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Wer ist schuld und gibt es doch eine Lösung in Delmenhorst? – VfB-Fans nicht grundsätzlich ausgeschlossen!

Lübecker warten auf ein Zeichen des SV Atlas

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Delmenhorst – Alle sind sauer! Nur auf wen? Das Regionalliga-Spiel zwischen SV Atlas Delmenhorst und VfB Lübeck soll am kommenden Sonnabend um 15 Uhr im Stadion an der Düsternortstraße ohne Fans im Gästebereich ausgetragen werden. Soweit der Stand am Mittwochabend. Die Stadt Delmenhorst sperrte den Tribünenbereich für Zuschauer. Nun beginnt die Suche nach dem Schuldigen und vielleicht noch nach letzten Lösungen. Der schwarze Peter wird sich gegenseitig hin- und hergeschoben. Fakt ist: So einen Vorfall gab es in der Regionalliga Nord noch nie. Die VfB-Fans, die mit mehreren hundert Anhängern anreisen wollten, sind die Leidtragenden.

Hausherren verantwortlich?

Am Tag nach der Verordnung der Stadt war Zeit, die Sache noch einmal aufzuarbeiten. Grund für die Sperrung des Gäste-Blocks ist ein baulicher Mangel am Zaun zum Spielfeld. Auf Nachfrage von HL-SPORTS teilte die Stadt Delmenhorst mit: „Die notwendige Standsicherheit des Zaunes konnte laut des aktuellen Prüfberichts eines Statik-Büros nicht nachgewiesen werden. Es geht hier um die Frage von Anpralllasten bei hohen Fandynamik. Zuständig für die Realisierung der erforderlichen Maßnahmen zur Regionalligatauglichkeit ist der SV Atlas aufgrund eines zwischen der Stadt und dem Verein abgeschlossenen Bauvertrages. Nach zahlreichen Gesprächen hat die Stadt Delmenhorst Anfang 2023 entschieden, die noch erforderlichen Ertüchtigungsmaßnahmen für eine dauerhafte Regionalliga-Tauglichkeit des Stadions selbst in Auftrag zu geben, da sich der Verein nicht mehr in der Lage dazu sah. Dazu wurde am 7. März 2023 ein Ratsbeschluss gefasst. Dieser bildet nun die Grundlage für die Ausschreibung und Umsetzung von Ertüchtigungsmaßnahmen durch die Stadtverwaltung.“

Stadt duldete kaputten Zaun

Weiter heißt es vom Stadt-Pressesprecher: „Nach interner Beratung wurde nach einvernehmlicher Einschätzung der Beteiligten, unter anderem der Polizei, das Spiel des SV Atlas gegen den VfB Lübeck am 1. April 2023 als ein Spiel mit erhöhtem Gefährdungspotential eingestuft. Gespräche und Ortstermine haben mit den Beteiligten bis zuletzt stattgefunden. Ein in allen Punkten tragfähiges Sicherheitskonzept für die zu erwartende hohe und offenbar teilweise gewaltbereite Gästezahl im Stadion konnte vom Verein nicht vorgelegt werden. Die Nutzungsuntersagung des Gästebereichs dient somit dem Schutz der Gäste und aller Stadionbesucher. Sämtliche baurechtlichen Mängel wurden in den vergangenen Monaten betrachtet und mit Blick auf die realisierbare Ertüchtigung geduldet – mit ausgesprochenen Auflagen der Stadtverwaltung an den SV Atlas. Die Duldung zur Nutzung des Gästebereichs erfolgte jeweils im Rahmen einer Einzelprüfung zur Einschätzung der Gefährdungsrisiken von Spielen und unter Abwägung des Ermessens.“

Fans sollen bittere Kröte schlucken

„Die Stadt Delmenhorst bedauert es sehr, dass eine Nutzungsuntersagung aus bauordnungsrechtlichen Gründen erforderlich ist“, sagt Stadtbaurätin Bianca Urban und fügt an: „Wir würden es sehr begrüßen, wenn seitens der Fußballfans anerkannt und verstanden wird, dass die statischen Mängel und die Sorge um die Gesundheit im Vordergrund stehen und die Entscheidung notwendig machen.“  

