Tagen mobilisierte, die zusammen über 1 Million Euro zusammengebracht haben. Irre und einfach nur wow! Doch was bleibt und vor allem was kommt?
Der Meckermodus
Und schon sind wir wieder alle im Meckermodus. Wieso steht der Kader für die neue Saison noch nicht? Weshalb sind erst drei Spieler unter Vertrag? Warum macht man nicht mehr für die Jugend? Wieso, weshalb, warum… Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Nummer eben komplexer ist, als mal kurz eine Pizza Wagner bei Salvatore zu bestellen. Ich habe vor der Saison gesagt, wenn der VfB zwischen den Plätzen fünf und acht landet, wäre das nach dem Drittligaabstieg und acht Spielern zum Trainingsauftakt eine Riesenleistung. Rang sieben ist es geworden. Und man ist Landespokalsieger, egal wie das überhaupt gegen einen taffen Landesligameister zustande kam. DFB-Pokal auf der Lohmühle…
Das eigene Stadion und die traumhafte Stadt mit allen Vorzügen
Bayern oder Dortmund – oder wieder Hansa rauskegeln? Die kommende Kohle hilft einfach einem Verein, der ein eigenes Stadion unterhalten muss und immer wieder Nörgler vor, neben und hinter sich hat – aber zudem seine attraktiven Seiten. Die Infrastruktur ist da. Flughafen, Autobahn direkt vor der Tür, geile und kulturelle Innenstadt und Strand in Travemünde. Was will man denn mehr?
Millionäre gesucht
Die Wünsche sind bescheiden, denn vorläufig wäre man bei diesen Punkten, die ich gerade aufzählte, erst einmal mit einem Brust-, einem Rücken- und einem Ärmelsponsor zufrieden. In Lübeck leben 62 Einkommens-Millionäre neben den anderen unbezifferten Millionären, die ihr Vermögen anders aufbauten. Und da ist keiner dabei, der Bock auf einen Fußballverein hat? Ein Club, der Ambitionen an den Tag legt, der schon einmal in der 2. Bundesliga spielte und der immer wieder hinfällt und vor allem immer wieder, wenn auch gestützt, aufsteht? Irgendwie gar nicht zu glauben.
Ganz Elversberg passt auf die Lohmühle…
Die großen Unternehmen hatten wir alle schon tausendmal durch. Wir wollen sie hier nicht erneut in Verlegenheit bringen. Aber wir können trotzdem mit dem Finger nach Heidenheim oder Elversberg zeigen. Der Ort mit der Spielvereinigung aus dem Saarland hat gerade einmal 7.900 Einwohner. Die würden alle einmal auf die “vergraupelte“ Lohmühle passen und es wäre noch genügend Platz für die Gästefans des Stadtrivalen.
Von der Regionalliga bis zehn Sekunden vor der Bundesliga in drei Jahren
Elversberg gegen Heidenheim und Heidenheim gegen Elversberg. Ich möchte beiden Clubs nicht zu nahetreten, denn sie haben es sich verdient dort zu spielen, wo sie spielen. Aber die Sportvereinigung 07 Elversberg war schon mit einem Bein in der Bundesliga… Bundesliga, hat vor drei Jahren noch in der Regionalliga Südwest gekickt. Das ist die gleiche Spielklasse, wo Lübeck sich tummelt. Wie geht das?
Was hat Lübeck dagegenzusetzen?
Naja, es ist ganz einfach. Gefördert wird der Verein durch den ehemaligen Trainer sowie zwischenzeitlichen Präsidenten Frank Holzer (jetzt Aufsichtsratsvorsitzender) und der finanziellen Unterstützung seines Unternehmens “Ursapharm“ als Sponsor mit ihrer Marke “HYLO“. Punkt. (Danke an dieser Stelle an Wikipedia.) Und jetzt gucken wir auf das Weltkulturerbe bei uns. Was sehen wir?
Von der Yacht zum Stadion oder Winken von der Autobahn
Selbst der Hafen für die große Yacht eines Oligarchen oder eines Scheichs ist schon da. Es fehlt nur die Person, die mal kurz mit der grün-weißen Spritze infiziert wird. Das ist hier kein Aufruf zu Körperverletzungen! Aber wer soll das nachvollziehen, dass die Schickeria aus Travemünde oder Timmendorf, die aus der Elbmetropole immer an der Lohmühle vorbeifährt oder fliegt. In Hamburg leben geschätzt über 40.000 Millionäre. Die knapp 80 Kilometer von der Elbchaussee bis zur Autobahnabfahrt Lübeck-Zentrum sind doch wohl ein Klacks.
Eine Runde Skat zum Auftakt?
In drei Wochen ist Trainingsstart (mit vier Spielern – bis jetzt) und die Verantwortlichen beim Regionalligisten VfB Lübeck zerbrechen sich aktuell immer noch den Kopf nach Trikotpartnern. Na, dann mal Prost. Die Suche ist eröffnet. Bewerbungen werden angenommen. Und ja, das geht auch mit traditionellen Werten. In diesem Sinne…
Viele Grüße aus Elversberg
Euer Roland Kenzo
Immer dienstags: Das “Lohmühlen-Echo“ bei RADIO LÜBECK auf UKW 88,5
Als exklusives Erlebnis für die Fans der Grün-Weißen gibt es jede Woche das hörbare “Lohmühlen-Echo“ bei RADIO LÜBECK. Immer dienstags mit Infos, News und Interviews für Anhänger des VfB Lübeck aus dem Stadion an der Lohmühle. Jeweils um 7.45, 13.15, 16.45 und 19.15 Uhr sind wechselnd Mannschaft, Trainer und Vorstand dabei. Außerdem immer montags und freitags zu den gleichen Zeiten das Sport-Telegramm von HL-SPORTS auf 88,5 UKW oder im Stream. Mehr zu RADIO LÜBECK hier: www.radioluebeck.de.
Bildquellen
- Lohmühle: Lobeca/Felix Schlikis
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