Wenn eine Mannschaft es schafft, ohne einen Sieg in der regulären Spielzeit in das Halbfinale einer Europameisterschaft einzuziehen, dann muss etwas faul sein. Genau das ist Portugal am gestrigen Abend durch das bessere Abschneiden im Elfmeterschießen gegen die Auswahl von Polen gelungen. Der Weg bis dahin war mehr als nur beschwerlich und zäh, das Spiel bot bis auf die beiden Tore in der ersten Hälfte kaum nennenswerte Highlights.

Selbst der gestandene ARD-Kommentator Tom Bartels erntete massenhaft Kritik. Er verpackte diese Partie derart schlecht, dass er den Eindruck vermittelte, selber nicht mehr zu wissen, was er da teilweise von sich gab. Folglich verwandelten sich die Kommentarzeilen zu einem Haifischbecken und dienten als Ventil für die Wut. Die Kommentare sorgten letztlich, dank lyrischer Hochleistungen, für mehr Unterhaltung als das Geplänkel auf dem Grün. Da muss natürlich die Frage erlaubt sein, ob dieser Halbfinal-Einzug der Portugiesen verdient war. Meiner Meinung nach steht da ein klares Nein zu Buche. Nicht, weil ich den Portugiesen den Erfolg nicht gönnen würde. Im Gegenteil, eigentlich hatten sie bereits 2004 einen EM-Sieg verdient, doch Otto Rehhagel und seine Griechen durchkreuzten die Siegespläne.

Bei dieser EM ist es allerdings anders. Während die Portugiesen damals eher in der Offensive glänzten, ist nun die Defensive das Prunkstück. Der Fußball von ihnen, der zwar mehr oder weniger von Erfolg gekrönt wird, erinnert stark an den von Roberto Di Matteo geprägten Fußball des FC Chelsea. Dieser brachte ihnen zwar im Endeffekt den Gewinn der Champions League ein, aber definitiv auch einen starken Imageverlust. Immerhin hatte dieses „mauern“ doch nichts mehr mit dem schönen Spiel gemein. Genau das gleiche Problem steht jetzt bei den Portugiesen auf dem Plan. Man sollte meinen, dass mit solch einer hochkarätigen Offensive ein deutlich attraktiveres, torgefährlicheres Spiel möglich wäre. Leider wird diese Qualität der Taktik untergeordnet.

Dazu wurde dann noch das Tackling des Sicherheitsbeamten, der den Flitzer in der Verlängerung stoppte, zu dem vermeintlichen Highlight des Spiels erklärt. Diese Tatsache und entsprechender Galgenhumor alleine verdeutlichen, wie öde diese Partie nun wirklich war.

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Für die Polen hingegen steht nun der Weg nach Hause und anschließend in den Urlaub an. Der tragische Held ist Jakub Blaszczykowski – liebevoll auch „Kuba“ genannt. Nach einer sehr starken EM und einem verwandelten Elfmeter im Achtelfinale gegen die Schweiz verließ ihn das Glück. Er scheiterte mit seinem Elfmeter. Ricardo Quaresma nutzte den Vorteil mit dem folgenden verwandelten Elfmeter aus und brachte die Portugiesen ins Halbfinale.

Manuel da Silva (Team-Manager 1. FC Phönix Lübeck) sagte nach der Partie zu HL-SPORTS: „Das war ein schlechtes Spiel meiner Portugiesen, aber immerhin haben wir das Halbfinale erreicht.“

Jan Philipp „Pipo“ Melchereck (Stürmer des 1. FC Phönix Lübeck) schätzte die Leistung seiner Mannschaft, der Polen, ebenfalls ein: „Das war insgesamt einfach zu wenig. Es ist natürlich sehr schade, so auszuscheiden. Ein Elfmeterschießen bleibt einfach eine Lotterie, in der wir heute den Kürzeren gezogen haben.“

Heute Abend kann man auf eine deutlich spannendere Partie hoffen. Um 21 Uhr startet das zweite Viertelfinale in Lille. Dort entscheidet sich zwischen Wales und Belgien, wer sich im Halbfinale mit den Portugiesen messen darf.

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