Lübeck – Der TuS Lübeck ist in der Region der Anlaufpunkt für den Rugby-Fan. Und dieser Sport findet immer mehr Anhänger. In Neuseeland, Südfrankreich, in Teilen Südenglands, Schottland, Irland und auf den pazifischen Inseln ist Rugby absolut angesagt. Da der bisherige Meisterschaftsfavorit Ricklingen 08 am vergangenen Spieltag zu Hause gegen die starke RSG Mecklenburg-Vorpommern patzte, könnten die Lübecker nun mit einem Auswärtssieg im Emsland bei Sparta Weerlte (14 Uhr) einen wichtigen Schritt in Richtung Regionalligaaufstieg machen. HL-SPORTS sprach davor mit TuS-Spartenleiter Jan Hagemann.

HL-SPORTS: Hallo Jan, ihr seid Tabellenführer in der Verbandsliga. Ist die Meisterschaft das Ziel und was kann euch noch stoppen?

Jan Hagemann: „Bei dem aktuellen Verlauf der Liga muss jetzt tatsächlich die Meisterschaft das Ziel sein. Mit der unerwarteten Heimniederlage von Ricklingen gegen die RSG M.-V. dieses Wochenende sind wir tatsächlich ganz dicht dran und können es aus eigener Kraft schaffen. Das hatten wir zu Beginn der Saison nicht annähernd erwartet. Zwar wurden wir bereits von Anfang an von der Ligakonkurrenz als Titelfavorit gesehen, aus unserer Sicht kommt dieser äußerst positive Saisonverlauf dann doch überraschend.“

HL-SPORTS: Im vergangenen Jahr war es noch die Regionalliga. Warum habt ihr einen Neustart eine Klasse tiefer gewagt?

Jan Hagemann: „Tatsächlich haben wir uns die Entscheidung zum Ende der letzten Saison auch nicht leicht gemacht. Als Vizemeister der Regionalliga Nord wieder den Weg in die unterste Spielklasse anzutreten war schon ein bitteres Gefühl. Aber durch zahlreiche Abgänge von Stammspielern war unser Trainer Christian Svehla gezwungen, große Teile des Teams umzubauen. Ein Großteil unserer Mannschaft besteht schon fast traditionell aus Studenten. Diese haben leider in der Regel nur eine bis zu dreijährige Verweildauer in der Hansestadt und verlassen uns dann beruflich bedingt wieder. Dieser Aderlass war im letzten Jahr besonders heftig für den TuS. Da sich unsere Jugendabteilung erst noch in den Kinderschuhen befindet, können wir bislang Abgänge wichtiger Spieler nicht aus eigenem Nachwuchs kompensieren, sondern sind auf den Zuzug talentierter Neuzugänge angewiesen.“

HL-SPORTS: War es richtig, das zu tun und wie hat sich das Team allgemein entwickelt?

Jan Hagemann: „Im Rückblick kann man jetzt schon sagen, dass die Entscheidung genau richtig war. In der Verbandsliga Nord konnten sich unsere neuen Spieler gut entwickeln. Das Team ist gut zusammengewachsen, sodass wir augenblicklich auch in der Lage sind Ausfälle in unserem, personell immer noch etwas dünnen Kader zu kompensieren. Und sollte es uns tatsächlich gelingen, die Meisterschaft an die Trave zu holen, wäre das sicherlich ein Ereignis, dass das Team noch weiter zusammenschweißen dürfte. Zu den Feierlichkeiten anlässlich unseres 125-jährigen Vereinsjubiläums wäre die Verbandsliga-Meisterschaft natürlich auch eine feine Sache.“

HL-SPORTS: Rugby ist in Deutschland immer noch eine Randsportart. Wie sieht es mit Nachwuchs aus?

Jan Hagemann: „Ja, die Nachwuchsgewinnung ist bei uns ein dauerhafter Prozess und überlebenswichtig. Das Schöne am Rugbysport in Deutschland ist, dass man auch noch in relativ hohem Alter, gemessen an anderen Teamsportarten, wie Fußball oder Handball, dazu stoßen kann und mit ein bisschen Talent auch zügig auf einem guten Niveau mitspielen kann. Nur in den wenigsten Regionen Deutschlands, wie etwa dem Raum Hannover oder Heidelberg, haben die aktiven Rugbyspieler zuvor eine Jugendabteilung durchlaufen. Die meisten sind erst als Erwachsene zu unseren Sport gekommen.“

HL-SPORTS: Ihr habt eine Kooperation mit der Oberschule zum Dom. Wie kam es dazu und welche Erfolge haben beide Seiten dadurch gehabt oder werden haben?