NFV sieht sich machtlos

Der Norddeutsche Fußball-Verband (NFV) gab ebenfalls eine Stellungnahme ab. Darin heißt es: „Trotz sofortiger Kontaktaufnahme des Vorsitzenden der NFV-Sicherheitskommission August- Wilhelm Winsmann und des Präsidenten Ralph-Uwe Schaffert mit Vertretern der Stadtspitze, wird die Stadt Delmenhorst an dieser Anordnung festhalten. Als Grund wurde eine durch Gutachten belegte unzureichende Standsicherheit der Umzäunung des Gästeblocks genannt, die bei Belastung einzustürzen droht und damit eine Gefahr für Leib und Leben der Zuschauer darstellt. Die Stadt verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass eine Ertüchtigung der Zaunanlage dem Heimverein bereits im Herbst 2022 zur Auflage gemacht worden sei. Der Norddeutsche Fußball-Verband hat bei dieser Sachlage keine Möglichkeit, eine Zulassung der Lübecker Fans für das Spiel am 1. April zu erreichen, zumal das Stadion im Eigentum der Stadt Delmenhorst steht. Der Verband hat gegenüber der Stadt Delmenhorst allerdings klargestellt, dass er bei künftigen Vergleichsfällen eine frühere Einbindung in Entscheidungsprozesse wünscht, was von Seiten der Stadt auch in Aussicht gestellt worden ist.“

800 Fans wollen nach Delmenhorst

Und doch könnte der Verband hier in die Pflicht genommen werden, denn der VfB Lübeck will diese Gangart nicht akzeptieren. Der Tabellenführer der Regionalliga Nord wurde von der Entscheidung am Dienstag ebenfalls überrascht und gab sich tags darauf kämpferisch für seine Fans. Der Ticketverkauf lief in den Tagen zuvor bestens. Von den 500 Karten wurden bereits bis Dienstag 400 verkauft. Insgesamt rechnete man mit etwa 800 grün-weißen Mitreisenden.

Gespräche zwischen Vereinen

Während schon am Dienstag die Drähte zwischen Lübeck und Delmenhorst glühten, gab es am Mittwochvormittag weitere Gespräche zwischen den Vorsitzenden beider Vereine. Der VfB-Vorstandsvorsitzende Christian Schlichting riet seinem Delmenhorster Kollegen dazu, rechtliche Schritte gegen die Maßnahme der Stadt einzuleiten, um mildere Mittel (beispielsweise eine Reduzierung der Blockkapazität) zu erreichen. „Bislang ist dies jedoch nach unserem Kenntnisstand seitens des SV Atlas nicht angedacht“, gab der VfB zu verstehen.

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VfB Lübeck fordert Einhaltung der NFV-Richtlinien

In einer Mitteilung heißt es: „Der VfB Lübeck akzeptiert diese Maßnahme, die seitens der Stadt Delmenhorst nicht gegen unseren Verein gerichtet ist, aber ausschließlich Mannschaft und Anhänger des VfB Lübeck betrifft, nicht. Es werden dabei elementare Grundsätze des Regionalliga-Spielbetriebs verletzt, und das ohne Verschulden des VfB Lübeck auf Kosten unseres Vereins und insbesondere unserer Fans. Sollte sich der SV Atlas Delmenhorst gegen eine kurzfristige gerichtliche Klärung des Problems entscheiden oder eine solche nicht zum Erfolg führen, fordern wir den SV Atlas Delmenhorst und den Norddeutschen Fußball-Verband auf, ein taugliches Ausweichstadion zu benennen, in dem die Partie am kommenden Sonnabend unter den vom Verband vorgeschriebenen Richtlinien durchgeführt werden kann. Hierbei verweisen wir vor allem auf die “Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Spielen der Regionalliga Nord“, die als Anhang 4 Teil der NFV-Spielordnung sind. Hier heißt es in Absatz 3.4.6 unmissverständlich in Bezug auf die in Ziffer 3.4.5 beschriebene Ausgestaltung der Fanblöcke und deren Umzäunung: “Sofern Platzanlagen / Stadien über die Voraussetzungen der Ziffer 3.4.5 nicht verfügen, können Spiele mit erhöhtem Risiko auf der Platzanlage / Stadion nicht stattfinden, sondern es muss zwingend in ein Stadion ausgewichen werden, in dem die o. g. Anforderungen erfüllt werden.“

Kein Ausweichstadion?

