Lübeck – Die Kunst des Segelns ist das Erkennen des besten Windes. Und das gilt nicht nur für die Athleten selbst, sondern auch für die Wettfahrtleitung. Besser hätte das Timing der Starts gestern bei der 126. Travemünder Woche wohl kaum sein können. Nachdem die morgendliche Flaute vorüber gezogen war, ging es zum Mittag auf das Wasser und schließlich in einem kompakten Programm um die Tonnen. Es war in der auslaufenden Travemünder Woche ein unerwartet gutes Windfenster. In den kommenden Tagen könnte es angesichts der Vorhersagen zunächst mit Flaute und dann mit Sturm noch weitere Vabanque-Spiele um das Wettfahrtprogramm geben.

Ein dickes Lob für die Arbeit der Wettfahrt-Organisatoren auf Bahn Hotel hatte Eberhard Bieberitz (Schwerin) parat: „Die haben einen super Job gemacht und einen tollen Kurs ausgelegt.“ Der 62-Jährige ist der einzige Deutsche im Feld der jungen D-One, einer Einmann-Bootsklasse mit Gennaker. Die tragen vor Travemünde ihren Gold-Cup, die inoffizielle Weltmeisterschaft, aus. Mit Platz neun nach den drei Wettfahrten des ersten WM-Tages sieht Bieberitz für sich noch Luft nach oben: „Über einen Rang unter den ersten Sechs würde ich mich freuen.“

Der ehemalige Finn-Segler hat sich die D-One ausgesucht, da Knie und Rücken im Finn zu sehr beansprucht werden. Im Handling der D-One ist dagegen eine gute Koordination gefordert. Und die beherrscht Nick Craig perfekt. Zweimal hat der Brite, ehemaliger Weltmeister in der OK-Jolle, schon den Gold-Cup der D-One gewonnen. Nun strebt er nach zwei ersten Plätzen und einem dritten Rang zum Auftakt vor Travemünde das Triple an.

Weiterhin auf klarem Kurs WM-Titel liegen bei den Laser II die Hamburger Lisa Buddemeier/Matthias Düwel. Nach vier Renn-Siegen in Serie erlaubten sie sich mit Platz drei zwar ihr bisheriges Streichresultat, doch die Führung vor der Familien-Crew Michael und Laura-Kristin Koch (Stössensee) ist noch komfortabel. Das WM-Feld erhöhte sich am zweiten Tag immerhin auf elf Crews. Damit bestätigte sich die Ansage von Klassen-Chefin Vanessa Freitag (Hamburg): „Einige konnten erst später anreisen, da sie aus diversen Gründen noch verhindert waren. Aber auch mit den Nachzüglern ist das Feld natürlich nicht so, wie wir es uns für eine WM vorgestellt haben. Die Planung lag bei 20 bis 25 Teams – auch aus Großbritannien, den Niederlanden und den USA. Aber dann haben doch viele abgesagt.“ International sei das Engagement in der Klasse nicht so hoch, die deutsche Flotte sei aber sehr aktiv, trifft sich oft auf den Regatten, so die Klassen-Chefin. „Das ist schon eine tolle Atmosphäre bei den Laser II. Wir segeln zwar gegeneinander, aber nicht mit dem Messer zwischen den Zähnen. Und am Abend sitzen wir gern zusammen und diskutieren über den Tag.“ Die Travemünder Woche ist dabei ein Event, das die Zweimann-Laser gern ansteuern. Es ist bereits die dritte WM zur TW: „Das Revier ist toll, die Abstimmung mit den Organisatoren einfach und unkompliziert, und natürlich ist es schön, in dem großen Event eingebunden zu sein“, sagte Freitag.