Jan Hagemann: „Die Kooperation mit der OzD war der erste Schritt für uns, eine eigene Jugendabteilung zu etablieren. Im vergangenen Jahr haben Sportübungsleiter vom TuS, unter Leitung von Robin Gogröf, eine Rugby-Freizeit angeboten, um Kindern und Jugendlichen einmal die Möglichkeit zu geben, in den Rugbysport hinein zu schnuppern. Des Weiteren läuft noch eine weitere Rugby-AG an der HGS und mit etwas Glück demnächst eine Beachrugby-Freizeit in Timmendorf/Niendorf. Dies soll aber für die Rugbysparte des TuS nur der Auftakt nur Gründung einer eigenen Jugendabteilung sein.“

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HL-SPORTS: Frauen-Rugby ist beim TuS auch angesagt. Die Mädels spielen in der Bundesliga. Wie läuft es dort?

Jan Hagemann: „Unsere Ladies spielen 7er Rugby in der Deutschen 7er Liga Frauen Nord. 7er Rugby ist eine dynamische, schnelle Rugbyvariante, die meist in Turnierform gespielt wird und ja auch bereits ins olympische Programm aufgenommen wurde. Damenrugby ist deutschlandweit leider zur Zeit noch exotischer als die Herrenvariante, sodass unsere Damen für ihre Turniere oft sehr weit reisen müssen. Das tut ihrer Begeisterung aber keinen Abbruch. Unter der Leitung von Robin Gogröf und Barbara Werner schlagen sich die TuS-Damen seit zwei Jahren sehr achtbar im Ligabetrieb. Interessierte Frauen ab 16 Jahren sind jederzeit herzlich willkommen beim Training!“

HL-SPORTS: Was kann man beim TuS-Rugby in den kommenden Jahren erwarten und wo wollt ihr selbst hin?

Jan Hagemann: „Wie schon in den vergangenen acht Jahren geht es uns darum, den Rugbysport in Lübeck langfristig zu etablieren. Kurzfristiger, sportlicher Erfolg ist zwar eine schöne Sache, aber viel wichtiger ist es für uns, Strukturen zu schaffen, die es möglich machen, auch in 10 oder 20 Jahren noch erfolgreich Rugby in Lübeck spielen zu können. Hierzu gehören für uns der geregelte Spielbetrieb von Damen- und Herrenteam, aber auch der Aufbau einer Jugendabteilung und die Ausbildung von qualifizierten Sportübungsleitern und Schiedsrichtern. Der TuS Lübeck 93 bietet hierfür als mitgliederstärkster Breitensportverein in Lübeck auch eine solide Basis. An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal der Vereinsführung unter Friedel Schrader ausdrücklich danken, die dem Rugbysport vor acht Jahren im TuS eine Heimat geboten haben.“

HL-SPORTS: Mitmachen kann jeder oder jede?

Jan Hagemann: „Ja, alle sind herzlich willkommen, einmal bei unserem Training vorbeizuschauen. In der Regel trainieren wir montags und mittwochs um 19 Uhr beim TuS Lübeck 93 in der Schlutuper Straße. Mehr Infos gibt es auf www.tus-luebeck.de. Da beim Rugby ganz unterschiedliche Spielertypen gebraucht werden, kann eigentlich jeder mit Lust an einer fairen, harte Mannschaftssportart mitmachen.“

HL-SPORTS: Noch etwas zum letzten Spiel. 74:7 bei der SG Odin/Döhren. Welches Fazit ihr daraus zum Start im neuen Jahr?

Jan Hagemann: „Leider kann man aus diesem Spiel nur sehr wenige Erkenntnisse ziehen. Die Heimmannschaft trat nur in Unterzahl an und wurde von Lübecker Spielern aufgefüllt, um überhaupt ein Spiel zu ermöglichen. Trotzdem waren es für uns fünf wichtige Punkte.“

HL-SPORTS: Nun geht es zu Sparta Werlte. Was nehmt ihr euch vor?

Jan Hagemann: „Da wir jetzt einen möglichen Meistertitel selbst in der Hand haben, werden die Spieler natürlich hoch motiviert sein im Emsland einen Sieg einzufahren. Sparta Werlte ist aber ein junges Team, das man nicht unterschätzen darf. Vielleicht fehlt es diese Saison noch an der nötigen Erfahrung auf einigen Positionen, aber die Jungs kämpfen leidenschaftlich und was in den letzten Jahren in Werlte an Vereinsstruktur gewachsen ist, verlangt höchste Achtung. Ich bin sicher, dass man von Sparta in den nächsten Jahren noch mehr hören wird.“

HL-SPORTS: Danke für das Interview und weiterhin viel Erfolg.

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