„Mit großer Verwunderung stellen wir fest, dass der SV Atlas Delmenhorst dem NFV keine Information über die seit der Abnahme durch den NFV offenbar eingetretene Veränderung rund um die bauliche Einordnung des Stadions zukommen ließ und es so versäumt wurde, bereits im Vorwege ein entsprechendes Ausweichstadion zu benennen, wie es bei anderen Vereinen (z.B. Phönix Lübeck) schon als Zulassungsvoraussetzung zur Regionalliga gefordert wurde.

Neapolitanische Szenen in Delmenhorst?

Für die Polizei dürfte es trotz der Verordnung ein spannender Tag werden. Die Lübecker Fans wollen ihre Mannschaft unterstützen und werden möglicherweise trotzdem die Reise nach Delmenhorst antreten. Gerade erst vor zwei Wochen gab es in der UEFA-Champions League einen ähnlichen Fall. Anhänger von Eintracht Frankfurt durften zum Spiel beim SSC Neapel das Stadion nicht betreten. Die Hessen fuhren dennoch hin und lieferten sich wilde Verfolgungsjagden mit Neapel-Gleichgesinnten und es gab Straßenschlachten mit der Polizei.

Polizei rechnet mit VfB-Fans

Ob es so weit kommt, ist eher anzuzweifeln. Allerdings könnten sich, wie schon in Neapel, Krawall-Touristen auf den Weg in die von knapp 80.000 Menschen bewohnte Stadt in Niedersachsen machen, um dort vielleicht für Ärger zu sorgen. „Natürlich bereiten wir uns aber darauf vor, dass trotz des Einlassverbots ins Stadion Fans des VfB Lübeck den Weg nach Delmenhorst antreten werden. Wir werden im Umfeld des Stadions und auch in der Stadt Delmenhorst mit Einsatzkräften für Sicherheit sorgen“, sagt Albert Seegers als Pressesprecher der Polizeiinspektion Delmenhorst/Oldenburg-Land/Wesermarsch zu HL-SPORTS.

Verband ist am Zug oder „Wildwuchs“

Der NFV müsste nun handeln und seine eigenen Richtlinien durchsetzen. Dabei berichtet „Faszination Fankurve“ am Mittwoch darüber, dass die Lübecker dennoch ins Stadion kommen. So heißt es: „Es ist die Nutzung des eingezäunten Bereichs für Gästefans untersagt. Dies ist nicht mit einem grundsätzlichen “Gästefanverbot“ gleichzusetzen“, so die Stadt Delmenhorst auf Nachfrage. Das dürfte den Status “Risikospiel“ als absurdum setzen. Im Stadion an der Düsternortstraße würde dann „Wildwuchs“ von Zuschauern herrschen – Atlas-Anhänger gemischt mit VfB-Fans…

Oder ausweichen oder verlegen oder Reduzierung?

Es gibt weitere Szenarien, die der Verband nun durchspielen müsste. Wie sieht es mit einem Ausweichstadion aus, denn anscheinend hat man hier versäumt, die Sicherheit aufrechtzuhalten. Für Flutlichtspiele beispielsweise ist das rund 50 Kilometer entfernte Stadion des SSV Jeddeloh benannt. SVA-Vorsitzender Manfred Engelbart versucht seit zwei Tagen nach Möglichkeiten für die VfB-Fans zu suchen. Zu HL-SPORTS sagt er: „Ich war heute nochmal im Rathaus und habe wenigstens versucht eine Zulassung für 200 Fans im Gäste-Block zu bekommen. Es scheint aussichtslos. Das Problem des Zauns ist allen bekannt und wir hatten in der Vergangenheit nie Probleme damit, sogar mit 200 bis 300 Fans. Nur weil jetzt 400 Lübecker in diesen “Käfig“ sollen, gibt es bedenken. Ich kann das Argument der Sicherheit nicht wegwischen und das will ich auch nicht. Am Ende geht es eben darum, dass dieses Thema immer oberste Priorität hat, doch warum gerade jetzt? Es ist enttäuschend, dass man hier gleich eine Null-Linie fährt. Wir hatten alles bestellt, mehr Personal für die Sicherheit dazu gebucht. Normalerweise haben wir zwölf Ordner, nun wären es 50 gewesen. Die Polizei und unser Verein sind im Schulterschluss und niemand geht davon aus, dass Lübecker bei uns randalieren. Warum auch, wir haben keinen Streit mit dem VfB.“ Die Stadt wird sich als Eigentümer des Stadions allerdings hier von der Haftung ausschließen wollen. Wenn etwas passiert, wer ist schuld? Und somit steht man wieder am Anfang der Frage…

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