„Wir lassen uns nicht mehr vertreiben“

Ein ganz besonderer Meister

Der TuS Lübeck II wurde im ersten Jahr direkt Meister. Foto: TuS Lübeck/o.H.

Lübeck – Innerhalb eines Jahres von der Gründung zur Meisterschaft: Der TuS Lübeck 1893 II hat in der Kreisklasse C eine bemerkenswerte Saison gespielt – sportlich erfolgreich und gesellschaftlich bedeutsam. Das Team, bestehend aus Spielern aus zehn Nationen, ist nicht nur Aufsteiger, sondern auch ein Beispiel gelebter Integration.

TuS Lübeck öffnet die Tür

Die Wurzeln des Teams reichen zurück in den Winter 2023. Auf matschigen Bolzplätzen im Lübecker Stadtgebiet spielten junge Männer, viele von ihnen Geflüchtete. Ohne Verein, ohne festen Trainingsplatz. „Wir wurden immer wieder von Plätzen vertrieben, weil wir keinem Verein angehörten“, erinnert sich Olaf Hartfiel, Co-Trainer und einer der Gründungsmitglieder. Für einige Spieler war das mehr als eine sportliche Hürde. „Vom Krieg vertrieben, von Fußballplätzen verdrängt – das war schwer zu ertragen“, so Hartfiel weiter. Mohammad Tammo, selbst aus der syrischen Stadt Kobani geflüchtet, wollte das ändern. Er suchte aktiv nach einem Verein, der eine neue Mannschaft aufnehmen würde. Viele Türen blieben zunächst geschlossen – bis der TuS Lübeck 1893 reagierte. Die zweite Herrenmannschaft war dort seit Jahren nicht mehr aktiv – eine Lücke, die Tammo mit Leben füllte.

Zehn Nationen

Zum ersten offiziellen Training erschienen fast 30 Spieler – aus Syrien, Afghanistan, dem Jemen, Libanon, Kolumbien, Venezuela, Polen, Weißrussland, Griechenland und Deutschland. Trotz Sprachbarrieren und kultureller Unterschiede fanden die Kicker schnell zueinander. „Integration und Vielfalt sind bei uns keine Floskeln, sondern gelebter Alltag“, betont Tammo. Ein Kern von etwa 20 Spielern blieb dauerhaft im Kader. Olaf Hartfiel, der anfangs selbst mittrainierte, zog sich früh aus dem aktiven Spielbetrieb zurück und übernahm gemeinsam mit Tammo das Traineramt.

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Die Mannschaft des TuS II. Foto: TuS Lübeck/o.H.

Holpriger Start

Der Einstieg in den Spielbetrieb verlief holprig: Das Kreispokalspiel und die erste Ligapartie gingen verloren. Bereits am zweiten Spieltag folgte aber der erste Sieg. Die Hinrunde blieb durchwachsen – geprägt von Unentschieden, Niederlagen und vereinzelten Siegen. In der Winterpause verstärkte sich der Kader personell und stabilisierte sich spielerisch. In der Rückserie folgte dann ein klarer Aufwärtstrend: Mit sieben Siegen in Serie und vier weiteren Unentschieden wurde das Team zum Titelkandidaten. Am Ende entschied das Torverhältnis – zugunsten des TuS Lübeck II. Die Meisterschaft in der Kreisklasse C war perfekt.

Sponsoren wurden gefunden

Der Titel ist nicht nur sportlich ein Erfolg, sondern hat auch symbolische Bedeutung. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich eine Gruppe ehemals vereinsloser Spieler zu einer funktionierenden, leistungsstarken Mannschaft. Unterstützt wird das Projekt mittlerweile von fünf Sponsoren. „Wir lassen uns nicht mehr vertreiben. Wir sind TuS Lübeck 1893 – Zweite Herren!“, lautet die klare Botschaft aus dem Team.In der kommenden Saison geht die Mannschaft in der Kreisklasse B an den Start. Ziel ist der Klassenerhalt, vielleicht auch mehr – mit Teamgeist, harter Arbeit und der Erfahrung einer Saison, die weit über den Fußball hinausgewirkt hat.

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