Svea Timm - Foto: Waag/oH

Lübeck – Manche Rennen schreibt man mit Zahlen, Zeiten und Taktiken. Andere schreibt man mit dem, was zwischen Start und Ziel passiert – mit innerem Zittern, unerwarteter Stärke, und dem Moment, in dem die eigene Grenze nicht das Ende ist, sondern der Anfang. Beim 7 Türme Triathlon, der Auftaktveranstaltung der PALM SERIE – Triathlon im Norden, lieferte Svea Timm genau so ein Rennen: Ihr erster Start über die Mitteldistanz – und gleich ein Sieg bei den Frauen. Ein Tag, der weit mehr war als ein Podiumsplatz.

Freiwasser: Angst vor dem Unbekannten

Svea hat über die Jahre tausende Laufkilometer gesammelt, an Deutschen Meisterschaften teilgenommen, unzählige Zieleinläufe erlebt. Und trotzdem sagte sie im Rückblick: „So aufgeregt war ich noch nie. Nicht mal vor einem Marathon.“

Der Grund? Das Freiwasserschwimmen. 1,9 Kilometer durch die Wakenitz, ohne Beckenrand, ohne Boden unter den Füßen, ohne das vertraute Chlorwasser. „Ich schwimme erst seit sieben Monaten – meistens morgens um sechs, ganz allein, ohne Verein, ohne Trainer. Nur mit YouTube-Videos und Eigenmotivation.“

In der Rennwoche wagte sie einen Neo-Test im Freibad. Ein einziger Versuch in der Kieler Förde scheiterte nach vier Minuten. „Ich weiß nicht, was es ist. Ich bin nicht ängstlich, aber Freiwasser macht mir einfach Angst.“

Dass sie trotzdem an der Startlinie stand, war kein Selbstverständnis. Dass sie am Ende als Siegerin das Ziel erreichte – umso weniger.

Schwimmen: Kontrolle statt Tempo

Der Schwimmstart im Naturbad Falkenwiese war wuselig, unübersichtlich, ein Chaos aus Körpern, Kraulzügen und Bojen. Genau das half ihr: „Ich war so mit Orientierung beschäftigt, dass ich gar nicht über meine Angst nachdenken konnte.“

Sie fand überraschend gut ihren Rhythmus. Vielleicht sogar zu gut: „Ich war irgendwann so erleichtert, dass ich fast vergessen habe, dass es auch um Zeit ging.“

Svea Timm schwamm energiesparend, kontrolliert – eher ein mentaler Sieg als ein Wettkampfsplit. Und trotzdem kam sie solide in der Wechselzone an.

T1: Ruhe bewahren

In der Wechselzone nahm sie sich bewusst Zeit:„Ich wollte keinen Fehler machen. Also lieber ein paar Sekunden mehr.“ Dass ihr dann beim Versuch, die Startnummer anzulegen, die Nummer abriss, war ein kleiner Dämpfer – aber einer, den sie mit kühlem Kopf löste. Startnummer neu befestigen, durchatmen, aufs Rad.

Radfahren. Überholen. Dominieren.

Was nun kam, war ein Kontrastprogramm: 90 Kilometer auf dem Rad, fünf Runden á 18 Kilometer durch den Wesloer Forst. Svea Timm war in ihrem Element: „Ich fahre noch nicht lange ernsthaft Rad, aber da dürfen meine Beine machen, was sie können.“

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Sie überholte – unaufhörlich. Bereits auf der ersten Runde holte sie sechs Minuten Rückstand auf die führende Frau auf. Am Ende stieg sie 20 Minuten vor der nächsten Frau vom Rad. Nur neun Männer waren schneller.

„Dass ich so weit vorne liege, hätte ich nie erwartet. Ich wollte einfach mein Ding fahren – und hab’s genossen.“

Trotz der aufkommenden Hitze und zunehmendem Wind blieb sie konzentriert. Der Gedanke an die Hitze, das Unbehagen – das kam erst später.

Laufen: Hitzeschlacht mit Vorbelastung

Der Wechsel in T2 ging schneller, aber die Energie war spürbar angeknackst. Die Laufstrecke über 20 Kilometer führte durch den Stadtpark und an der Wakenitz entlang. Mal Sonne, mal Schatten, mal Asphalt, mal Natur – und immer diese brütende Hitze.

Svea Timm: „Ich kann schlecht mit Wärme umgehen. Schon nach wenigen Kilometern merkte ich, dass mein Kreislauf instabil wurde.“

Sie nahm Tempo raus. An jeder Verpflegungsstation blieb sie stehen, trank, kühlte sich. Der Körper schwankte zwischen Überhitzung und Frösteln. Das Tempo? Deutlich langsamer als erhofft. Ihr Kommentar:

„Ich hatte das Gefühl, ich bin unfassbar langsam. Dass meine Laufzeit am Ende die drittschnellste des Tages war, war völlig surreal.“

Zwei Männer liefen die 20 Kilometer schneller. Mehr nicht. Svea Timm kam mit ihnen ins Ziel – nach mehr als vier Stunden Wettkampf.

Ein Zieleinlauf voller Bedeutung

Im Ziel wartete Simon Müller – ihr Partner, Unterstützer, Trainingsbegleiter. Freunde standen am Rand, feuerten sie an, winkten, jubelten. Svea Timm war geschafft, leer, aber glücklich: „Dass ich das Schwimmen geschafft habe, war mein größter Sieg. Die Platzierung kam danach.“

Doch sie hatte nicht nur das Schwimmen geschafft. Sie hatte gewonnen. Die erste Frau der Mitteldistanz beim 7 Türme Triathlon in der PALM SERIE.

(Quelle: Tobias Waag)

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