Hamburg – Für Dirk Bremser (Foto) begann die Trainerlaufbahn in Lübeck, wie er bereits im ersten Teil unseres ausführlichen Interviews gegenüber verriet, dass er mit seiner Familie an der Ostsee wohnt und dass er nicht der sonst normale Co-Trainer ist und bei Chefcoach Dieter Hecking seine Vorstellungen mit einbringt. Im heutigen 2. Teil geht es um die Mannschaft, seine Spezialität und den Tag zum Hannover-Spiel.

HL-SPORTS: Nun schreibt ihr gerade die Geschichte des HSV neu und es läuft gut. Fünf Spiele in der Saison sind durch und eure Mannschaft ist Tabellenführer. Dabei bleiben alle auf dem Teppich und ein „Abheben“ ist nicht zu erkennen. Wie sehr muss man die Spieler in diese Richtung lenken und ihnen manchmal einen „Klapps“ geben?

Dirk Bremser: Wir haben Stand heute eine sehr gut zusammengestellte Mannschaft, mit sehr guten Charakteren. Alle sind ehrgeizig,  erfolgsorientiert und wollen maximale Ziele für sich selbst und die Mannschaft erreichen. Insgesamt ist es immer ein Prozess, den man täglich vorleben muss. Die dringlichste Aufgabe hier in Hamburg war für uns gerade den Spielern, die länger hier waren, den Mut, das Vertrauen und den Glauben an die eigene Stärke und positive Energie zurückzugeben. Gerade nach den Enttäuschungen der vergangenen Monate und fast Jahre und damit wieder Vertrauen in der Stadt, bei den Fans und auch bei den Angestellten im Verein zurückzugewinnen. Unsere Mannshaft hat uns das relativ einfach gemacht. Gerade die Neuzugänge haben positive Energie und Willen mitgebracht. Wir sind zwar in den bisherigen fünf Spielen ungeschlagen, aber es werden auch noch negative Erlebnisse kommen, wo wir verlieren und da müssen wir als Trainer und Verantwortliche vorweggehen. Ich glaube schon, dass wir eine Mannschaft haben, die das dann nicht zu hochbewertet und bei Niederlagen nicht zu depressiv wird, sondern mutig bleibt und an ihre Stärken glaubt. Das wichtigste war, die Spieler, die schon länger hier sind und verunsichert waren, auf den Weg mitzunehmen. Das stellt sich so dar, dass sie zurzeit ein ganz anderes Selbstwertgefühl und eine andere Körpersprache haben. Das ist wichtig, dass sie immer an sich selber glauben. Da hat die Mannschaft sehr gut mitgezogen und es gibt immer wieder Dinge, die wir anschieben können, aber da möchte ich nicht so viel verraten.

HL-SPORTS: Du bist in eurem Team der Experte für die Standards, bisher eine Schwäche des HSV. Woher holst du dir deine Ideen?

Dirk Bremser: Das ist schon Detailarbeit und sehr viel Fußball im In- und Ausland gucken. Dazu habe ich eine kleine Datenbank. Man macht sich selbst und mit den Spielern Gedanken. Da geht es nicht nur um die offensiven Standards, sondern auch um die defensiven. Das interessiert mich sehr und war schon an den vergangenen Stationen eine meiner Hauptaufgaben. Vertrauen, Verantwortlichkeit und Kreativität und Handlungsschnelligkeit gehören dazu. Glück ist dabei allerdings ebenfalls ein Faktor. Wir versuchen schon den Gegner vor Aufgaben zu stellen und immer wieder Dinge zu machen, wo er nicht weiß, was wir vorhaben. Ob es dann erfolgreich ist oder nicht, hat mit vielen Komponenten zu tun. Es kommt unter anderem auch auf den Gegner an, ob er im Raum oder am Mann deckt. Doch das ist schon zu viel im Detail jetzt. Die Wertigkeit der Standards wird immer größer und wenn man sich große Turniere anschaut, fällt jedes dritte Tor dadurch. Es ist ein hilfreiches Stilmittel. Schalke ist ein gutes Beispiel, denn sie wurden unter anderem dadurch Vizemeister.

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HL-SPORTS: Das Spiel gegen Hannover 96 war für die Fans eines der besten HSV-Spiele seit Jahren. Selbst Dieter Hecking sprach danach von einem „perfekten Nachmittag“. Welche Reizpunkte setzt man in solchen Fällen, um dieses Level hochzuhalten?

Dirk Bremser: Training, Training, Training. Den Spielern muss man noch einmal vor Augen führen, warum es so gut geklappt hat. Aber es ist eben nur ein Spiel. Der Gegner hat mit einer Systematik gespielt, wo wir und die Mannschaft die richtigen Antworten gaben. Es geht darum, an sich zu glauben und an das was wir uns mit den Jungs erarbeitet haben. Wenn die Dinge dann klappen, wird das Vertrauen immer größer. Für uns als Trainer ist es schön, wenn man die funktionierenden Dinge, die wir geübt haben, auf dem Platz wiedersieht. Doch zu sehr ins Detail kann ich hier nicht gehen, denn wenn wir mal Spiele verlieren, heißt es dann vielleicht „die Dinge, die ihr im Training gemacht habt, haben ja nicht so gut geklappt“. Gegen Hannover war schon ein sehr gutes Spiel, aber es gehören sehr viele Kleinigkeiten dazu. Alle Spieler waren an dem Tag gut drauf. Alle haben erstmal für sich und dann für die Mannschaft gute Leistungen gebracht. Die Mentalität hatte ein Top-Niveau und man merkte das. Die Lust auf Fußball hat sich auf das Publikum übertragen und darauf gilt es weiter aufzubauen. Wir müssen weiter hart arbeiten, auch an Details, um die Wahrscheinlichkeiten zu erhöhen, dass wir erfolgreich sind und bleiben. Es gibt sicher Zeiten, wo die Spieler mental extrem gefordert werden und dann stressresistent sein müssen und das ist ein Prozess bei jedem einzelnen. Alle unsere Spieler wollen in die Bundesliga und sie können aus solchen Situationen Erfahrungen ziehen. Die kann man eben nicht lernen, die muss man machen. Wir versuchen ihnen dabei Lösungen an die Hand zu geben.

>>> Morgen kommen wir zum dritten und vorerst letzten Teil des Interviews. Es ist dabei spannend zu lesen, wie sich Trainer bei Erfolgen und Misserfolgen fühlen. Bremsers Familie und natürlich das Derby gegen den FC St. Pauli am Montag spielen dabei eine Rolle. Bleibt dabei und abonniert auch unsere Social Media-Kanäle. <<<

Foto: Dirk Bremser fokussiert auf dem Trainingsgelände im Volkspark.

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