Lübeck – Neues rund um die Bebauungspläne der Hansestadt Lübeck auf der Falkenwiese: Bei einer Pressekonferenz des LBV Phönix am Montagmittag nahmen auch Vertreter des Schleswig-Holsteinischen Leichtathletik-Verbandes und des SV Viktoria 08 teil. Abermals wurde die Sichtweise der Betroffenen deutlich, während man sich fragt: Was passiert mit der Falkenwiese, den Vereinen und über 2.500 Schülern?
 
Bis jetzt war klar, dass die Stadtverwaltung, unter der Leitung von SPD-Senator Franz-Peter Boden, Wohnungen auf einer Teilfläche der Falkenwiese plante. Jan Lindenau, Chef der SPD-Bürgerschaftsfraktion, sorgt jetzt für Verwirrung. Er widerspricht einer Bebauung auf der Falkenwiese aus SPD-Sicht und schlägt eine Verlängerung des Erbpachtvertrages für drei Jahre vor. Am Montag äußerte sich nun auch der betroffene Verein zu dem Angebot einer dreijährigen Verlängerung des Erbpachtrechts. „Drei Jahre sind ein Affront. Es stellt sich die Frage, warum so kurz und was soll danach passieren?“, sagt Steffen Kohl, 2. Vorsitzender der Adler-Träger. Unterstützung bekommt er nicht nur von den großen, sondern nun auch von kleineren Fraktionen in der Bürgerschaft. CDU und Grüne haben sich mit eigenen Anträgen bereits positioniert und fordern ebenfalls eine langfristige Verlängerung.

Dennoch ist eine Mehrheit fraglich, weil die Laufzeiten beider Anträge voneinander abweichen. Während die Grünen eine Verlängerung von 20 Jahren vorschlagen, hat die CDU 15 Jahre im Sinn. Wolfgang Delfs, der als Vorsitzender des Schleswig-Holsteinischen Leichtathletik-Verbandes zusammen mit seinem Geschäftsführer bei der Pressekonferenz zugegen war, zeigt sich verärgert und unterstreicht: „Die Phönix-Halle ist etwas ganz besonderes für den LBV und die Schulen. Hier gibt es die einzigartige Möglichkeit in Lübeck, auch im Winter Leichtathletik zu trainieren. Von insgesamt fünf vergleichbaren Hallen im Land, bieten erst die Hallen in Bad Segeberg oder Malente eine Möglichkeit, in der kalten Jahreszeit spezifisch zu trainieren. Für den Bereich Leichtathletik gilt die Halle als die sportliche Existenzgrundlage, der traditionell zu den mitgliederstärksten und leistungsstärksten im Land zählt. Daneben nutzen verschiedene Schulen die Mehrzweckhalle nicht nur für den Regelunterricht, sondern gleichermaßen für besondere Leichtathletiktrainingseinheiten. Wie will die Stadt ohne diese Halle ihr Angebot aufrechterhalten?“.

Grund für die Empörung ist das späte Bekanntwerden undurchsichtiger Pläne der Stadtverwaltung, die nicht so recht mit der Sprache herausrückt. Anfragen des Phönix gab es zur Genüge. Bereits im März 2012 erteilte die Verwaltung durch Claus Strätz (Fachbereichsleiter Wirtschaft, Hafen und Liegenschaften) dem Verein ein unter dem Vorbehalt der Zustimmung der zuständigen Gremien der Stadt stehendes Angebot für eine Verlängerung der genutzten Flächen für 17 Jahre. Phönix bat um eine Verlängerung für 27 Jahre. Strätz lehnte ab. Der Verein musste auf das Angebot der Stadt eingehen um nicht sowohl die Flächen, als auch die Entschädigungszahlung zu verlieren. Im Februar teilte Strätz dem Phönix mit, dass die Bürgerschaft in ihrer Märzsitzung entscheiden werde. Eine Entscheidung wurde allerdings nicht herbeigeführt. Kohl dazu: „Nach meiner Kenntnis war ein entsprechender Antrag gar nicht in die Bürgerschaft eingebracht“ –  Ein Skandal. Dafür aber posierten Bürgermeister Bernd Saxe und sein Stadtplaner Karsten Schröder Ende März zum Thema „Innenstadtbebauung“ in den Lübecker Nachrichten.

Der Phönix indes erhielt Anfang April von der Verwaltung die Mitteilung, der Antrag sei „vertagt“. Die Stadt komme von sich aus auf den Vorgang zurück. Alarmiert von zunächst vagen Bebauungsgerüchten blieben direkte Anfragen des Vereins aus Mai von Saxe unbeantwortet.