Das Wechselspiel in der Top-Position der J/22-Klasse setzte sich auch an deren dritten Tag der Marinepool Worlds fort. Der US-Amerikaner Christopher Doyle, der die Spitze gerade erst vom Kieler Martin Menzner am Mittwoch übernommen hatte, musste diese nun wieder räumen. Jetzt steht der Niederländer Jean-Michel Lautier mit seiner Crew ganz oben. Doyle ist Zweiter vor Menzner, der am Abend wie schon am Tag zuvor einen Termin bei der Jury hatte. „Nicht dass es mir so gut gefällt, aber dieses Mal wurden wir im Start zum zweiten Rennen von einem Fahrtensegler behindert“, berichtete Menzner und hoffte bei der Jury auf eine Wiedergutmachung. Mit Platz eins zum Start in den Tag hatte er „den Schlüssel für den Segeltrimm“ gefunden, musste dann aber nach minutenlanger Abdeckung durch die Fahrtenyacht mit Platz elf zufrieden sein. Am Abend kam die Enttäuschung. Der Antrag auf Wiedergutmachung wurde abgewiesen. Auf Platz fünf kletterte der Duisburger Reiner Brockerhoff, der mit einer französischen Crew segelt und diese besondere Konstellation herausstellte: „Ich möchte meiner Crew danken, wir segeln seit Jahren zusammen. Bei uns an Bord wird eine deutsch-französische Freundschaft gelebt – besser als zwischen Merkel und Hollande.“

Der WM-Reigen wird abgerundet durch die jugendlich dominierten RS Feva. Die größte Flotte der TW – 162 Crews sind bei der WM am Start – wird beherrscht durch die britischen Teams, die vor ihrem morgigen Abschlusstag einen totalen Triumph auf dem Siegerpodest anstreben. Die britischen Meister Fin und Dan Armstrong haben zwar ihren Streicher eingefahren, sind aber weiter top vor Iain Bird/Jake Hardman sowie Jack Lewis/Lucas Marschall.

Ein gleiches Bild mit Medaillen-Gewinnern in Union Jacks könnte sich beim Euro-Cup der IC Canoe ergeben. Robin Wood hat hier die Führung von seinem Landsmann Gareth Caldwell übernommen. Mit Philip Robin folgt der dritte Brite auf Platz drei. Arne Stahl aus Marburg ist als Fünfter weiterhin bester Deutscher. Die Preetzerin Marei Junge konnte dagegen erst spät in den Euro-Cup eingreifen. Der starke Wind zum Start verhinderte ihren Einsatz: „Ich muss ein bisschen mit meinem Rücken aufpassen“, berichtete die 22-Jährige, die derzeit auf Platz 21 liegt. Ihr Vater Claudius beherrscht dagegen das Geschehen bei der Deutschen Meisterschaft der Canoe Taifun. „Der erste Platz bis jetzt kommt etwas überraschend. Ich bin hier mit einem neuen Boot angereist, das wir selbst ausgebaut und erst am Freitag vermessen haben. Deshalb war es ein Überraschungspaket und ich musste erst einmal den Trimm finden“, sagte Junge. Der vor dem finalen DM-Tag aber zurückhaltend bleibt: „Bei zwei Punkten Vorsprung auf Platz zwei ist noch alles drin. Und meinen Lieblingswind mit fünf Beauforts wird es wohl nicht geben.“

Nur noch einen einen Schritt bis zum Medal Race haben die besten Jugend-Segler in den Laser-Nachwuchsklassen Radial und 4.7 vor sich. Sieben Wettfahrten stehen nach vier Tagen der Internationalen Deutschen Jugendmeisterschaften im Tableau, nach acht werden die zehn Besten in den Wettstreit um den Titel gehen. Dieser Wettkampf-Modus ist dem olympischen Format angepasst. Sören Leinert (Storkow) bei den Laser Radial und Nico Naujock (Berlin) bei den Laser 4.7 haben als derzeit Führende beste Chancen, die Zehner-Flotten im Medal Race anzuführen.

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Bei der Ranglisten-Regatten der Laser Standard schwang sich am zweiten Tag die Hamburger Jugend an die Spitze. Leah Noel Gonseth vom NRV führt nun vor seinem Clubkameraden Eric Malach.

Neu ins TW-Geschehen eingestiegen sind die Formula 18 und die Kielzugvögel. Bei den schnellen F18-Kats gibt es einen Punktgleichstand an der Spitze. Die TW-Rekordsieger Helge und Christian Sach aus Zarnekau liegen mit Finn Heeg und Merle Baars (Flensburg) gleichauf. Heeg/Baars hatten im vergangenen Jahr zur Travemünder Woche die Premiere der Deutschen Meisterschaft der olympischen Nacra17-Klasse gewonnen. Bei den Kielzugvögeln führt Manfred Brändle aus Duisburg.

Mehr als 350 ehrenamtliche Helfer sind die Säulen der Travemünder Woche. Kein Startschuss auf der Regattabahn, kein Aushang am Noticeboard, kein Lächeln am Kaffeetresen. Der Check-In verlassen. Und das Segler-Village? Eine Geisterstadt. So sähe die Travemünder Woche ohne sie aus. Falsch, sie sähe gar nicht aus. Denn es gäbe sie schlichtweg nicht.

