
Lübeck – Siegpremiere beim traditionellen Eisarsch des Lübecker Yacht-Clubs: Erstmals in der 57-jährigen Geschichte der Kultregatta hat eine Frau die eigenwillige Siegertrophäe gewonnen. Undine Höfener aus Dessau zeigte auf der Wakenitz herausragende Geschwindigkeit und perfekte Taktik. In der dritten von drei Runden zog sie an dem lange führenden Rekordsieger Sven Kruse aus Hamburg vorbei, baute ihren Vorsprung aus und gewann schließlich in überlegener Manier. Kruse gelang es zumindest, Platz zwei vor der Lübeckerin Linn Welzel zu verteidigen, die damit den weiblichen Triumph perfekt machte.
Erst seit sechs Jahren möglich
50 Jahre lang hatten es sich die Männer einfach gemacht, um ihre Eisarsch-Domäne zu verteidigen: Frauen waren bei dem Event, das vom LYC gegründet wurde, um Männern auch im Winter Segelspaß zu bieten, einfach nicht zugelassen. 2019 brach dann die Mauer, und seitdem drängen die Frauen bei dem Wettkampf von Erwachsenen in den Kinderjollen nach vorn. Linn Welzel war im vergangenen Jahr dicht dran am Erfolg, musste sich vor Jahresfrist aber noch Sven Kruse bei dessem sechsten Sieg geschlagen geben.
„Davon wusste ich nichts“
Jetzt war die Lübeckerin die erste Gratulantin ihrer Konkurrentin. „Das wird auch Zeit, dass eine Frau den Eisarsch gewinnt“, jubelte Welzel. Undine Höfener ahnte bis dahin nichts von der gebrochenen Siegesserie der Männer: „Davon wusste ich nichts. Ich bin das erste Mal dabei. Ich hatte natürlich gehofft, dass ich vorn mitsegeln würde, aber dass es gleich mit dem Sieg klappt, ist super“, berichtete Undine Höfener.
In Ueckermünde ist sie mit dem Segelsport groß geworden, gehört in der Ixylon mit ihrem Vater zur deutschen Spitze. Nun war gleich ein Teilnehmerquartett aus Vorpommern angereist. Darunter auch Höfeners Vater, Silvio Schäffner, der am Ende auf Rang neun landete. So hatten Höfeners Kinder und ihr Mann viel Grund zum Jubeln, als sie sie am Steg feiernd in Empfang nahmen.
Mit „Leichtigkeit“ zum Sieg
Dann stimmte die Siegerin in den Jubel ein und reckte beide Fäuste nach oben. Ihre Taktik im Rennverlauf war bestens aufgegangen. Beim Start hing sie zwar etwas fest und rangierte zunächst auf dem fünften Platz. Ihr Kurs, auf dem westlichen Ufer des Lübecker Binnenreviers mit dem Winddreher Meter zu machen, zahlte sich aber aus. Kontinuierlich arbeitete sich Höfener an die Spitze heran. Und dann spielte ihr bei dem leichten Wind auch noch das geringe Gewicht in die Karten. Mit 50 kg war sie die leichteste Athletin und generierte daraus einen Geschwindigkeitsvorteil.
Kruse musste sie schließlich passieren lassen, war aber auch mit dem zweiten Platz glücklich. Knapp hinter dem Spitzentrio aus Undine Höfener, Sven Kruse und Linn Welzel landeten schließlich ehemalige Spitzensegler der Opti-Klasse auf den weiteren Plätzen.
„20 Kilogramm weniger wären hilfreich gewesen“
Sönke Boy vom Lübecker SV war in seiner Jugend gleich dreimal Teilnehmer (1989 bis 1991) einer Opti-Weltmeisterschaft. Er wurde bei seiner zweiten Eisarsch-Teilnahme schließlich Vierter. Bernhard Krüger vom Segeberger SC bestimmte 1983 das Geschehen der deutschen Opti-Szene, wurde vor 42 Jahren Deutscher Jüngstenmeister und segelte in Rio de Janeiro ebenfalls die Opti-WM. Er spielte als Eisarsch-Sieger von 2001 und 2007 seine Revier-Kenntnisse aus, griff zwischenzeitlich ganz vor an, musste dann aber eingestehen: „20 kg weniger Gewicht wären hilfreich gewesen. Aber es war tolles Segeln heute, hat Spaß gemacht“, so Krüger, der schließlich Fünfter wurde.
Engel und Grinch mit dabei
Das konnte auch Organisator Jan Stemmler bestätigen: „Es war frisch auf der Wakenitz, aber der angekündigte Regen hat bis auf ein paar Tropfen einen Bogen um uns gemacht. Mit einem Feld von 61 Optimisten an der Linie hatten wir ein tolles Starterfeld. Dass viele mit Nikolaus-Outfit gesegelt sind, hat der Veranstaltung einen tollen Rahmen gegeben.“ Neben den vielen roten Mänteln gab es auch ein Engelskostüm von Heike Gercken, die ganz in Weiß und mit goldenen Flügeln bei dieser 57. Auflage des Eisarsch antrat. Sie wurde dafür ebenso mit einem Sonderpreis prämiert wie Peter Zoernack, der als Weihnachtsgrinch in den Opti stieg.
Alles abgeräumt
Ein wahres Fest wurde die abschließende Siegerehrung für Undine Höfener. Sie erhielt nicht nur den rosa Eisarsch als Siegerin, sondern auch die Sonderpreise als beste Frau, die Auszeichnung als leichteste Seglerin und den Familien-Siegerpreis gemeinsam mit ihrem Vater. Die Clubwertung, der Preis der drei Ärsche, blieb indes in Lübeck. Der Lübecker SV mit Sönke Boy (4.), Ingo Hüter (8.) und Nick Kössling (10.) zeigte die größte Leistungsdichte.
Bildquellen
- Höfener: Christian Beeck/segel-bilder.de/oH
- Zoernack: Christian Beeck/segel-bilder.de/oH
- Regattabahn: Christian Beeck/segel-bilder.de/oH
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