
Trakai – Am vergangenen Sonntag holte die Lübeckerin Greta Amort bei den U19-Weltmeisterschaften im Rudern in Litauen eine Medaille (HL-SPORTS berichtete). Zusammen mit ihrer Teamkollegin Anna Keller sicherte sich die 17-Jährige in einem spannenden Finale im Doppelzweier die Bronzemedaille. Nach diesem Erfolg sprach Amort mit HL-SPORTS und nahm uns mit in ihre Gedanken und Gefühle während des Rennens.
Veränderte Herangehensweise zahlt sich aus
Dass der Start ins Rennen für die beiden Deutschen so gut lief, war nicht gerade zu erwarten. Denn die DRV-Athletinnen setzten auf eine veränderte Herangehensweise, wie Amort erklärt: „Als wir am Start lagen, habe ich mich darauf vorbereitet, gleich am Anfang maximalkräftig zu ziehen, weil wir normalerweise oft den Start zu zögerlich angehen und das ändern sollten. Der Start hat dann sehr gut geklappt. Ich habe zwar aus dem Augenwinkel nicht genau sehen können, wo wir lagen, aber die Polinnen waren schnell weg“ – eine Aussage, die zeigt, dass die Ruderinnen mit dem Rücken voraus Richtung Ziellinie rudern. Denn die Polinnen übernahmen zwar früh die Führung, das DRV-Boot blieb jedoch zu Beginn stets in greifbarer Nähe.
Einfach durchziehen
„Nach ungefähr 250 Metern habe ich kurz daran gedacht, wie lange das Rennen noch dauert und wie schmerzhaft es noch wird, aber ich habe mich dazu gezwungen, nicht daran zu denken und trotzdem weiterzutreten.“ Dabei geholfen haben ihr die Mit-Favoritinnen aus England, die sich etwa auf Höhe des deutschen Duos befanden: „Was mich überrascht hat, ist, dass irgendein Boot in der Mitte am Anfang ungefähr gleichauf mit uns war. Das müsste eins der beiden Favoritenboote gewesen sein, was mich motiviert hat, draufzubleiben.“
„Plötzlich Hoffnung bekommen“
So sollte anschließend der erste geplante Spurt folgen: „Ich glaube wir sind dann so bei 500 Metern den ersten Spurt gefahren und ich sollte laut Rennbesprechung nach jedem Spurt nochmal „Hepp“ rufen, um uns beide daran zu erinnern, auch nach dem Spurt möglichst so stark weiterzuziehen. Wie auch schon im Vorlauf und Halbfinale haben wir uns dann ab diesem halben Kilometer an den anderen (an Ungarn und Irland) vorbeigeschoben, dann habe ich versucht, aus dem Augenwinkel zu erkennen, wieviele Boote hinter uns waren. Ich glaube wir waren sogar kurz dritte oder vierte, sodass ich plötzlich Hoffnung bekommen habe dass eine Medaille doch möglich sein könnte. Vor dem Rennen hatten wir uns das zwar fest vorgenommen, aber ich zumindest habe eigentlich gedacht dass wir realistisch gesehen Fünfte werden.“ In der Tat war es zu diesem Zeitpunkt des Rennens ein völlig offener Medaillenkampf. Während die Griechinnen sich etwas absetzten, bildete sich dahinter eine Verfolgergruppe bestehend aus England, Polen und eben Deutschland, die jeweils von Silber bis Platz vier an allem schnupperten.
Plötzlich alles hin?
Doch die bis dahin realistische Medaillenchance drohte zu kippen: „Meine Zweierpartnerin hat plötzlich einen Krebs gefangen und die Polinnen waren sofort wieder vor uns. Wir waren vielleicht sogar wieder fünfte, sodass ich wirklich nicht mehr gedacht habe, dass wir da noch was rausholen können. Ich habe nämlich schon beim Vorlauf und Halbfinale erlebt, dass der Zieleinlauf sehr knapp war, da hätte uns ein Krebs wahrscheinlich einen oder zwei Plätze nach hinten werfen können.“ In diesem Fall waren es tatsächlich nur die Polinnen, die vorbeizogen, denn die Boote Ungarns und Irlands waren stets auf Distanz gehalten. „Aber manchmal braucht man auch solche Schreckmomente, um noch schneller als vorher weiterzurudern, in der Hoffnung, wieder aufzuholen. Wir sind dann noch einige Spurts gefahren und ich habe mich motiviert immer wieder die Beine zu treten, obwohl die schon nach den ersten 500 Metern ziemlich kaputt waren.“
Ein bisschen Glück gehört dazu
„Auch wenn es unglaublich anstrengend war ging es aber trotzdem irgendwie relativ schnell rum, bei den letzten 500m habe ich schon die Fans auf der Tribühne gehört und gedacht, dass es jetzt nicht mehr weit sei. Beim Endspurt haben wir dann alles rausgetreten und haben unsere Schlagfrequenz viel höher bringen können als noch in den anderen Rennen.“ Bei voller Konzentration auf die eigene Leistung bekommt man nicht mit, was vor einem geschieht. Die Tribüne macht sich nur durch lautstarke Fans bemerkbar und die Gegnerinnen können jederzeit neben einem auftauchen. So sollte es auch dieses Mal wenig später kommen: „Kurz darauf waren irgendwie wieder die Polinnen da, die wir sehr schnell überholt haben. Das hat mich dann sehr gefreut, weil wir jetzt auf Rang drei waren. Aber ich war auch verwundert, weil die Polinnen sonst immer einen sehr starken Endspurt gefahren sind. Ich habe auch noch mitbekommen, wie sie mehrmals gekrebst haben. Der Endspurt hat sich dann zwar doch extrem lang angefühlt und ich hatte auf den letzten 50-100 Metern nicht mehr so viel Kraft, aber dann kam endlich das Ziel und wir waren sehr glücklich.“
„Immer nur im Livestream oder auf Bildern gesehen“
„Sonst hatte ich diese WM Medaillen nur im Livestream oder auf Bildern gesehen und mir immer gedacht dass die Leute, die auf der WM eine Medaille gewonnen haben extrem stark rudern müssen. Und jetzt habe ich plötzlich selber eine.“ Doch die LRG-Athletin denkt keinesfalls nur an sich: „Für meine Zweierpartnerin hat mich das auch sehr gefreut, weil sie letztes Jahr bei der WM in Kanada im Doppelzweier nur fünfte geworden ist, aber jetzt in ihrem zweiten und letzten U19-Jahr doch noch eine Medaille geholt hat“, schließt Greta Amort ihre Gedanken zu diesem großen Erfolg ab.

Bildquellen
- Amort: Deutscher Ruderverband/Detlev Seyb/oH
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