Hamburg – Erst Christian Titz, dann Hannes Wolf und am Freitag musste Sportvorstand Ralf Becker (Foto) nach den beiden Trainern seine Sachen im Volkspark packen. Der 48-Jährige wurde beim Hamburger SV freigestellt. Zu Recht? Wohl ja, so bitter das klingt.

Becker kam im vergangenen Sommer von Holstein Kiel, sollte den HSV als Verantwortlicher im sportlichen Bereich zurück in die Bundesliga führen. Zu Gute muss man ihm halten, dass er sein Bestes unter den erschwerten Bedingungen gab, doch das war nicht gut genug. Hamburg ist eben nicht Kiel. In der Großstadt hat er von Anfang an mit mehr Aufmerksamkeit zu tun gehabt, wirkte oft zu ruhig, ließ kaum Emotionen walten. Eigentlich ein gutes Zeichen, doch seine Talfahrt begann mit der Entlassung von Publikumsliebling Titz. Ihn wollte man im Volkspark nicht, denn seine „neue Art von Fußball“ brauchte Zeit. Diese Zeit hatte man allerdings anscheinend nicht bei den Rothosen. Bei Platz fünf wurde man nervös, installierte mit Wolf einen Trainer, der mit dem VfB Stuttgart bereits den Aufstieg in das Fußball-Oberhaus schaffte. Doch am Ende war es für Wolf nicht möglich, das Ziel zu packen. Beckers zweiter Minuspunkt.

Zudem kam der Kader: Mit wenig Geld die goldenen Wasserhähne an der Elbe anzubauen, gelang Becker ebenfalls nicht. Das hätte der entlassene Sportvorstand wissen können. Hee-Chan Hwang entpuppte sich als flopp. Doch auch andere Neuzugänge zündeten nicht so. Orel Mangala dürfte dabei eine Ausnahme gewesen sein – ein Glückstreffer? Routinierte Spieler, wie Pierre-Michel Lasogga, Aaron Hunt und Lewis Holtby bekamen es nicht gedeckelt. Der Umgang mit Fiete Arp, der ebenfalls ein Publikumsliebling war, wurden von der Sportlichen Führung fallengelassen. Das Resultat ist bekannt: Becker und Wolf haben zusammen mit der Mannschaft diesen unnötigen Nicht-Aufstieg zu verantworten. Beide sind nun nicht mehr da.

Anzeige

Trotzdem muss man vermuten, dass man in Hamburg nicht viel aus den vergangenen Jahren gelernt hat. Club-Boss Bernd Hoffmann sah sich den Niedergang zulange an, reagierte nicht. Dabei muss man an dieser Stelle sogar einmal Klaus-Michael Kühne in Schutz nehmen. Der HSV-Investor warnte schon im Februar davor, was am vergangenen Wochenende bittere Realität wurde.

Jetzt ist Schluss! Der HSV hat einen neuen Sportvorstand. Jonas Boldt übernimmt den Job, hat einen großen Scherbenhaufen vor sich – noch größer vermutlich, als nach dem Bundesliga-Abstieg vor einem Jahr. Doch der 37-Jährige macht das aus freien Stücken, war bisher bei Bayer Leverkusen zuletzt Sportdirektor. Ein Aufstieg, denn Boldt fing beim Champions League-Teilnehmer als Scout vor zwölf Jahren an, ging als Assistent der Geschäftsführung, Leiter der Scouting-Abteilung, Manager… Er genießt einen ausgezeichneten Ruf und kennt sich in dem „Haifischbecken“ Bundesliga sehr gut aus. Er holte beispielsweise Hakan Calhanoglu aus Hamburg zu Bayer. In Leverkusen wurde er von seinem Vorgänger Rudi Völler am vergangenen Wochenende mit Blumen verabschiedet.

Gefällt Dir unsere journalistische Arbeit?

Dann unterstütze uns hier mit einem kleinen Beitrag. Danke.

- Anzeige -