Und jetzt drängt die Zeit: Am 31.12.2013 endet nämlich das Erbpachtrecht des LBV für die Flächen mit der 1989 erbauten Phönix-Halle (das Dach wurde mit Hilfe der Sparkassen-Stiftung noch im letzten Jahr für 35.000 Euro renoviert).
Was passiert ab Ende dieses Jahres? Wilfried Lange (Vorsitzender der LBV-Hockeyabteilung) äußert sich auf Nachfrage: „Wir geben dann den Schlüssel ab und dürfen eigentlich nicht mehr in die Halle und auch nicht mehr auf die Plätze. Die gehen dann an die Stadt zurück. Die Entschädigungszahlung würde uns nicht weiterhelfen.“ Die SPD-Verwaltung möchte auf dem Gelände ein Sportzentrum für alle bereits ansässigen Vereine sowie den Lübecker Judo-Club (LJC) und den TC Hanseatic (TCH) entstehen lassen, weiß aber anscheinend noch nicht wie. Die beiden Vereine LJC und TCH müssen spätestens 2016 ihren aktuellen Standort am Falkendamm aufgeben, damit das weitere Bauvorhaben der Stadt am Falkendamm (II. Abschnitt) umgesetzt werden kann. Beide Vereine sollen auf dem Phönix-Gelände zwischen der Höltig- sowie der Phönix-Halle angesiedelt werden. Dazu liegen auch schon genehmigte Bauvoranfragen vor. Der Phönix war stets willig, an einer solchen Umsiedlung mitzuwirken. Kohl sagt: „Wir sind uns mit den Tanz- und Judosportlern längst einig. Die Befürchtung der SPD, wir könnten einen Rückzieher und damit dem Bauvorhaben Falkendamm Schwierigkeiten machen, ist aus der Luft gegriffen. Auch die von der SPD geäußerte Befürchtung, wir könnten der Errichtung eines vernetzen Sportzentrums im Wege stehen, entbehrt jeder Grundlage. Mutmaßlich wären wir sogar die Hauptprofiteure.“ Dem Vernehmen nach sitzt die Possehl-Stiftung in den Startlöchern und will die Errichtung des Sportzentrums mit einem Millionenbetrag unterstützen.

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Trotz alledem könnte es jetzt zu einer „Hängepartie“ kommen, wenn die SPD ihren Antrag, das Erbbaurecht bis Ende 2016 zu verlängern, politisch durchdrückt. Bekannt wurde jetzt, dass zwischenzeitlich die verwaltungsintern „Segel“ genannte Landzunge unter Aufopferung aller Sportflächen für Wohnungen und Büroräume verplant war. „Das wäre eine Katastrophe für alle Vereine und die Schulen“, sagt Astrid Pries als Trainerin des LBV und Lehrerin am Katharineum. Roman Schick als Vertreter des SV Viktoria 08 pflegt ihr bei und fügt hinzu: „Es ist nicht klar, was passieren soll und für uns ist es als Stadtteilverein nicht nachvollziehbar, ein drittes Mal in unserer langen Traditionsgeschichte umzuziehen.“ Der Volksfestplatz wurde als Lösung benannt, doch für alle Beteiligten (Schüler und Sportler) wäre das eine Zumutung. Schick dazu: „Wenn wir auf den Volksfestplatz weichen müssten, wäre unser Verein mit 380 Mitgliedern (davon 260 Jugendliche) bedroht. Wir sind in der Innenstadt und hier möchten wir auch bleiben.“ In den Schulen ist die momentane Situation schon Thema. Hier fragen sich die Schüler, wo sie zukünftig ihren Sportunterricht abhalten.

Senator Boden war am Montag unterdessen nicht zu erreichen, sodass eine Stellungnahme seinerseits aussteht. Kohl ist nach wie vor erschüttert und versteht die Haltung nicht: „Wir haben als Verein stets kooperativ mit dem städtischen Bereich Schule und Sport zusammengearbeitet. Wir hätten nie erwartet, dass die Verwaltung so rücksichtslos mit einem gemeinnützigen Sportverein umgeht.“ Delfs setzte noch einmal ein Ausrufezeichen und sagte als Schlusssatz auf der Pressekonferenz: „Die Hinhalte- und Verschiebetaktik der Stadt ist nicht nachzuvollziehen. Warum geht die Stadt derart mit Vereinen um? Für mich ist das ein eklatanter Vertrauensbruch und ein Angriff auf den Sport.“

Für kommenden Freitag (20. September) rufen die Vereine LBV Phönix und SV Viktoria 08 zu einer Demonstration unter dem Motto: „Sport statt Hängepartie“ auf. Diese startet um 16.00 Uhr auf dem Phönix-Gelände in der Falkenstraße und geht durch die Stadt zum Kohlmarkt, wo es eine Abschlusskundgebung geben wird. Unterstützung finden beide Vereine bereits bei den Leichtathleten des MTV Lübeck, von denen sich viele solidarisch erklärt haben und mitdemonstrieren wollen.

Viele Fragen stehen im Raum: die Internationalen Handballtage, das deutschlandweit beachtete Marzipantortenturnier der Hockeyabteilung des LBV Phönix, die offenen Lübecker Stadtmeisterschaften im Tennis und der City-Lauf sind ebenso gefährdet, wie die Existenz von wenigstens zwei Traditionsvereinen in der Hansestadt.

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