„Ihr seid die Säulen der TW!“, betonte Andrea Varner-Tümmler, Vorsitzende des ausrichtenden Lübecker Yacht-Clubs (LYC), dann auch beim Helferabend der 126. Travemünder Woche auf der Viermastbark Passat. „Das ist euer Abend, vielen vielen Dank!“ Wiederholungstäter sind die allermeisten, aber wenige schon so lange dabei wie Horst Plieske, der für seine 35. Travemünder Woche geehrt wurde. Zu Plieskes Team gehören Lothar Beese und Torsten Cladow aus Lübeck-Kücknitz. Als technische Assistenten sind sie die „Task Force für alles, was schnell erledigt werden muss“, sei es Bootstrailer wegfahren, Flaggen hissen, Reparaturen oder auch mal den Weg erklären. Der organisatorische Aufwand vor, während und nach der Travemünder Woche ist hoch – für viele beginnen die Vorbereitungen für das nächste Jahr schon während der zehn Tage an der Trave Mündung: Rettungskräfte, Wettfahrtleiter, Organisationsteams am Grünstrand und auf dem Priwall, das Pantry-Team, die Scoring-Experten, Techniker, die Fahrer der rund 70 Motorboote, Wettfahrtleiter und die Jury, das Check-In-Team, die Regattabüro-Crew, der Fahrdienst und viele viele mehr.

Ergebnisse:

Marinepool J 22 Weltmeisterschaft nach acht Rennen (Ergebnisse unter Vorbehalt – am Abend liefen noch Proteste):

1. Jean-Michel Lautier (NED) 4.0 4.0 1.0 2.0 2.0 (6.0) 2.0 1.0 16.02. Christopher Doyle (USA) 3.0 1.0 4.0 1.0 1.0 4.0 (6.0) 5.0 19.03. Martin Menzner (Stein) 1.0 2.0 2.0 4.0 6.0 10.0 1.0 (11.0) 26.04. Mike Farrington (CAY) 12.0 (18.0) 6.0 7.0 4.0 9.0 3.0 2.0 43.05. Reiner Brockerhoff (Duisburg) (21.0) 16.0 10.0 3.0 3.0 11.0 8.0 3.0 54.0

