Lübeck – Der Eisarsch des Lübecker Yacht-Clubs (LYC) präsentierte sich in seiner 48. Auflage in der wortwörtlichen Form. Eisige Temperaturen und Nebel über der zugefrorenen Wakenitz sorgten für unterkühlte Körperteile, verhinderten aber auch alle Ambitionen, den besten Opti-Oldie des Nordens zu ermitteln.

Tatendurstig waren die Winter-Segler nach Lübeck gekommen, am Ende mussten sie fast unverrichteter Dinge wieder abreisen. Doch Hauptorganisator Jan Stemmler hatte mit seinem Team ein kleines Ersatzprogramm vorbereitet. Statt beim Segeln wurde der Sieger in diesem Jahr beim Gummistiefel-Weitwurf ermittelt. Meeno Bülow vom Lübecker SV trug sich damit inoffiziell in die Siegerliste bei der Traditionsveranstaltung ein. Zum zweiten Mal übrigens: 1997 hatte er unter realen Bedingungen auf dem Wasser gewonnen.

Am Freitag hatte es noch verheißungsvoll für den Eisarsch ausgesehen. Sonne und eine gute Brise hielten die Wakenitz eisfrei und ließen das Revier im schönsten Winterglanz erstrahlen. Über Nacht aber änderte sich das Bild. LYC-Trainer Uwe Schimanski hatte offenbar ein Gespür fürs Eis. Mitten in der Nacht wachte er auf, registrierte die eisigen Temperaturen und stapfte zur Wakenitz, die um 3.30 Uhr erstarrt dalag. „Um 3.40 Uhr hat ,Schimi‘ mich informiert", berichtete Jan Stemmler am frühen Morgen. „Wir setzen jetzt alles daran, dass wir trotzdem segeln können."

Die Orga-Gruppe des LYC wurde in Gang gesetzt, und es wurde alles versucht, die Flotte von 72 gemeldeten Seglern doch irgendwie auf den Kurs zu bringen. Die kleine Schar der Sicherungsboote wurde im Nebel in Fahrt gebracht, um die dünne Eisschicht zu brechen. Knirschend und knackend bahnten sich die Motorboote den Weg durch die Wakenitz, gaben alles, um den Winter beiseite zu schieben. An Land wurde der Orga-Plan sorgsam abgearbeitet. Die Meldestelle stand bereit, die Waage zur Ermittlung der Seglergewichte hing an der Decke, die Versorgungsstände wurden aufgebaut. „Die Kurschatten" heizten mit Livemusik ein, und Walter Mielke, der ehemalige Oberste Wettfahrtleiter der Travemünder Woche, baute am Mikrofon eine Spannungskurve auf.

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Auch die Segler kamen in Scharen, checkten sich ein und hofften darauf, dass sich die Nebelschicht heben und der Wind durchsetzen würde. Doch der graue Schleier hielt sich standhaft. Immer, wenn ein Hauch von Sonne zu entdecken schien, schob sich die nächste flachgehende Wolke ins Bild. Wettfahrtleiterin Julia Burt hoffte im Minutentakt auf Besserung und bat die Segler um Geduld. Zweimal verschob sie eine Entscheidung zum Auslaufen. Doch um 13.45 Uhr war alle Hoffnung dahin. Der Eisarsch in seiner segelnden Form wurde abgesagt. Es ist nunmehr das achte Mal in der Geschichte, dass das Kult-Event nicht gesegelt werden konnte.

Stattdessen ging es für die eingecheckten Segler an den Gummistiefel. In großer Traube standen Athleten und Begleiter um den Wurfsektor herum, die Sonne brach durch und in bester Laune wurden die Wurfkünste der Konkurrenten bejubelt. Die gestalteten sich an dem ungewöhnlichen Wurfgerät sehr unterschiedlich. Ungewollte Kerzen reihten sich an harte Einschläge im Publikum. Zweimal schoss der gelbe Stiefel über die Köpfe der Umstehenden hinweg ins Wasser. Als Könner am Gerät erwies sich Meeno Bülow. Er stellte als einer der ersten Werfer gleich eine Marke auf, die nicht mehr eingeholt werden konnte und freute sich über seinen unerwarteten Erfolg. Denn am Morgen hatte er noch festgestellt: „Ich bin natürlich motiviert, aber die Siegambitionen habe ich schon vor Jahren aufgegeben. Ich freue mich, wenn ich unter die Top-Ten komme." Dieses Ziel übertraf er über den Umweg mit dem Gummistiefel nun bei weitem.

Für die Organisatoren gab es trotz der Kälte keinen Grund zu erstarren, sie blicken vielmehr schon auf das große Jubiläum in zwei Jahren voraus. „Wir haben da schon einige Dinge in der Überlegung, die wir verändern und einführen wollen", so Jan Stemmler. „So denken wir unter anderem über eine After-Show-Party nach."

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