Hannover/Timmendorfer Strand – Im Topspiel des 28. Spieltags der Eishockey Oberliga Nord konnten der EHC Timmendorfer Strand zwei wichtige Punkte einfahren. Bei den Hannover Indians gewannen die Beach Boys nach einem wahren Krimi mit 5:4 nach Penaltyschießen (1:1, 3:0, 0:3, 0:0).

Die Beach Boys mussten dabei auf ihre etatmäßigen Goalies Matthias Rieck und Björn Reinke sowie auf Thorben Saggau und Dennis Overbeck (alle beruflich verhindert) verzichten. Dazu fehlten weiter die Langzeitverletzten Jesper Delfs und Jason Horst.

Im Kasten stand Jan-Niklas Gebert, der als Backup den erst 17-jährigen Junioren-Goalie Jan-Lucas Böhle zur Seite bekam.

Die gastgebenden Indians mussten verletzungsbedingt auf Daniel Reiss und Nils Bohle verzichten.

Vor 2.885 Zuschauern versuchten beide Mannschaften von Beginn an Akzente zu setzen. Allerdings standen die Abwehrreihen sehr gut und oft war auch der letzte Pass einfach zu ungenau. Den ersten gefährlichen Torschuss gab Philipp Michl für die Gastgeber ab, doch Gebert konnte sicher zu packen. Beim zweiten Torschuss sah der Timmendorfer Goalie allerdings nicht gut aus. Karan Moalim nahm an der Mittelinie die Scheibe auf, drang ins Angriffsdrittel und zog aus dem linken Bullykreis einfach mal ab und traf über die Kelle von Gebert hinweg ins kurze Eck. Etwas mehr als sieben Minuten waren zu diesem Zeitpunkt gespielt.

Die Beach Boys schüttelten sich kurz, standen defensiv weiter gut und wurden in der zehnten Minute bei ihrem ersten echten Torschuss mit dem 1:1 belohnt. Tibor Uglar fing einen katastrophalen Fehlpass der Indians ab und spielte direkt auf Gerartz. Der fasste sich kurz vor der blauen Linie ein Herz und knallte die Scheibe in den linken Torwinkel. Aber auch hier sah Torhüter Jimmy Hertel nicht gut aus, denn die Entfernung war recht groß und die Sicht war dem DEL-erprobten Goalie nicht versperrt. Den Beach Boys war das herzlich egal. Für Gerartz war es der 25. Saisontreffer.

Bis zur ersten Drittelpause passierte nicht mehr viel, beide Mannschaften hatten noch ein, zwei gute Chancen, die die Torhüter aber zu Nichte machen konnten. So ging es leistungsgerecht mit dem Spielstand von 1:1 zum ersten Pausentee.

Was die beiden Mannschaften in den ersten fünf bis sechs Minuten des zweiten Drittels ablieferten, hatte mit Eishockey nicht viel zu tun. Fehlpass reihte sich an Fehlpass, Icing reihte sich an Icing.  Doch wie es dann so oft ist, hilft der Zufall oder ein Fehler des Goalies mit, die Partie in eine Richtung kippen zu lassen. Marco Meyer gewann vor dem Kasten der Indians ein Bully und die zurückspringende Scheibe schoss Yannick Mund aufs kurze Eck. Zur Überraschung aller ließ Hertel die Scheibe ins Tor trudeln und die Beach Boys gingen in der 28. Minute in Führung. Für Mund war es Saisontreffer Nummer zwei.

Nun war es ein Spiel nach dem Geschmack von Beach Boys-Coach Sven Gösch, denn seine Mannschaft konnte die taktische Vorgabe aus einer sicheren Deckung heraus zu agieren, perfekt umsetzen. So wurden die Indians immer wieder zu langen Pässen oder recht ideenlosem Tiefspielen der Scheibe gezwungen. Wenn doch mal ein Schuss durchrutschte, dann war Jan-Niklas Gebert, der sich mit fortlaufender Spieldauer immer weiter steigerte, zur Stelle.

Aus ihrer sicheren Deckung heraus konnten die Beach Boys immer wieder gefährliche Konter fahren und in der 34. Minute war es einer dieser Konter, der zum 3:1 führte. Marcus Klupp schickte André Gerartz auf die Reise, welcher der weit aufgerückten Deckung der Indians entwischte und die Scheibe durch die Beine von Hertel schob.
So ruhig, wie nach diesem Treffer, hat man den Pferdeturm zu Hannover wohl selten erlebt.

Auch in Überzahl (Schroeder bekam in der 37. Minute die einzige Strafzeit der Partie) fiel den Indianern wenig ein. Die Beach Boys blockten fast jeden Schuss und befreiten sich mehrfach aus dem eigenen Drittel. Den einzigen Schuss, der wirklich torgefährlich war, konnte Gebert mit der Fanghand entschärfen.

Bei fünf gegen fünf setzten die Beach Boys ihre offensive Taktik der Nadelstiche fort und kamen 41 Sekunden vor der zweiten Drittelpause gar zum 4:1. Patrick Saggau spielte im Angriffsdrittel Katz und Maus mit den Gegenspielern und passte dann quer vor das Tor. Kenneth Schnabel verpasste knapp, doch am langen Pfosten war Rob Labute zur Stelle und brachte die Scheibe aus spitzem Winkel irgendwie an Hertel vorbei – Saisontreffer Nummer sieben für den Kanadier. Mit diesem deutlichen Spielstand ging es dann in die zweite Pause.