RS Feva Weltmeisterschaft nach sieben Rennen (vier Finalrennen):
1. Fin Armstrong / Dan Armstrong (GBR) 1.0 (4.0) 1.0 2.0 1.0 1.0 2.0 2.0 1.0 (17.0) 3.0 8.02. Iain Bird / Jake Hardman (GBR) (3.0) 1.0 1.0 1.0 1.0 1.0 1.0 6.0 (7.0) 1.0 2.0 10.03. Jack Lewis / Lucas Marshall (GBR) 1.0 1.0 1.0 1.0 (5.0) 4.0 3.0 1.0 (5.0) 5.0 4.0 13.04. Henry Jameson / Rupert Jameson (GBR) 3.0 3.0 5.0 4.0 1.0 (14.0) 6.0 4.0 2.0 (8.0) 1.0 13.05. Simonas Jersovas / Vejas Strelciunas (LTU) 5.0 1.0 3.0 (55.0) 4.0 2.0 5.0 3.0 19.0 2.0 (34.0) 29.0
Laser II Weltmeisterschaft nach fünf Rennen:
1. Lisa Buddemeier / Matthias Düwel (Hamburg) 1.0 1.0 1.0 1.0 (3.0) 4.02. Michael Koch / Laura-Kristin Koch (Stössensee)2.0 (3.0) 3.0 2.0 1.0 8.03. Niels Krenz / Christian Gerdum (Hamburg) (15.0) 2.0 2.0 4.0 2.0 10.04. Meike Flatau / Malte Flatau (Riester) 3.0 4.0 4.0 (6.0) 4.0 15.05. Ralf Terheyden / Alexander Timm (Hattingen) 6.0 5.0 (7.0) 3.0 6.0 20.0
D-One Weltmeisterschaft nach drei Rennen:
1. Nick Craig (GBR) 1.0 1.0 3.0 5.02. Giles Chipperfield (GBR) 2.0 6.0 1.0 9.03. Tamas Szamody (HUN) 3.0 5.0 2.0 10.04. Mario Rabbò (ITA) 6.0 2.0 4.0 12.05. Humphrey Carter (GBR) 4.0 3.0 5.0 12.0
Canoe IC Europameisterschaft nach neun Rennen:
1. Robin Wood (GBR) 2.0 2.0 1.0 6.0 (26.0) 1.0 1.0 1.0 1.0 15.02. Gareth Caldwell (GBR) 1.0 1.0 6.0 3.0 2.0 3.0 2.0 3.0 (8.0) 21.03. Philip Robin (GBR) 4.0 3.0 2.0 5.0 (26.0) 2.0 5.0 7.0 6.0 34.04. Charlie Chandler (AUS) 6.0 6.0 3.0 2.0 (26.0) 9.0 6.0 2.0 2.0 36.05. Arne Stahl (Mardorf) 5.0 4.0 5.0 4.0 (26.0) 7.0 8.0 4.0 9.0 46.0
Canoe Taifun Deutsche Meisterschaft nach neun Rennen:
1. Claudius Junge (Preetz) 2.0 1.0 1.0 1.0 2.0 (3.0) 2.0 (6.0) 4.0 16.02. Christopher Ossenkopp (Hildesheim) 3.0 2.0 (4.0) 2.0 1.0 1.0 1.0 4.0 (7.0) 18.03. Niklas Steimann (Bad Segeberg) 1.0 5.0 3.0 6.0 5.0 (7.0) 3.0 (12.0) 6.0 36.04. Andreas Steimann (Bad Segeberg) 4.0 4.0 5.0 9.0 (21.0) 2.0 7.0 3.0 3.0 37.05. Moritz Kruse 5.0 7.0 7.0 7.0 3.0 (9.0) 4.0 5.0 2.0 45.0
Laser Radial Deutsche Jugendmeisterschaft nach sieben Rennen (Proteste möglich):
1. Sören Leinert (Storkow (Mark)) 1.0 1.0 1.0 1.0 (15.0) 15.0 2.0 21.02. Leonhard Hanisch (Detmold) 3.0 12.0 3.0 4.0 (26.0) 5.0 1.0 28.03. Alexander Schmidt (Britz) 2.0 7.0 (28.0) 6.0 2.0 14.0 7.0 38.04. Christian Demleitner (Weiden) 7.0 5.0 2.0 7.0 (23.0) 11.0 6.0 38.05. Nicolas Thierse (Berlin) 9.0 2.0 13.0 3.0 (34.0) 1.0 16.0 44.0
Laser 4.7 Deutsche Jugendmeisterschaft nach sieben Rennen (Proteste möglich):
1. Nico Naujock (Berlin) 1.0 6.0 1.0 1.0 1.0 (22.0) 6.0 16.02. Benno Marstaller (GBR) 2.0 1.0 2.0 4.0 7.0 3.0 (11.0) 19.03. Lasse Kaack (Dänischenhagen) 3.0 7.0 3.0 2.0 6.0 (33.0) 8.0 29.04. Julia Büsselberg (Berlin) 7.0 9.0 (20.0) 7.0 2.0 9.0 1.0 35.05. Noah Lee Piotraschke (Bad Bederkesa) 4.0 4.0 6.0 14.0 20.0 (36.0) 3.0 51.0
Laser Standard nach drei Rennen:
1. Leah Noel Gonseth (Hamburg) (3.0) 1.0 3.0 3.0 2.0 9.02. Eric Malach (Zarrentin) (10.0) 6.0 4.0 1.0 1.0 12.03. Roger Schulz (Wuppertal) 1.0 3.0 4.0 (16.0) 5.0 13.04. Nick Heuwinkel (Bad Salzuflen) (6.0) 4.0 6.0 2.0 4.0 16.05. Leopold Bergk (Senftberg) 8.0 2.0 7.0 (9.0) 6.0 23.0
Formula 18 nach zwei Rennen:
1. Helge / Christian Sach (Zarnekau) 2.0 1.0 3.02. Finn Heeg / Merle Baars (Flensburg) 1.0 2.0 3.03. Chrisch Bräuer / Sanni Levgrün (Scharbeutz) 4.0 3.0 7.04. Sven / Jesse Lindstädt (Norderstedt) 3.0 4.0 7.05. Robert Schütz / Sönke Kühl (Krefeld) 5.0 6.0 11.0

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