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Lübeck – Wäre in jeder Woche der Gegner Mainz 05, stünden die Travemünder Raubmöwen sehr wahrscheinlich nicht auf einem Abstiegsplatz. So ist es natürlich nicht, aber die Freude nach 60 Minuten nicht hochklassigem, dafür jedoch umso spannenderem Handball-Fight war riesig und ehrlich. Der TSV Travemünde schaffte gegen den – wen anderen als 1. FSV Mainz 05? – ein 26:24 (13:10) und damit den zweiten Saisonsieg. Es bleibt also dabei: Gegen die Meenzer Dynamites haben die Raubmöwen noch nie verloren. Dieser Erfolg ändert wenig bis gar nichts am sportlich so gut wie besiegelten Abstieg. Aber die Momentaufnahme zählt und war nach dem Spiel jedem einzelnen Raubmöwen-Gesicht anzusehen.

Personell sah die Lage ein wenig entspannter aus als zuletzt. Es fehlten Nina Schmidt (Grippe) und weiterhin Malin Stammer, dafür haben sich Laura Riehl und Jenny Stapelfeldt so weit von ihren Hand-Verletzungen erholt, dass einem Einsatz nichts im Wege stand. Zunächst nahmen beide jedoch auf der Bank Platz. In der Anfangsformation standen Annika Kranich im Tor. Am Kreis nahm Annika Jordt Aufstellung, die beiden Außenpositionen wurden von Vivien Bartlau und Karen Wessoly besetzt. Neben Leonie Wulf auf der Mittelposition nahmen Frederikke Lærke sowie Franziska Haupt ihre Plätze ein. Der TSV ging bis zum 6:6 (15.) nie in Führung, fand bis dahin allerdings jeweils die richtige Antwort auf die Mainzer Vorgaben.

Und mit dem Führungstor klappte es in der 16. Minute doch. Mit ihrem dritten Treffer erzielte Franzi Haupt in der 16. Minute das 7:6. Noch lauter wurde es am Steenkamp, als Karen Wessoly gleich darauf auf 8:6 erhöhte. Und es lief weiterhin bestens für Travemünde. Annika Jordt und gerade in die Partie gekommene Laura Riehl sorgten für das 10:6 (22.). Grund genug für 05-Trainer Andre Sikora-Schermuly, die bitternötige Auszeit zu nehmen.

Dass es bis dahin so gut lief, lag zum einen ohne Frage an der trotz aller Widrigkeiten positiven Einstellung des Tabellenschlusslichts. Es war auf der anderen Seite auch unverkennbar, dass die Gäste aus Mainz nicht weniger nervös in dieses Spiel gingen. So war die Fehlerrate auch im FSV-Lager unnatürlich hoch. Und das trotz der beiden zuletzt sensationellen Siege gegen Zwickau und Bensheim Auerbach, die beide nach hohen Rückständen schon verloren schienen. Spiegelten die Raubmöwen tatsächlich das Bild des Meenzer Angstgegners wider? Bis auf 12:7 konnte Travemünde das Ergebnis in der ersten Halbzeit hochschrauben, ehe der 1. FSV aus seiner Lethargie erwachte und bis zur Pause auf 10:13 verkürzte. Trotzdem: Die Halbzeitführung war für den TSV Travemünde mehr als verdient, weil er hinten über die besseren Torhüterinnen verfügte und im Angriff um einiges effektiver agierte.

Es blieb die Frage, wie die Raubmöwen die Anfangsphase der zweiten Hälfte überstehen würden. Denn in dieser hatten sie in der Vergangenheit viele Spiele aus der Hand gegeben. Zudem drehte Mainz zuletzt auch einen 11:18-Rückstand gegen Bensheim Auerbauch. Mit diesem Ergebnis führten Travemünde kurz nach Wiederanpfiff. Und es hatte wirklich den Anschein, als ob Fehler und Nervosität wieder die Oberhand im TSV-Lager erobern sollten. Aus einem 19:12 wurde sehr schnell ein 19:16. Nach minutenlanger Durststrecke brach Karen Wessoly in der 43. Minute zunächst den Bann. Die nervlich kaum auszuhaltende Spannung hielt dann aber doch Einzug in die Senator-Emil-Possehl-Halle; bis auf zwei Tore kam der 1. FSV Mainz 05 immer wieder heran. Auch das 24:21 Frederikke Lærkes nach 56:53 Minuten war noch nicht vorentscheidend.

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Mainz versuchte es mit allen Mitteln; so brachte Sikora-Schermuly in der Schlussphase in den Angriffsphasen eine siebte Feldspielerin. Sobald Travemünde den Ball besaß, traf es auf eine total offensive Mainzer Abwehr. Aber es reichte, nach 58:51 Minuten machte Capitano Leonie Wulf mit dem 26:23 alles klar. Die Gäste konnten durch Katharina Wagner nur noch verkürzen.

Die Reaktionen fielen nach dem zweiten Saisonsieg der Raubmöwen, wen wundert es, in beiden Lagern entsprechend unterschiedlich aus. So versuchte es 05-Coach Sikora-Schermuly gar nicht erst, seine bittere Enttäuschung zu verbergen: „Das war heute einfach nur katastrophal. Wir hatten viel zu viele Häuptlinge und kaum Mannschaftsspielerinnen. Wir können das Tor nicht treffen, wenn wir Travemündes Torfrauen regelmäßig nur den Bauchnabel wegschießen. Und das unsere beiden Torhüterinnen kaum einen Ball anfassten, passte ins Bild. Auch, wenn es am Ende noch einmal knapp wurde, hatte ich nie das Gefühl, dass wir dieses Spiel noch irgendwie drehen würden.“

Sikora-Schermulys Gegenüber Thomas Kruse stellte seine Mannschaft in den Vordergrund: „Ich gönne es den Mädels einfach und hoffe, dass es uns für die nächsten Spiele in die richtige Spur bringt.“

Zunächst sprachlos, fand die gute Keeperin Annika Kranich dann doch noch einige Worte: „Heute haben wir in der Abwehr konzentriert gespielt. Aber was soll ich sagen? Ich freue mich einfach riesig.“

Die Raubmöwen siegten mit: Kranich, Vogel – Wulf (3), Bartlau (2/1), Krey, Riehl (2), Naleschinski (2), Jordt (1), Stapelfeldt (1), Haupt (7/1), Lærke (4), Wessoly (4)

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