Die Pausenansprache von Indians-Trainer Peter Willmann muss deftig und laut ausgefallen sein, denn wie verwandelt kam seine Mannschaft aus der Kabine und bescherte Jan-Niklas Gebert im Timmendorfer Tor einen Haufen Arbeit.

Gerade zu Beginn des letzten Drittels rettete Gebert mit zwei tollen Paraden gegen Koziol (42. Minute) und Sanders (44.) die Führung der Beach Boys.

Doch in der 47. Minute war Gebert machtlos. Koziol legte die Scheibe aus der Mitte in den rechten Bullykreis und Philipp Michl hämmerte die Scheibe zum 2:4 aus der Sicht der Hannoveraner ins Netz. 

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Die Indians setzten nach und einen kapitalen Scheibenverlust der Beach Boys bestraften sie keine zwei Minuten später mit dem Anschlusstreffer. Sanders gewann die Scheibe hinter dem Tor, legte auf Vaillancourt und der sah in der Mitte den völlig frei stehenden Artur Gass, der aus dem Slot den rechten Torwinkel anvisierte und zum 4:3-Anschluss traf.

Die Kulisse war nun da und feuerte die Gastgeber an. Sven Gösch nahm richtigerweise eine Auszeit. Die sorgte für etwas mehr Stabilität und die Beach Boys konnten eine ganze Reihe gefährlicher Konter fahren.

Nacheinander verpassten es Gerartz (50.), Maronese (51.) und erneut Gerartz (53.) die Scheibe im Kasten unterzubringen. Pech hatte man dann als Jeff Maronese (54. Minute) nur die Latte traf und der Nachschuss am Außenpfosten landete.

So kam es wie es kommen musste: statt einer Entscheidung tankten die Indians nochmal Kraft für eine Schlussoffensive und wurden in der 57. Minute belohnt. Die Beach Boys standen zu weit weg von den Gegenspielern. Vaillancourt sah den in die Mitte sprintenden Brendan Sanders und der vollendete die kanadische Ko-Produktion zum 4:4. Gebert war erneut ohne Chance.

Nun drückten die Indians sogar auf den Siegtreffer, doch zwei klasse Taten von Gebert gegen einen Schlagschuss von Richardt und Vaillancourt retteten die Beach Boys in die Verlängerung.

In dieser mussten beide Mannschaften dem hohen Tempo Tribut zollen, so dass es keine großen Torgelegenheiten mehr gab. Das Penaltyschießen, die große Lotterie des Eishockeys, musste entscheiden.

Die ersten vier Schützen trafen allesamt nicht, als dann Patrick Saggau anlief. Der Kapitän zeigte seine ganze Klasse und platzierte seinen Handgelenksschuss im rechten Torwinkel. Nun waren die Indians unter Druck, denn ihr dritter Schütze Darcy Vaillancourt musste nun treffen. Doch dem Kanadier versagten die Nerven und Jan-Niklas Gebert avancierte mit seinem dritten gehaltenen Penalty endgültig zum Spieler des Tages.

Entsprechend lobte Sven Gösch seinen etatmäßige Nummer drei nach dem Spiel: „Er hat seine Sache sehr, sehr gut gemacht. Ein Riesenkompliment an ihn.“ Ansonsten war der Coach zufrieden: „Wir haben lange Zeit gut verteidigt und unsere Konterchancen genutzt. Im letzten Drittel haben wir dann nicht immer die nötigen Meter gemacht und so die Indians-Stürmer frei stehen lassen.

Schon am Sonntag geht es für die Timmendorfer weiter. Um 18 Uhr treffen die Beach Boys im Dorfderby auf den Adendorfer EC. Die Heidschnucken sind aktuell Tabellensiebter und verloren überraschend am gestrigen Abend mit 4:5 gegen Nordhorn. Das Team, das vor allem von Goalie Dennis Korff und dem finnischen Topscorer Markus Kankaanranta getragen wird, spielt im Rahmen seiner Möglichkeit, agiert aber oft zu undiszipliniert. Auch am Freitag sorgten Gegentreffer in Unterzahl für die Niederlage.

Allerdings haben Derbys bekanntlich ihren eigenen Charakter, doch wenn die Beach Boys ihre Leistung vom Freitag bestätigen können, werden diese drei Punkte eingefahren.

Ebenfalls ihr Dorfderby bestreiten die Beach Girls. Die Frauenmannschaft des EHCT 06 spielt am Sonntag schon um 10:15 Uhr und dabei sorgt der Tabellenstand für den besonderen Reiz der Partie. Denn mit einem Sieg wollen die Zweitplatzierten Beach Girls am Tabellenführer aus Adendorf dran bleiben

Statistik:
1:0 Moalim (7.), 1:1 Gerartz (10.), 1:2 Mund (28.), 1:3 Gerartz (34.), 1:4 Labute (40.), 2:4 Michl (47.), 3:4 Grass (49.), 4:4 Sanders (57.), 4:5 P. Saggau (Game Winning Shot)

Strafen: Hannover 0 – Timmendorf 2
Zuschauer: 2.885

weitere Ergebnisse:
HSV – Crocodiles 7:2, Adendorf – Nordhorn 4:5 n.V., Braunlage – Hannover Scorpions 1:4

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